Recep Tayyip Erdogan mag in der Affäre Böhmermann etwas eitel rüberkommen – das Gesetz hat er auf seiner Seite. Ein altes Gesetz notabene, das irgendwie seit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 in den Gesetzbüchern weiterlebt. Damals lautete es so:
Und heute, 145 Jahre später, leicht abgeändert:
Die deutschen Gesetzbücher widerspiegeln bis zu einem gewissen Grad die wechselhafte jüngere Geschichte unseres nördlichen Nachbarn. So sind laut taz.de auch 29 Gesetze aus der Zeit des Nationalsozialismus auf Bundesebene immer noch gültig. Bis heute wird etwa die Tätertypologie gepflegt, die Straftäter in Gruppen klassifiziert und es den Nazis besonders angetan hatte. Kategorien wie «Volksschädling» gibt es zwar nicht mehr, aber die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag wird noch immer in der von den Nazis eingeführten Form verwendet.
Aus der Zeit unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg stammt dieses Kuriosum in der Verfassung des Bundeslands Hessen:
Die Todesstrafe kann Hessen natürlich nicht mehr vollstrecken, denn sie wurde 1949 per Grundgesetz für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgeschafft. Hessens Verfassung, die erste Nachkriegsdeutschlands, datiert von 1946. Es gibt Bestrebungen, diesen «Zombie», wie er von manchen Juristen genannt wird, endlich zu beseitigen. Dazu wäre eine Volksabstimmung nötig. Amnesty International hat einen Verdacht, warum es so lange dauert:
Dass Gesetze aus der Kaiserzeit und dem «Dritten Reich» bis heute überlebt haben, sehen nicht alle als Problem: «So, wie nicht jedes 1968 geborene Kind links ist, ist nicht jedes Gesetz aus der NS-Zeit rassistisch», sagt Hartmut Scharmer, Geschäftsführer der Hamburger Standesvertretung, gegenüber taz.de.