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Deutschland

«Geschockt»: Jetzt sprechen die Flüchtlinge von Clausnitz

Jetzt reden die Flüchtlinge von Clausnitz: «Wir können nirgendwo alleine hingehen»

22.02.2016, 13:3922.02.2016, 15:46
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Die Bilder gingen um die Welt: Am Donnerstagabend empfängt im ostdeutschen Clausnitz ein wütender Mob einen ankommenden Flüchtlingsbus mit hasserfüllten Parolen. Sie rufen: «Wir sind das Volk!» Den Satz, mit dem einst DDR-Bürger gegen die Diktatur Ost-Berlins auf die Strasse gingen. Jetzt schmettern einige davon diese Worte Flüchtlingen entgegen.

«Spiegel Online» hat mit den Flüchtlingen, die im Bus sassen, geredet. Der Horror-Empfang hat Spuren hinterlassen. «Seit vorletzter Nacht habe ich Kopfschmerzen. Ich bin geschockt, ich kann nichts mehr sagen», sagt die Iranerin Shamila im gut zweiminütigen Video-Beitrag, der auf Facebook seit gestern bereits knapp eine halbe Million Mal angeschaut wurde.

Die Angst ist den Migranten ins Gesicht geschrieben. «Wir können nirgendwo alleine hingehen», hält Shamilas Schwester fest. «Wir wissen nicht, was passieren wird.» 

Die Stimmung im verschneiten Dorf ist nach wie vor angespannt. «Wir wollen keine Ausländer hier, vor allen Dingen keine Islamisten», schimpft ein Anwohner ins «Spiegel»-Mikrophon. 

Richtig heimelig ist es auch drinnen in der Flüchtlingsunterkunft nicht. Denn der Heimleiter Thomas Hetze, steht im Verdacht Informationen über die Ankunft an den Hass-Mob weitergegeben zu haben. Das Pikante: Der Mann ist auch noch Mitglied der rechtspopulistischen Protestpartei «AfD».

Thomas Hetze: Der Leiter des Clausnitzer Flüchtlingsheims ist «AfD»-Mitglied.
Thomas Hetze: Der Leiter des Clausnitzer Flüchtlingsheims ist «AfD»-Mitglied.
bild: facebook/spiegel online

Nomen est omen? Nicht so wenn es nach Hetze selbst geht. Für ihn sei «rechtspopulistische Hetze» das Unwort des Jahres. Er wünsche sich lediglich einen «vernünftigen Umgang mit der ganzen Thematik».

Am Montagnachmittag gab der Landkreis Mittelsachsen auf seiner Homepage jedoch bekannt, dass ein neuer Heimleiter eingesetzt werde. Allerdings nicht, weil Hetze einen Fehler begangen habe. «Wir haben die Entscheidung zum Schutz seiner Person und durch die bundesweite Diskussion über ihn getroffen», so die Begründung des zuständigen Landrats. (cma)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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demokrit
22.02.2016 14:01registriert Oktober 2015
Das ist schon annähernd Realsatire: Ein Bus mit der Aufschrift "Reisegenuss" bringt Flüchtlinge in eine Unterkunft, die von einem AFDler namens "Hetze" betrieben wird. Vor der Unterkunft wartet ein gröhlender, rassistischer Mob, gegen den die Polizei sich unterlegen fühlt und der offenbar von "Hetzes" Bruder über die Ankunftszeit des Busses mit der Aufschrift "Reisegenuss" informiert worden ist. Polizeikommandant "Reissmann" verteidigt seinen Polizeieinsatz, bei dem unter anderem ein Minderjähriger am Hals gerissen wird. Dem Jungen droht angeblich eine Anzeige wegen Provokation.
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Jonasn
22.02.2016 13:55registriert Februar 2014
Ein AfD Mitglied als Leiter eines Flüchtlingsheims. Soweit sehr unglücklich, aber nicht verboten. Wenn man dann aber weiss, dass der Bruder von ihm dann den Mob draussen organisiert hat (mehrfach in der Presse nachzulesen), dann bekommt das Ganze einen erheblichen Beigeschmack.
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Electric Elephant
22.02.2016 13:57registriert Januar 2016
Und noch ein braunstichiger Idiot mehr! Jaja, Herr Hetze(r) - klar das ist kein brauner Pöbel, sondern das sind nur besorgte Bürger die man ernst nehmen muss... Aber wie soll man Leute ernst nehmen, welche die ganze Zeit Lügenpresse schreien, aber den primitivsten Mist glauben, den irgendein Hinterhof-Nazi auf Facebook gepostet hat? Solche Leute sind gefährlich... Aber ihre "Meinung" ernst nehmen? Nö! Wohl eher bemitleiden...
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