International
Deutschland

Ueli Maurer und die AfD: Die Verbindungen der SVP zu Rechtsaussen

Alice Weidel of the Alternative for Germany (AfD) poses with a guest at the Liberal Institute's Roepke Award to Javier Milei for Civil Society at the Congress Centre in Kloten, Switzerland, Frida ...
AfD-Chefin Alice Weidel hinten und alt Bundesrat Ueli Maurer bei einer Preisverleihung für den argentinischen Präsidenten Javier Milei in Kloten ZH.Bild: KEYSTONE

Maurer, Weidel und Zoff bei der Jungpartei: Das Problem der SVP mit ihren rechten Freunden

Der frühere Finanzminister hilft der AfD im Bundestagswahlkampf. Ueli Maurer ist nicht der erste SVP-Politiker, dessen Kontakte zu Rechtsaussenparteien im Ausland für Schlagzeilen sorgen. Derweil brodelt es in der Jungen SVP weiter wegen des Umgangs mit Extremisten.
07.02.2025, 12:0507.02.2025, 14:31
Christoph Bernet / ch media
Mehr «International»

«Hoi Alice und Grüezi mitenand»: Mit diesen Worten begann alt SVP-Bundesrat Ueli Maurer eine Videobotschaft für einen Wahlkampfanlass von AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel vom letzten Wochenende.

Aus der Schweiz schaue man «etwas verwundert, aber auch konsterniert» nach Deutschland, so Maurer: «Da sollen offenbar liebe Freunde, die wir seit Jahren kennen und schätzen, plötzlich extrem geworden sein.» Das finde er gefährlich, sagte Maurer unter warmem Applaus der AfD-Anhänger.

Einmaliger Gebrauch: Ueli Maurer bei AfD

Video: youtube/afd tv

Maurer nutzt die Freiheiten des Rentnerlebens nicht zum ersten Mal. Bei einem Auftritt im Internetsender «Hoch2.tv» Ende 2023 bezeichnete er die Coronapandemie als «Massenhypnose». In einem Meinungsbeitrag in der «Schweizerzeit» vom Januar 2025 sah er Deutschland auf dem Weg zu einem «totalitären Regime» und eine «Stasi 2.0» am Werk.

Blochers Doktrin und Freysingers Kontakte

Dass Maurer auch als Pensionär gerne provokativ auftritt, ist also bekannt. Doch mit seiner Wahlkampfbotschaft für die AfD rüttelt er erstmals an einem Grundsatz, den SVP-Doyen Christoph Blocher zeit seiner langen politischen Karriere gepredigt hat: keine offiziellen Kontakte zu ausländischen Parteien.

So vernetzt sind die anderen Parteien
Im Gegensatz zur SVP sind die anderen grossen Schweizer Parteien formell in die europäischen Parteienfamilien eingebunden. Die SP Schweiz ist assoziiertes Mitglied der Party of European Socialists (PES), die Grünen sind Teil der European Greens. Die Mitte gehört der Europäischen Volkspartei (EPP) an, einem Bündnis von christdemokratischen und konservativen Parteien. FDP und GLP sind Mitglieder der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE). Für Kritik gesorgt haben in den letzten Jahren die engen Beziehungen der SP Schweiz zur linken kosovarischen Regierungspartei Vetëvendosje. Die beiden Parteien unterhalten eine «strategische Partnerschaft». Im eidgenössischen Wahlkampf 2023 trat Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti bei einem SP-Podium vor kosovarischstämmigen Wählern auf. Und vor wenigen Wochen traten Kurti und SP-Co-Präsident Cédric Wermuth vor 3000 in der Schweiz wohnhaften Kosovaren in Zürich-Oerlikon auf. Wermuth rief dazu auf, bei den kosovarischen Parlamentswahlen vom 9. Februar Vetëvendosje zu wählen. (cbe)

Allerdings sind sich Blocher und Alice Weidel bereits mehrfach begegnet, etwa am Rand der Albisgüetli-Tagung der Zürcher SVP. Blocher sagte über Weidel, sie vertrete die richtigen Positionen und sei unproblematisch. Eine offizielle Unterstützung der AfD lehnt er hingegen ab. Zuletzt sagte Blocher im April 2024 zur NZZ: «Vor zu nahen Kontakten mit dem Ausland warne ich stets. Man weiss nie, wohin solche uns nicht bekannte Gruppen marschieren.»

Auf Anfrage sagt SVP-Präsident Marcel Dettling, dieser Grundsatz gelte unverändert: «Die SVP unterhält keine offiziellen Kontakte oder Austausch mit ausländischen Parteien.» Wenn sich einzelne SVP-Mitglieder mit ausländischen Politikern und Parteien austauschten oder diese unterstützten, so sei das deren individuelle Entscheidung. Das sei auch in der Vergangenheit schon vorgekommen.

Tatsächlich verspürten einzelne SVP-Exponenten immer wieder den Drang zur internationalen Vernetzung. So etwa der langjährige Nationalrat und spätere Walliser Staatsrat Oskar Freysinger, der 2013 mit einer Reichskriegsflagge in seinem Privathaus für Aufsehen sorgte. Als Redner trat Freysinger bei einem Kongress französischer Rechtsextremisten auf, suchte die Nähe zum damaligen Front National von Marine Le Pen und reiste nach Holland, um den Rechtspopulisten Geert Wilders zu treffen.

Nils Fiechter und Erdogans Jungmannschaft

Ebenfalls zu reden gaben die Auslandskontakte von Nils Fiechter. Der Berner Kantonsparlamentarier ist heute Präsident der Jungen SVP Schweiz. Als Präsident der Berner Sektion der Jungpartei traf er sich 2017 mit Vertretern der islamistischen AKP des türkischen Präsidenten Erdogan.

Zuletzt standen Fiechter und die JSVP im vergangenen Frühjahr im Zentrum einer Kontroverse. Zunächst hatte sich die Aargauer Jungpartei auf Social Media mit dem österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner solidarisiert. Ein geplanter Vortrag Sellners auf Einladung der identitären «Jungen Tat» war Mitte März von der Aargauer Kantonspolizei untersagt worden.

Kurz darauf machte der «Sonntagsblick» publik, dass Sarah Regez an einem Treffen mit Sellner im kleinen Kreis teilgenommen hatte. Regez ist Strategiechefin der Jungen SVP und privat mit Fiechter liiert.

SVP-Wahlauftakt 2023 Nils Fiechter (links) und Sarah Regez (rechts) zeichnen aufgrund der Zuwanderung, an der SVP-Wahlauftaktveranstaltung in der Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten, ein düsteres Bi ...
Rechtes «Power Couple»: Nils Fiechter und Sarah Regez bei der SVP-Wahlauftaktsveranstaltung in der Zürcher Swiss Life Arena am 26. August 2023.IMAGO / dieBildmanufaktur

Sechs JSVP-Kantonalsektionen forderten die Parteileitung in der Folge auf, sich eindeutig von rechtsextremen Gedankengut und Gruppierungen zu distanzieren. Eine als Aussprache vorgesehene Vorstandssitzung von Ende April nutzte Fiechter gemäss «Tages-Anzeiger» für eine «Abrechnung» mit den gemässigten Sektionen.

Ein Abgang unter Spannungen

Diese Spannungen wirken weiterhin nach. Diese Woche kündigte JSVP-Vizepräsident Diego Baratti nach acht Jahren im Amt seinen Rücktritt an. Unter den aktuellen Bedingungen könne er nicht mehr konstruktiv und zukunftsorientiert in der Parteileitung mitarbeiten, schrieb er als Begründung. Gegenüber Radio RSI bestätigte Baratti, dass die Kontroverse um Martin Sellner zum Schritt geführt hat. SVP-Präsident Marcel Dettling will die Vorgänge bei der Jungpartei nicht kommentieren.

Der Zürcher Nationalrat Benjamin Fischer, Fiechters Vorvorgänger an der Spitze der Jungen SVP, unterstützt die offizielle Parteilinie vollumfänglich und sucht selber keinen Austausch mit ausländischen Politikern: «Unsere Wählerschaft erwartet, dass sich die SVP um die Herausforderungen der Schweiz kümmert».

Doch grundsätzlich finde er den Dialog mit dem ganzen politischen Spektrum wichtig: «Die von den Medien oftmals konstruierte ‹Kontaktschuld› beim Austausch mit Personen mit kontroversen Ansichten lehne ich ab.» Es stehe jedem frei, private Gespräche zu führen, mit wem man wolle.

Dennoch plädiert Fischer für Zurückhaltung, gerade bei jenen mit einem offiziellen Parteiamt: «Wer auf denselben Social-Media-Kanälen seine politischen Inhalte verbreitet und dann Fotos von privaten Treffen postet, macht sich natürlich angreifbar.» (aargauerzeitung.ch/thw)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Maurer bei Putin
1 / 18
Maurer bei Putin
Strahlen in die Kameras am 21.11.2019: Ueli Maurer und Wladimir Putin.
quelle: epa / alexei druzhinin / sputnik / kre
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Verpiss dich!» – Journalistin wird an AfD-Demonstration hart angegangen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
73 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
m:k:
07.02.2025 12:33registriert Mai 2014
Ueli Maurer konnte sich als Bundesrat erstaunlich moderat und umgänglich geben. Fast ging dabei vergessen, dass er eigentlich schon immer eine ziemlich umnehme Person war. Ich finde, nach seinen Rentner-Eskapaden die an Verblödung nur schwer zu überbieten sind, sollte man ihn auch nicht mehr nur als harmlosen Tscholi anschauen sondern als der gefährliche Rechtsaussen-Zündler der der ist.
19318
Melden
Zum Kommentar
avatar
Magnum
07.02.2025 13:02registriert Februar 2015
«plötzlich extrem geworden»?

Der Ueli hatte wohl mal wieder keine Luscht, um sich mit Höcke, dem Flügel und der Jungen Alternative auseinander zu setzen. Lieber macht er zusammen mit der AfD synchron die sattsame bekannte Opferrolle rückwärts.

Aber ja: Der Ueli hat sich bekanntlich selbst radikalisiert, während der Pandemie. Und sich auf die Seite von Trychlern und Schwurblern geschlagen, wie die SVP auch. Für eine Partei, die zwei von sieben Sitzen im Bundesrat innehat, ist so ein Verhalten schlicht inakzeptabel.
16316
Melden
Zum Kommentar
avatar
En Espresso bitte
07.02.2025 14:17registriert Januar 2019
Wer früher in der PNOS gewesen wäre und damit keinerlei Wahlchancen gehabt hätte, findet sich heute am rechten Rand der SVP und sitzt im Kantonsparlament. Fiechter zeigt ziemlich schön auf, wie weit die SVP nach rechts gerückt ist.
11410
Melden
Zum Kommentar
73
    Deutschland will künftig auf Schweizer Waffen verzichten – die Sonntagsnews
    Deutschland will keine Schweizer Rüstungsgüter, die CS-Spitze wollte Kaufangeboten nicht zustimmen und Politiker im Europarat wollen die Schweiz an den Pranger stellen: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.

    Deutschland wird gemäss der «NZZ am Sonntag» in Zukunft kaum noch Rüstungsgüter in der Schweiz bestellen. Das sagte der deutsche Botschafter in der Schweiz, Michael Flügger, vergangene Woche bei einem Referat vor Parlamentsmitgliedern in Bern, wie die Zeitung schrieb. Das verschärfte Kriegsmaterialgesetz habe die Schweiz zu einem unzuverlässigen Partner gemacht, schilderten Teilnehmende des Treffens Flüggers Begründung der Zeitung. Die vom Bund und Parlament angepeilte Reform des Gesetzes gehe Deutschland nicht weit genug, habe Flügger klar gemacht. Ohne eine massive Lockerung des Gesetzes, blieben auch die im Rüstungsbereich üblichen Gegengeschäfte aus, schrieb die Zeitung.

    Zur Story