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Deutschland: Jan Böhmerman entschuldigt sich für «Sch...politik» der SPD

Jan Böhmermann während seiner ersten Montagsrede.
Jan Böhmermann während seiner ersten Montagsrede. screenshot: youtube

Neuester Coup – Böhmerman entschuldigt sich für «Sch...politik» der SPD

21.10.2019, 22:0421.10.2019, 22:07
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Jan Böhmermann hat seine erste Montagsrede bei Youtube veröffentlicht. Zur Bewerbung für das Amt des SPD-Vorsitzenden will der Satiriker bis zum Parteitag am 6. Dezember 2019 jeden Montag um 12 Uhr eine neue «sozialdemokratische Kampfrede» hochladen, wie in der Videobeschreibung zu lesen ist.

Die Reihe von insgesamt sieben Reden seien von anonymen Autoren, allesamt Sozialdemokraten von innerhalb oder ausserhalb der SPD, verfasst worden. Das #neustart19-Team habe mit der Verfasserin beziehungsweise dem Verfasser Stillschweigen über Identitäten vereinbart.

Böhmermanns erste Kampfrede, die er hält, dauert rund fünf Minuten und trägt den Titel «Ausrufung einer überfälligen Entschuldigung vom Balkon des Reichstags». Das Schwarz-Weiss-Video, in dem Böhmermanns Stimme im Stile der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verzerrt ist, ist eine Reminiszenz an den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann (1865-1939). Während der Novemberrevolution verkündete Scheidemann am 9. November 1918 von einem Balkon des Reichstagsgebäudes aus den Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreichs und proklamierte die Deutsche Republik.

Böhmermanns erste Montagsrede:

Böhmermanns Video umfasst über 30 Bitten um Vergebung. Unter anderem:

  • «Es ist an der Zeit, dass wir uns bei Ihnen, werte Bewohnerinnen Deutschlands, für jahrelange Scheisspolitik und den Verrat an unseren eigenen Werten und Versprechen entschuldigen!»
  • «Entschuldigung für Hartz IV! Wir haben die armen und sozial Schwachen im Stich gelassen und tun es bis heute!»
  • «Entschuldigung für Gerhard Schröder, dem wir unter dem befleckten Deckmantel seiner Altkanzlerschaft auch heute noch immer wirklich jeden Quatsch durchgehen lassen.»
  • «Entschuldigung für unser blutleeres, technokratisches Personal und dessen aggressive Biederkeit!»
  • «Entschuldigung Murat Kurnaz, besonders im Namen von Frank Walter Steinmeier, der dafür verantwortlich ist, dass Du knapp fünf Jahre lang unschuldig und ohne Anklage in Guantanamo eingesperrt warst!»
  • «Entschuldigung, dass wir zugelassen haben, dass unsere Partei von neoliberalen Vögeln unterwandert wurde.»
  • «Entschuldigung, dass wir von 2014 bis 2017 Waffenexporte in der Höhe von 25,1 Milliarden Euro gebilligt haben.»

In der Kommentarspalte diskutieren die User Böhmermanns Kampfrede rege: «Es gibt wohl nichts erniedrigenderes für die SPD, als öffentlich demonstriert zu bekommen, was Sozialdemokratie bedeutet», schreibt «andarted». «Flausche Feli» findet: «Da kommen einem ja fast die Tränen bei so viel Ehrlichkeit, bin sehr gespannt auf die Zukunft». Der aktuell am meisten gelikte Kommentar von «Ambitus» zweifelt an: «Mit so einer Ehrlichkeit wird das aber nix mit dem Vorsitz. Du kannst die SPD doch nicht sozial machen; das haben die über 20 Jahre mühsam abgebaut.»

Böhmermanns offener Brief: «Ich möchte zum SPD-Vorsitz gewählt werden»

Böhmermann hält an seinem Wunsch, SPD-Vorsitzender zu werden, fest. In einem auf Twitter veröffentlichten offenen Brief an die SPD-Mitglieder schrieb Böhmermann am Montag: «Ich möchte auf dem Parteitag Anfang Dezember von 50 Delegierten zum Kandidaten für den SPD-Vorsitz aufgestellt und gewählt werden».

Letzte Chance: Initiativbewerbung auf dem Parteitag

Bereits mehrfach hatte Böhmermann seit Ende August angekündigt, nach dem SPD-Vorsitz greifen zu wollen. Zunächst hatte er erfolglos versucht, vor Beginn der Regionalkonferenzen der Kandidaten kurzfristig als Bewerber zugelassen zu werden. Doch war er damals noch nicht Parteimitglied. Als er Anfang Oktober in Sachsen-Anhalt doch in die SPD aufgenommen wurde, kündigte er an, über die Unterstützung mehrerer Ortsverbände noch Kandidat für den Vorsitz werden zu wollen. Dies war zu dem Zeitpunkt formal noch möglich, schlug aber fehl. Eine letzte Möglichkeit zur Kandidatur ist nun laut SPD-Geschäftsordnung noch eine Initiativbewerbung direkt auf dem Parteitag. Dazu ist die Unterstützung von 50 Delegierten aus fünf Bezirken nötig.

In seinem Brief erinnert Böhmermann unter anderem an den Willy Brandt, der vor 50 Jahren zum Bundeskanzler gewählt wurde. Der Satiriker fragt, ob die SPD «nur noch eine müffelnde, randvolle Wertstofftonne» sei.

Derzeit läuft bei der SPD der Mitgliederentscheid zum Vorsitz. An diesem Samstag wird das Ergebnis veröffentlicht. Erhält keines der sechs Kandidatenduos die absolute Mehrheit, folgt ein Stichentscheid. Der Parteitag im Dezember soll das Ergebnis bestätigen.

(watson.de)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Scaros_2
21.10.2019 23:42registriert Juni 2015
Wenn ein Satiriker wählbarer ist als „echte“ Politiker
1378
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Füdlifingerfisch
21.10.2019 23:51registriert August 2015
Neustart19!

Ein bisschen Sozialdemokratie könnte der SPD nicht schaden ;)
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