Nach der Machtergreifung der Taliban äusserte sich Joe Biden. Der US-Präsident ist für den Rückzug der US-Truppen aus Afghanistan verantwortlich. Noch am 8. Juli sagte Biden: «Die Wahrscheinlichkeit, dass die Taliban alles überrennen und das ganze Land kontrollieren, ist höchst unwahrscheinlich.»
Doch genau dies ist nun geschehen. Die Ansprache wurde deshalb mit grossem Interesse erwartet. Zunächst sprach Biden über das ursprüngliche Ziel der USA in Afghanistan. Das sei gewesen, die Verantwortlichen für die Anschläge vom 11. September zur Verantwortung zu ziehen. «Dieses Ziel wurde erreicht.» Nation Building sei nie ein Ziel gewesen.
We went to Afghanistan almost 20 years ago with clear goals: get those who attacked us on September 11, 2001—and make sure al Qaeda could not use Afghanistan as a base from which to attack us again.
— President Biden (@POTUS) August 16, 2021
We did that—a decade ago.
Our mission was never supposed to be nation building.
Biden sprach über das Abkommen, welches Donald Trump mit den Taliban getroffen habe. Sein Vorgänger habe bereits mit einem Abzug der US-Truppen per Mai 2021 geplant. Er habe deshalb nur zwei Möglichkeiten gehabt, so Joe Biden. Entweder neue Soldaten nach Afghanistan zu schicken, oder den Rückzug zu beenden. «Rückzug oder Eskalation.» Er habe schon immer gesagt, «dass es keinen guten Zeitpunkt zum Abzug geben wird».
Biden gab zu, dass das Tempo der Machtergreifung der Taliban ihn überrascht habe. Es sei schneller passiert, «als wir erwartet haben». Dies sei geschehen, weil der afghanische Präsident und die Regierung aus dem Land geflüchtet seien. Die USA habe den Afghanen alle Möglichkeiten gegeben, ihre Zukunft selbst zu bestimmen – die besten Waffen und sogar Löhne habe man ihnen bezahlt. Der afghanische Präsident Ghani habe ihm versichert, dass seine Truppen kämpfen würden – doch er lag falsch.
Er wolle sich auf die Herausforderungen im eigenen Land konzentrieren, sagte Biden. Dies geschehe nicht durch endlose Einsätze in fremden Ländern. «Ich werde die Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen.»
"How many more generations of America's daughters and sons would you have me send to fight Afghanistan's civil war, when Afghan troops will not? ... I will not repeat the mistakes we made in the past" -- President Biden pic.twitter.com/yNONKkJLk5
— Aaron Rupar (@atrupar) August 16, 2021
Biden versicherte, dass in den kommenden Tagen eine sichere Luftverbindung hergestellt werde. Die verbleibenden US-Bürger würden aus dem Land geflogen ebenso Afghanen, die kollaboriert hätten. Falls die Taliban diese Operation behinderten, würde die USA mit voller Kraft zurückschlagen. Die Ansprache von Joe Biden dauerte knapp 20 Minuten, Fragen beantwortete er keine.
Bereits zuvor äusserten sich weitere westliche Staaten, die in Afghanistan militärische involviert waren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den 20 Jahre dauernden internationalen Einsatz in Afghanistan als Enttäuschung bewertet. Jenseits der Bekämpfung des Terrorismus sei alles «nicht so geglückt und nicht so geschafft worden, wie wir uns das vorgenommen haben», sagte die CDU-Politikern am Montag in Berlin. «Das ist eine Erkenntnis, die ist bitter.» Es seien «keine erfolgreichen Bemühungen» gewesen, sagte Merkel mit Blick auf den Versuch, das Land zu Demokratie und Frieden zu führen und dort eine freie Gesellschaft zu entwickeln.
Daraus müsse man Lehren ziehen und bei solchen Einsätzen «seine Ziele auch kleiner fassen.» Die Taliban hätten das ganze Land erneut unter ihre Kontrolle gebracht. «Das ist eine überaus bittere Entwicklung», sagte Merkel. «Bitter, dramatisch und furchtbar ist diese Entwicklung natürlich für die Menschen in Afghanistan.» Bitter sei die Entwicklung aber auch für Deutschland. Merkel erinnerte an die vielen Soldaten der westlichen Verbündeten, die den Einsatz in Afghanistan mit dem Leben bezahlt haben, darunter 59 deutsche Soldaten.
Die Entwicklungen in #Afghanistan sind bitter, dramatisch und furchtbar – Kanzlerin #Merkel unterrichtet die Öffentlichkeit über die Lage in Afghanistan und die Bemühungen, Menschen außer Landes zu bringen. pic.twitter.com/HbulNPBKJp
— Steffen Seibert (@RegSprecher) August 16, 2021
Die Regierung sei nach dem Abzug der internationalen Truppen davon ausgegangen, dass es mehr Zeit gebe, um Lösungen für die afghanischen Ortskräfte zu finden. Die Dinge hätten sich jedoch beschleunigt, die afghanische Armee habe «aus welchen Gründen auch immer» kaum oder keinen Widerstand gegen die Taliban geleistet. «Da haben wir eine falsche Einschätzung gehabt. Und das ist nicht eine falsche deutsche Einschätzung, sondern die ist weit verbreitet», sagte Merkel. Sie schliesse sich dieser Bewertung von Aussenminister Heiko Maas an.
Merkel (CDU) kündigte an, den afghanischen Nachbarstaaten schnell Hilfe anzubieten, um Fluchtbewegungen nach Europa unter Kontrolle zu halten. «Hier geht es vor allen Dingen darum, dass wir den Nachbarstaaten helfen, in die die afghanischen Flüchtlinge gegebenenfalls kommen», sagte Merkel am Montagabend bei einer Pressekonferenz zur Krisenlage in Afghanistan.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor einem Wiedererstarken des Terrorismus in Afghanistan nach dem Fall des Landes an die Taliban gewarnt. «Afghanistan darf nicht wieder zu dem Zufluchtsort des Terrorismus werden, der es einmal war», sagte Macron am Montagabend in einer Fernsehansprache. Islamistische Terroristen würden versuchen, von der aktuellen Situation zu profitieren. Macron kündigte eine Initiative Frankreichs mit den europäischen Partnern gegen diese Bedrohung an. Dazu habe er sich bereits mit dem britischen Premierminister Boris Johnson ausgetauscht.
«Die Destabilisierung Afghanistans droht ausserdem zu ungesteuerten Flüchtlingsströmen Richtung Europa zu führen.» Diese wolle Frankreich mit Deutschland und anderen europäischen Partnern kanalisieren, kündigte Macron an. Er habe dazu bereits mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesprochen.
Neben der Evakuierung der eigenen Landsleute, die absolute Priorität habe, sicherte Macron den afghanischen Helfern der Franzosen vor Ort und auch afghanischen Intellektuellen Frankreichs Hilfe zu. Er habe zwei Militärflugzeuge und Spezialkräfte nach Afghanistan beordert. Dem afghanischen Volk sicherte der Präsident Unterstützung in seinem Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung zu.
Macron erinnerte an das militärische französische Engagement am Hindukusch von 2001 bis 2014, bei dem 90 französische Soldaten ihr Leben liessen. «Der Kampf Frankreichs war nützlich.» (cma/sda/dpa)
Der war in seiner Rede wenigstens ehrlich und sagte klipp und klar, dass es den Amis in Afghanistan, wie eigentlich immer und überall, nur um sich selber und sonst um nichts anderes geht.
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Anscheinend seien die Taliban darum bemüht, für Ruhe und Ordnung zu sorgen und Kriminalität werde nicht geduldet, was ihnen vorort einige Sympathien einbringe.
Dennoch sei aber auch die Unsicherheit gross, wie sich die Situation in den nächsten Tagen und Wochen weiterentwickeln würde!
Oder man hätte so ehrlich sein können das Land zu besetzen, zu enttalibanisieren und zu amerikanisieren. Halt mit dem vielfachen an Soldaten und auf Jahre hinaus. Bis eine Generation Afghanen herangewachsen ist, die nur die besetzte Freiheit kennen.
Das was jetzt ist, war vorauszusehen.
Die Taliban waren nie weg. Sie waren nur nicht gerade genau dort wo die Amerikaner waren. Ausser sie waren vorbereitet und sahen eine punktuelle Chance.