Die deutsche AfD bleibt unter den Parteien des rechten Randes ein Sonderfall in Westeuropa: Während sich das französische Rassemblement National (RN) oder die italienischen Fratelli d'Italia in den letzten Jahren Schritt für Schritt in die politische Mitte bewegt haben, ist die AfD stets in die Gegenrichtung marschiert: immer weiter nach rechts.
So befindet sich die Partei in einem Teufelskreis: Ihre zunehmende Isolation bewirkt weitere Radikalisierungsschübe, die wiederum dazu führen, dass immer weniger potenzielle Partner mit ihr in Verbindung gebracht werden wollen. Kurz vor der Wahl zum EU-Parlament im Juni war die AfD auf Betreiben von Marine Le Pens RN aus der gemeinsamen Fraktion «Identität und Demokratie» hinausgeworfen worden; ein Versuch des AfD-Politikers Maximilian Krah, eine Ehrenrettung für die Waffen-SS vorzunehmen, hatte das Fass zum Überlaufen gebracht.
Nun gründet die AfD zusammen mit Parteien aus sieben weiteren EU-Ländern die neue Fraktion «Europa Souveräner Nationen»; 25 Abgeordnete sollen ihr angehören, 14 davon von der AfD. Ausschlaggebend scheinen nicht zuletzt pragmatische Überlegungen zu sein: Fraktionen im Strassburger Parlament erhalten pro Abgeordnetem 60'000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit; zudem wird ihren Mitgliedern mehr Rederecht zugebilligt als Einzelkämpfern oder Angehörigen kleinerer Gruppierungen.
Berührungsängste zeigte die AfD bei der Bildung der neuen Fraktion kaum. Zwar sagte die Parteichefin Alice Weidel im Vorfeld, man wolle sich «keiner Resterampe für Obskurantenparteien» anschliessen. Die Zusammensetzung der neuen Gruppierung spricht dieser Erklärung allerdings Hohn: So gehört etwa der Litauer Petras Grazulis zu der Gruppe. Homosexuelle stehen für ihn auf einer Stufe mit Pädophilen, Sodomiten und Drogensüchtigen, weshalb er ihre Ausweisung aus Litauen fordert.
Der Slowake Milan Uhrik wiederum bezieht sich positiv auf die Erste Slowakische Republik, die 1939 nach Hitlers Überfall auf die Tschechoslowakei ausgerufen worden war und bis 1945 als Satellitenstaat Nazi-Deutschlands bestand. Über die Mithilfe der damaligen slowakischen Staatsführung bei der Deportation von Juden sagt Uhrik, über den Holocaust wolle er kein Urteil fällen, schliesslich sei er kein Historiker.
Eine führende Rolle in der neuen Fraktion spielt neben der AfD die polnische Konfederacja, deren Abgeordneter Stanislaw Tyszka zusammen mit dem Deutschen René Aust an der Spitze stehen soll. Im Sejm, dem polnischen Parlament, ist die rechtsextreme Konfederacja die einzige Partei, die auf der Seite von Putins Russlands steht.
Ihr Parteichef Grzegorz Braun machte im Dezember 2023 durch einen ebenso bizarren wie widerlichen Stunt von sich reden: In der Lobby des Sejm griff er nach einem Feuerlöscher und löschte die Kerzen eines Chanukka-Leuchters. Diese eindeutig antisemitische Geste scheint selbst einigen Angehörigen der neuen Fraktion zu weit zu gehen: Zwar wurde Braun im Juni ins EU-Parlament gewählt, doch der neuen Gruppierung soll er anders als drei seiner Parteikollegen nicht angehören.
Nicht dabei sein wird vorerst auch Maximilian Krah, der die AfD zwar in die EU-Wahl geführt hatte, während des Wahlkampfs aber wegen Kontakten eines Mitarbeiters zum chinesischen Regime und seiner Äusserung über die Waffen-SS unter Beschuss geriet.
Dass die Distanzierung seiner Parteikollegen eher taktischer Natur sein dürfte, zeigt sich daran, dass die «Hooligan-Fraktion», wie Krah die neue Gruppierung einst halb im Scherz genannt hat, seinen Plänen entspricht. Nach Bekanntwerden der Gründung am Mittwoch erklärte er, zufrieden zu sein: Das Projekt sei «viel grösser als meine eigene Rolle». (aargauerzeitung.ch)
So immer wieder, auch hier in der Kommentarspalte. Mir macht diese Partei Angst aber: man erntet, was man sät.