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Hisbollah-Pager: Können Smartphones manipuliert werden und explodieren?

Pager vom Typ AR-924, der von der Hisbollah benutzt wurde.
Pager vom Typ AR-924, der von der Hisbollah benutzt wurde. Bild: Gold Apollo

Pager-Explosionen: Können auch Smartphones manipuliert werden und explodieren?

Im Libanon sind Tausende Pager der Hisbollah-Milizionäre zeitgleich explodiert. Können auch Smartphones auf diese Weise manipuliert werden?
18.09.2024, 16:48
Marcel Horzenek / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Über ein Dutzend Tote und fast 3'000 Verletzte: Durch einen koordinierten Angriff sind am Dienstag Tausende Pager von Anhängern der pro-iranischen Terrororganisation Hisbollah im Libanon explodiert. Der Auslöser war nach Angabe eines libanesischen Sicherheitsbeamten eine verschlüsselte Nachricht, die auf die Geräte geschickt wurde.

Die angeblichen Überreste eines explodierten Hisbollah-Pagers.
Die angeblichen Überreste eines explodierten Hisbollah-Pagers. bild: twitter/@ejmalrai

Die Art und Weise dieser Attacke wirft viele technische Fragen auf. Wer hatte wann Zugriff auf die Geräte, um einen solchen Angriff zu koordinieren? Und können auch andere Geräte – wie Laptops oder Smartphones – in ähnlicher Form manipuliert werden und ohne Vorwarnung explodieren?

Kommunizieren, nicht detonieren

Die Sorge ist zum Glück unbegründet. Die Vorstellung, ein Smartphone könnte durch eine einfache Textnachricht in die Luft fliegen, ist ein verbreiteter Mythos, der oft in Actionfilmen und Science-Fiction-Geschichten auftaucht.

Denn Smartphones enthalten keine explosiven Materialien. Die verbauten Komponenten – wie Batterien, Prozessor, Speicher und Display – sind so konzipiert, dass sie Informationen verarbeiten und kommunizieren, nicht aber detonieren. Ausserdem verfügen moderne Betriebssysteme über zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen, die verhindern, dass Software unbefugt auf Hardware-Komponenten zugreift.

Selbst wenn eine schädliche App versuchen würde, die Batterie zu überladen oder andere Komponenten zu beschädigen, würden diese Mechanismen greifen und das Gerät abschalten oder den Vorgang unterbrechen. Unter bestimmten Umständen kann ein Smartphone-Akku überhitzen und in einer Stichflamme aufgehen, was zu schweren Verbrennungen oder einem Brand führen kann. Dies ist aber nicht mit einer Sprengstoff-Explosion vergleichbar, wie im Fall der detonierten Hisbollah-Pager.

Pager wurden abgefangen und mit Sprengstoff bestückt

Im Fall der explodierten Pager müssen die Geräte in irgendeiner Form manipuliert worden sein. Wie die «New York Times» unter Berufung auf amerikanische Behördenvertreter berichtet, wurden sie vor der Ankunft im Libanon abgefangen und mit Sprengstoff bestückt. Eine libanesische Sicherheitsquelle sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass israelische Agenten dafür verantwortlich seien, eine Sprengstoffplatine in das Gerät eingeschleust zu haben.

Bei moderneren technischen Geräten verhält es sich ähnlich. «Wer Smartphones mithilfe einer Schadsoftware infizieren möchte, braucht dazu auf jeden Fall eine Sicherheitslücke auf dem entsprechenden Gerät», sagt Rüdiger Trost vom finnischen Sicherheitsunternehmen WithSecure. Diese Sicherheitslücken kommen aber selten vor – und sind dementsprechend teuer auf dem Schwarzmarkt zu haben, so der Experte. Schätzungen gehen von mehreren Millionen Franken aus, die für wertvolle Zero-Day-Lücken im Darknet angeboten werden.

Was ist eine Zero-Day-Lücke?
Eine Zero-Day-Lücke ist eine Sicherheitslücke in Software, die den Entwicklern noch unbekannt ist, aber von Angreifern bereits ausgenutzt werden kann. Da es noch keinen Patch oder Schutz gibt, ist die Software bis zur Entdeckung und Behebung besonders anfällig für Angriffe.

«Doch selbst wenn jemand den Zugang zu einer Sicherheitslücke hat und diese auch auszunutzen weiss, sind von einem solchen Angriff nicht automatisch alle Smartphones betroffen», so Trost weiter. Denn je nach Hersteller und Betriebssystem sowie Alter des Geräts und der darauf installierten Software bestehe für jedes Gerät ein individuelles Risiko.

Am Ende haben aber alle technischen Geräte eine Gemeinsamkeit: Keine SMS-, WhatsApp- oder andere Nachricht ist in der Lage, einen Laptop, ein Smartphone oder auch einen Pager ohne Weiteres explodieren zu lassen – auch wenn das Gerät noch so anfällig für Sicherheitslücken ist.

Bei Anruf Tod
Für einen tödlichen Angriff müsste ein Mobiltelefon mit Sprengstoff bestückt werden. 1996 tötete Israels Inlandsgeheimdienst Schin Bet auf diesem Weg Yahya Ayasch, den zu jener Zeit wichtigsten Bombenbauer der Hamas. Damals schmuggelte der Geheimdienst ein mit 15 Gramm RDX, einem hochexplosiven Militärsprengstoff, präpariertes Mobiltelefon ins Umfeld Ayyaschs. Als der Terrorist das abgehörte Telefon benutzte, wurde der implantierte Sprengsatz aus der Ferne gezündet. Der Bombenbauer war sofort tot. Erst 2012 bestätigte der frühere Schin Bet-Direktor Carmi Gillon in einer Fernsehdokumentation Israels Urheberschaft.
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14 Kommentare
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Maurmer
18.09.2024 17:50registriert Juni 2021
„moderne Betriebssysteme über zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen, die verhindern, dass Software unbefugt auf Hardware-Komponenten zugreift.“

Und moderne Betriebssysteme können bekanntlich nie gehackt werden…
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