Der FKK-Strand ist ein stereotypisches Kulturgut der Deutschen. Doch das bedeutet nicht, dass die FKK-Kultur deswegen auch selbstverständlich ist in den Köpfen der Menschen. Das musste eine Berlinerin im Dezember erleben – als ihre Brüste einen Polizeieinsatz auslösten.
Jetzt hat eine Ombudsstelle entschieden: Auch Personen mit «weiblich gelesener Brust» dürfen in Berlin oben ohne schwimmen.
In Berlin ist klar: Wer in einem der 56 Schwimmbäder badet, muss «handelsübliche Badekleidung» tragen, das steht so in der Hausordnung. Dass dabei besonders für Frauen «handelsübliche Badekleidung» einer gesellschaftlichen Vorstellung zu entsprechen hat, erlebte die 33-jährige Rettungsschwimmerin Lotte Mies am eigenen Körper. Als sie im Dezember in einem Berliner Hallenbad ihre Bahnen zog, trug sie eine Badehose, aber kein Bikinioberteil. Die Polizei wurde gerufen.
«Der Polizist hat mich gefragt, mit welchem Geschlecht ich mich identifiziere. Als ich ‹weiblich› sagte, hiess es, dass ich deshalb ein Oberteil tragen müsse», erzählte die Mies der «Bild». Sie schaltete daraufhin die Ombudsstelle der Landesstelle für Gleichbehandlung ein – und die gab ihr nun recht.
Das Datum, an dem der Entscheid kommuniziert wurde, ist dabei symbolisch: Am Weltfrauentag teilte der Justizsenat mit, dass das Schwimmen mit freiem Oberkörper auch für «weibliche Personen beziehungsweise für Personen mit weiblich gelesener Brust» künftig möglich sein muss. Das Bäder-Personal wurde bereits entsprechend instruiert.
Die freie Kleiderwahl gilt in Berlin in Badis jetzt also für alle. Und so dürfen auch Männer «selbstverständlich einen Bikini tragen, wenn sie das schön finden», sagt Claudia Blankennagel von den Berliner Bäder-Betriebe zu «Bild».
Eine ganz ähnliche Story ereignete sich vorletzten Sommer in der deutschen Stadt Göttingen.
Mina Berger bekam damals Hausverbot in einem öffentlichen Schwimmbad – weil Berger «oben ohne» in der Sonne liegt. Denn das Schwimmbad bestimmt, dass Mina Berger aufgrund äusserlicher Geschlechtsmerkmale eine Frau sei – und Berger deshalb mit ihrem Oben-ohne-Auftritt gegen die Badeordnung verstosse. Dabei identifiziert sich Berger als non-binär und nicht als Frau.
Im vergangenen Mai zog der Göttinger Sportausschuss dann die Konsequenzen aus dem Vorfall und erlaubte es allen Badegästen, zumindest am Wochenende ohne Oberkörperbekleidung Schwimmbäder zu besuchen. Immerhin an zwei Tagen der Woche Gleichberechtigung in Göttingen.
Sowohl die Berlinerin Mies als auch Berger sind Teil des feministischen Bündnisses «Gleiche Brust für alle», das sich dafür einsetzt, dass sich alle Menschen mit nacktem Oberkörper zeigen dürfen, die das gerne möchten.
Übrigens: In den hiesigen Badis ist Blütteln durch die Benutzerordnung fast immer ausdrücklich verboten. Das Sonnenbaden «oben ohne» wird jedoch toleriert. Zudem verfügen einige Badis über FKK-Bereiche, wie der Katzensee in Zürich.
Trotz der lockeren Benutzerordnungen: Die meisten Frauen in den Schweizer Badeanstalten bedecken auch heutzutage ihre Brüste mit Textilien. Die Basler Geschichtsprofessorin Caroline Arni erklärte dies gegenüber der NZZ so:
(yam)
Weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll.