Die Bundestagswahl 2025 hat in Deutschland für ein politisches Erdbeben gesorgt. Nach Angela Merkels Mittekurs und dem Experiment mit der linksliberalen Ampelkoalition ist unser nördliches Nachbarland nun deutlich nach rechts gerutscht. Mit knapp 29 Prozent ist die konservative CDU/CSU unter dem designierten neuen Bundeskanzler Friedrich Merz neu die stärkste Kraft. Dahinter folgt mit mehr als 20 Prozent die rechtsextremistisch geprägte AfD.
Zweitstimmen
Vorläufiges Amtliches Ergebnis | Total: 630 Sitze
CDU/CSU
28.5%
+4.4
AfD
20.8%
+10.5
SPD
16.4%
-9.3
Grüne
11.6%
-3.2
Linke
8.8%
+3.9
BSW
4.9%
+4.9
FDP
4.3%
-7.2
Sonstige
4.7%
-4.0
Quelle: Bundeswahlleiterin | Grafik: watson
Der Blick auf die Deutschland-Karte mit den stärksten Parteien in den 299 Wahlkreisen zeigt dann auch ein zweigeteiltes Land: Die CDU/CSU dominiert den Westen, die AfD den Osten. Die SPD, 2021 noch stärkste Kraft, ist hingegen fast komplett von Landkarte verschwunden. Nach einem historisch schlechten Ergebnis bleiben ihr nur noch einige Wahlkreise im Ruhrgebiet und Städte in Norddeutschland wie Hamburg, Bremen und Hannover.
Quelle: Bundeswahlleiterin | Grafik: watson
Damit hat sich gezeigt, dass fast die Hälfte der Wahlberechtigten sich eine andere Politik als bisher wünscht. Vor allem bei den Themen Migration, Energie, Wirtschaft wird die nächste Koalition unter der Führung der CDU/CSU grundlegende Kurswechsel einschlagen müssen, will sie nicht Gefahr laufen, ähnlich zu enden wie die Ampelkoalition von Olaf Scholz.
Fast der gesamte Osten ist blau, im äussersten Osten der Bundesrepublik gar dunkelblau. In drei Wahlkreisen in Grenznähe zu Tschechien und Polen erreichte die Partei jeweils fast 50 Prozent der Erststimmen. Und auch bei den Zweitstimmen liegen diese Wahlkreise deutlich an der Spitze: In Görlitz holte die AfD mit 46,7 Prozent den höchsten Stimmenanteil, auch in Bautzen I und in der Sächsischen Schweiz - Osterzgebirge bekam die AfD mehr als 46 Prozent der Zweitstimmen.
Zweitstimmen
Quelle: Bundeswahlleiterin | Grafik: watson
Doch nicht nur im äussersten Ostzipfel, sondern auch im Rest des Landes konnte die AfD flächendeckend zulegen. Der Blick auf die Karte der Zweitstimmen zeigt allerdings, dass die Partei in den städtischen Gebieten weniger Wähleranteile gewinnen konnte als in den ländlichen Regionen.
Im Westen ist die CDU/CSU bei den Zweitstimmen fast überall die stärkste Kraft. Nur in zwei Wahlkreisen schaffte es die AfD an die Spitze: in Gelsenkirchen mit 24,7 Prozent der Stimmen und in Kaiserslautern mit 25,9 Prozent der Stimmen.
Der Wahlerfolg der AfD in diesen beiden Wahlkreisen ist eng mit wirtschaftlichen Problemen und dem Vertrauensverlust in die etablierten Parteien verknüpft. Die beiden Städte stehen exemplarisch für den Strukturwandel in Westdeutschland: In Gelsenkirchen hat der Niedergang der Schwerindustrie zu hoher Arbeitslosigkeit und sozialer Unsicherheit geführt, während Kaiserslautern ebenfalls mit wirtschaftlichen Umbrüchen sowie der Abhängigkeit vom US-Militärstandort kämpft. Diese Entwicklungen haben bei vielen Wählenden das Gefühl verstärkt, von der Politik vernachlässigt zu werden.
Die AfD konnte diese Unzufriedenheit für sich nutzen. Dass sie gerade in diesen beiden westdeutschen Regionen in zwei Wahlkreisen die meisten Zweitstimmen erhielt, zeigt, dass ihr Einfluss nicht nur auf den Osten begrenzt ist – sondern auch dort wächst, wo soziale und wirtschaftliche Perspektiven schwinden. So holte die AfD auch in vielen anderen Wahlkreisen im Ruhrpott und in Rheinland-Pfalz teils deutlich über 20 Prozent aller Zweitstimmen.
Neben der AfD ist die Linke der grosse Gewinner der diesjährigen Bundestagswahl. Mit 8,8 Prozent aller Stimmen schaffte die Partei von Ines Schwerdtner und Jan van Aken überraschend deutlich den Einzug in den Bundestag. Gleich sechs Direktmandate sicherte sich die Linke, vier davon allein in Berlin.
Damit geht die Linke in der deutschen Hauptstadt erstmals als Gewinnerin aus einer Bundestagswahl hervor. Bei den Zweitstimmen entschied sie sechs Wahlkreise für sich: Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick. Dort setzte sich die Linke mit 21,7 Prozent der Zweitstimmen knapp vor der AfD mit 21,6 Prozent durch. Das könnte am Direktkandidaten Gregor Gysi liegen, der 41,8 Prozent der Erststimmen holte.
Zweitstimmen
Quelle: Bundeswahlleiterin | Grafik: watson
Die restlichen Berliner Wahlkreise gingen – mit Ausnahme von Marzahn-Hellersdorf (an die AfD) – allesamt an die CDU, die in der Hauptstadt leicht zulegen konnte. Die Grünen büssten dagegen wie in vielen anderen deutschen Grossstädten auch in Berlin deutlich an Terrain ein. Immerhin konnten sie bei den Erststimmen drei Wahlkreise in Berlin gewinnen.
Überraschend schliesst die Union trotz des Wahlsieges mit dem zweitschlechtesten Resultat in der Geschichte der Partei ab. Einzig bei den letzten Bundestagswahlen 2021 schnitten die Konservativen noch schlechter ab. Ihr zweitbestes Resultat konnten hingegen die Grünen verbuchen, auch wenn sie bundesweit 3,2 Prozentpunkte eingebüsst haben, reicht es zum zweitbesten Resultat in der Parteigeschichte. Gegenteilig zur Union erzielten die Grünen bei den Wahlen vor vier Jahren ihr bisher bestes Resultat. Die Grünen wurden mit 14,7 Prozent und einem Plus von 5,8 Prozentpunkten in die Ampel-Koalition katapultiert.
Welche Altersgruppe wählt welche Partei? Während die jüngeren Menschen vor allem die Linke wählten, ist die Union weiterhin stark bei Menschen über 70. Auch die SPD, eine andere etablierte und traditionell starke Partei, ist beliebt bei der älteren Generation. Während bei den Jungen die Polparteien AfD und die Linke die stärksten Parteien bilden, nimmt deren Anteil mit dem Alter der Wählenden immer mehr ab. Die AfD und auch die Linke fuhren eher schwache Resultate ein bei den Wählenden über 70.
Bundesweit hat die SPD von allen Parteien die meisten Prozentpunkte einbüssen müssen. Die Sozialdemokraten landen gerade noch bei 16,4 Prozent, einem Minus von 9,3 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Prozentual am meisten Federn gelassen hat die SPD im Wahlkreis «Mecklenburgische Seenplatte II – Landkreis Rostock III». Dort verliert die Partei 23'887 Stimmen und damit 18.5 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Ähnlich schlimm fiel das Resultat in einem anderen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern aus, im Wahlkreis mit dem eingängigen Namen «Ludwigslust-Parchim II – Nordwestmecklenburg II – Landkreis Rostock I» verliert die SPD 18.3 Prozentpunkte.
Und ein noch grösseres Dankeschön, dass ihr die Parteifarben gewählt habt und nicht 10 verschiedene pink-töne. 😁