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Utahs Gouverneur erklärt Social Media Krieg – und gerät ins MAGA-Visier

Kirk-Attentat: Utahs Gouverneur erklärt Social Media den Krieg – und gerät ins MAGA-Visier

Der Gouverneur von Utah bezeichnet die Social-Media-Plattformen als «Krebsgeschwür». Der US-Bundesstaat ist Vorreiter im Kampf um mehr Jugendschutz.
16.09.2025, 05:3416.09.2025, 08:33
Renzo Ruf, Washington / ch media

Spencer Cox ist ein höchst altmodischer Republikaner. Der Gouverneur von Utah, der seit der Ermordung von Charlie Kirk auf dem Campus der Utah Valley University im Scheinwerferlicht steht, ist kein Provokateur. Er setzt sich vielmehr für Dialog und «echte Konversationen» ein, gerade auch nach traumatischen Ereignissen. Amerika müsse wieder lernen, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, sagt der seit 2021 amtierende Gouverneur.

FILE - Utah Gov. Spencer Cox listens to a question at his monthly news conference in Salt Lake City, Thursday, Sept. 19, 2024. (Isaac Hale/The Deseret News via AP, Pool,File)
Social Media trägt laut Spencer Cox dazu bei, gesellschaftliche Gräben zu vertiefen.Bild: keystone

In einem Punkt aber lässt Cox nicht mit sich reden: Er ist überzeugt davon, dass moderne Informationstechnologie schädlich für die Bevölkerung ist. «Social Media sind derzeit ein Krebsgeschwür unserer Gesellschaft», sagte der 50 Jahre alte Gouverneur kurz nach dem Attentat auf Kirk. Er rief die Menschen deshalb dazu auf, ihr Handy wegzulegen, an die frische Luft zu gehen und die eigene Familie zu umarmen.

Gouverneur betont das Kindeswohl

Das sind nicht nur leere Worte. Utah hat sich in der Regierungszeit des Gouverneurs zu einer Speerspitze im Kampf gegen die sozialen Medien gemausert. Unter dem Banner Jugendschutz ging kein anderer Bundesstaat derart konzertiert gegen die Giganten des Silicon Valley vor.

So sind im Bundesstaat, in dem rund 3,3 Millionen Menschen wohnen, nicht nur Handys an öffentlichen Schulen verboten. Auch hat das Parlament von Utah ein Gesetz verabschiedet, das den Zugriff von Minderjährigen auf die sozialen Medien einschränkt. Internet-Seiten, die pornographische Inhalte verbreiten, sind zudem dazu gezwungen, Filter und Altersüberprüfungen einzusetzen. Auf dem Rechtsweg geht Utah zudem gegen die Social-Media-Giganten Facebook, TikTok und Snapchat vor, weil die Handy-Dienste angeblich Kinder süchtig machten und sie sexuell ausbeuteten.

Das sind vergleichsweise drastische Schritte, in einem Land, in dem das Recht auf freie Meinungsäusserung in der Verfassung verankert ist. Das Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren liegt denn auch auf Eis, nachdem eine Koalition von Internet-Firmen eine Gerichtsklage gegen das Gesetz eingereicht haben.

Cox aber setzt seinen Weg unbeirrt fort. Er sagt:

«Das Wohl unserer Kinder muss über dem Profitstreben einer Firma stehen.»

Auch beschuldigte der Politiker die Internet-Unternehmen, sie machten die Menschen gezielt süchtig und wiegelten sie gegeneinander auf. «Sie wollen uns dazu bringen, einander zu hassen», sagte der Gouverneur in einem Fernseh-Interview.

Utah Gov. Spencer Cox becomes emotional while speaking during a press conference at Utah Valley University, Friday, Sept. 12, 2025, in Orem, Utah, regarding the killing of Charlie Kirk, the CEO and co ...
Sieht sich nach dem Kirk-Attentat bestätigt: Spencer Cox bei einer Pressekonferenz nach dem tödlichen Schuss.Bild: keystone

Man mag solche Töne populistisch finden, auch weil die wirtschaftlichen Folgen der geforderten Verbote auf Utah nicht allzu gross sind. Auch profitiert Cox davon, dass er einen tief-konservativen Staat regiert, in dem die Mormonen-Kirche (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage) immer noch den Ton angibt.

Aber nach dem Attentat auf Kirk, das im ganzen Land Schockwellen auslöste, sinnieren viele Amerikaner über die Gründe nach, die zu einer derart tiefen Spaltung des Landes führten. Und viele Eltern möchten gerne wissen, wie ein angeblich blitzgescheiter Sohn einer ganz normalen Familie sich online derart radikalisieren konnte, dass er im Alter von 22 Jahren zum Mörder wurde.

Cox als «nationale Peinlichkeit» beschimpft

Natürlich muss sich Cox den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Lösungsansätze bisweilen zu simpel klingen. Nicht jedes Problem auf dieser Welt lässt sich mit einer innigen Umarmung lösen. Aber die wütenden Reaktionen deuten darauf hin, dass der Gouverneur seinen Finger auf einen wunden Punkt legt. So äusserten sich auffällig viele Aushängeschilder des rechten Amerikas abfällig über Cox' pointierte Kritik an der digitalen Ökonomie. Der Kommentator Steve Bannon zum Beispiel beschimpfte den Gouverneur als eine «nationale Peinlichkeit».

epa11911591 Political strategist Steve Bannon at the Conservative Political Action Conference (CPAC) 2025 at National Harbor, Maryland, USA, 20 February 2025. The Conservative Political Action Confere ...
Lebt von der Polarisierung: Steve Bannon.Bild: keystone

Die Reaktion des Gouverneurs spricht Bände. Er bezeichnete Bannon auf CNN als Unternehmer, der Konflikte erzeuge und davon profitiere, wenn sich die Bevölkerung stetig radikalisiere. Daran habe er kein Interesse, sagte Cox.

Ein Politiker, der nach Lösungen sucht, und nicht Krawall machen will: Das ist erfrischend, in einem Land, in dem zuletzt viel zu viele Katastrophenszenarien kursierten.

(aargauerzeitung.ch)

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77 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gina3
16.09.2025 06:53registriert September 2023
«Sie wollen uns dazu bringen, einander zu hassen», sagte der Gouverneur in einem Fernseh-Interview.
Ganz genau-
Das ist das Brot, von dem sich Musk, Zuckerberg, Trump und andere, die unfähig zur Empathie, aber an unserem Geld interessiert sind, ernähren.

Wer hätte gedacht, dass ich bei meinem morgendlichen Espresso ☕️ denken würde:
“Voilá-Hier ist ein Republikaner, den ich ein wenig mögen könnte “.
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Yoldi
16.09.2025 07:33registriert Juni 2021
Die Republikaner bestehen heute aus zwei Gruppen von Menschen:
1) Echte Konservative wie Cox, die durchaus sehr Konservativ sein können, selbst für mich als Konservativer zu viel. Aber sie Lügen nicht und man kann mit ihnen reden.
2) Populistische radikale Spinner & Schwurbler, die nicht Konservativ sind, sondern einfach nur hasserfüllte Fanatiker. Diese wollen alles zerstören, was nicht in ihre radikale Positionen passt.
Leider dominiert die zweite Gruppe heute die Republikaner und die erste Gruppe versucht im Schatten dieser zu überleben.
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Enzasa
16.09.2025 06:58registriert August 2016
Wo er Recht hat, hat er Recht. Unkontrolliertes Social Media ist Gift für die Gesprächskultur. Durch die Beeinflussung von Bildern und Zusammenschnitte und durch die Algorithmen entsteht eine weltfremde Blase in der Shitstorms und maladaptive Emotionen dominieren. Zuerst werden die Worte radikalisiert und darauf die Taten.
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