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Nach Böhmermann-Recherche wird Chef-Beamter entlassen – nun will der Geld

Eine Recherche der Satiresendung «ZDF Magazin Royale» hat gemäss Berichten personelle Konsequenzen: Der von Jan Böhmermann als «Cyberclown» verspottete BSI-Chef hat das Vertrauen der deutschen Innenmi ...
Eine Recherche der Satiresendung «ZDF Magazin Royale» hatte personelle Konsequenzen: Der von Jan Böhmermann als «Cyberclown» verspottete BSI-Chef wurde geschasst.Bild: Screenshot: YouTube

Nach Böhmermann-Recherche wird Chef-Beamter entlassen – nun fordert der Geld

11.09.2023, 13:3511.09.2023, 16:12
Vera Siebnich / watson.de
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Jan Böhmermanns Sendung «ZDF Magazin Royale» sorgt immer wieder mit grossen investigativen Recherchen für Aufsehen. Im vergangenen Jahr nahmen er und sein Team sich den damaligen Chef des deutschen Bundesamtes für Cybersicherheit in der Informationstechnik vor. Arne Schönbohm, hiess es, habe über einen Lobbyverein einer Firma nahegestanden, die eng mit dem russischen Geheimdienst verbunden sei. Bundesinnenministerin Nancy Faeser entliess Schönbohm daraufhin.

Doch das wollte der nicht einfach so hinnehmen und forderte vom ZDF Schadensersatz. In einem Schreiben, über das die «Bunte» berichtete, spricht Schönbohms Anwalt von schweren Persönlichkeitsverletzungen. Die Sendung beziehungsweise der Vorwurf sei «eine der schmutzigsten Denunzierungen», die jemals ein öffentlich-rechtlicher Sender begangen habe.

Auf Mastodon hat sich nun Böhmermann selbst ausführlich zu dem Thema geäussert. Er weist die Kritik an der Sendung zurück und macht Andeutungen, dass die Verantwortlichen noch ganz andere Dinge hätten aufdecken können.

Jan Böhmermann legt bei Kritik nach

Ende August hatte die Bunte berichtet, dass Schönbohms Anwalt in einem Schreiben an das ZDF Schmerzensgeldansprüche an den Sender stelle. Demnach soll er 100'000 Euro für Schönbohm gefordert haben. Rechtsanwalt Markus Hennig, der Schönbohm vertritt, sagte damals zu «Bunte»:

«Das ZDF hat durch das ‹Magazin Royale› die Reputation und die tadellose Karriere eines verdienten Staatsdieners zerstört.»

Ansprüche gegen den Moderator selbst wolle er sich demnach vorbehalten.

Auf Mastodon meldet sich Böhmermann selbst noch einmal zu der Sendung und den möglichen Konsequenzen zu Wort. Die Redaktion des «ZDF Magazin Royale» halte die scharfe Kritik an Schönbohm weiterhin für angemessen, schreibt Böhmermann.

In einem Post erklärte er:

«Es gab und gibt begründete Zweifel an Kompetenz und Urteilsvermögen von Herrn Schönbohm, einem hohen, für wichtige Sicherheitsfragen verantwortlichen Bundesbeamten. Auch andere Medien und Expert:innen haben diese Bedenken vor uns geäussert.»
epa06425059 Arne Schoenbohm, President of the Federal Office for Security in Information Technology in Germany, delivers a speech to the 59th annual meeting of the German Civil Service Federation (Deu ...
Arne Schönbohm wurde nach einem Bericht des «ZMR» entlassen.Bild: EPA/EPA

Böhmermann steht weiterhin hinter der Recherche und legt bei Mastodon sogar noch eins drauf:

«Es wäre noch mehr zu kritisieren gewesen: Viele weitere kritische Vorgänge im BSI wie zum Beispiel den Kaspersky-Fall oder die Zertifizierungsverfahren der Behörde haben wir in unserer Sendung nicht thematisiert, sondern uns nur auf die offenen Fragen rund um ‹Protelion› und den merkwürdigen, vom Amtschef mitgegründeten, russlandnahen ‹Cybersicherheits›-Verein beschränkt.»

Böhmermann argumentiert weiter, dass die «komplette Recherche inklusive aller Quellen» weiterhin online abrufbar wäre. Böhmermann fuhr fort, die Sendung sei «weder inhaltlich widerlegt worden noch juristisch angefochten noch presserechtlich zu beanstanden».

Böhmermann attackiert Anwalt

In der vergangenen Woche hatte die Bild berichtet, dass Juliane Seifert, deutsche Staatssekretärin im Innenausschuss, mit Böhmermann Kontakt hatte.

Christian Winterhoff, ein weiterer Anwalt von Schönbohm, hatte daraufhin den Verdacht geäussert, dass es in dem Telefonat mutmasslich «auch um die später in der ZDF-Sendung gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe» gegangen sei. Er sagte weiter: «Insgesamt drängt sich nach alledem der Eindruck eines Komplotts gegen Herrn Schönbohm auf.»

Jan Böhmermann
Jan Böhmermann wehrt sich deutlich gegen Kritik.Bild: DF und Jens Koch

Auch auf diese Kritik geht Böhmermann auf Mastodon ein. Dem «ZDF Magazin Royale» einen «geheimen Komplott» mit dem Bundesinneministerium zu unterstellen sei «ziemlich bösartiger Bullshit und natürlich komplett frei erfunden».

Bundesbeamte müssten mit kritischer Berichterstattung über sie leben, sagt Böhmermann weiter. «Was das Bundesinnenministerium macht, ist nicht unser Bier», weist er die Unterstellung einer Zusammenarbeit klar zurück.

«Das ZDF Magazin Royale ist bestimmt nicht immer nett, machmal vielleicht auch ein bisschen gemein, aber immer, immer, immer: frei, unabhängig und unbestechlich. Für niemand und alle», schreibt Böhmermann zum Schluss. Seine Sicht der Dinge zur Kritik an der Sendung hat er damit deutlich dargelegt.

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89 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Noob
11.09.2023 14:37registriert Januar 2015
Einen klassichen Trump move. Zuerst Mist bauen, sich am besten noch daran bereichern (in diesem Fall weiss ich es nicht) und wenn man erwischt wird eins auf Opfer machen. Oje...
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Tubel vom Dienst
11.09.2023 14:27registriert Januar 2021
In dem Artikel könnte man noch erwähnen, dass von offizieller Seite bestätigt wurde, dass an den Vorwürfen nichts dran ist und das Schönbohm auch seinen ehemaligen Arbeitgeber verklagt. Dass es dazu einen Untersuchungsausschuss gibt bei dem die zuständige Ministerin Nancy Faeser hätte aussagen sollen, sie aber dort zweimal nicht auf getaucht ist. Angeblich war sie krank. Sie hat aber am gleichen Tag andere offizielle Termine wahrgenommen.
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Ester Baumgartner
11.09.2023 16:34registriert September 2023
Die Entlassung eines Chef-Beamten nach Recherchen von Jan Böhmermann wirft Fragen zur Transparenz und zur Verantwortlichkeit in der Verwaltung auf. Wenn der Beamte nun finanzielle Ansprüche stellt, müssen die Gründe und Umstände seiner Entlassung genau geprüft werden. Es ist wichtig sicherzustellen, dass solche Entscheidungen auf rechtmäßigen und gerechten Grundlagen basieren und nicht politisch motiviert sind. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, Klarheit und Fairness in solchen Angelegenheiten zu erwarten.
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