Donald Trump ist für alle, die sich für ihn interessieren, ein offenes Buch. Der neue amerikanische Präsident sagt, was er denkt, und denkt, was er sagt. Und zwar immer und immer wieder, seit Jahren schon und stets über die gleichen Themen.
Umso mehr fiel auf, dass Trump im vorigen Sommer plötzlich über eine historische Figur zu sprechen begann, die selbst unter Historikern ein Schattendasein fristet: William McKinley, Präsident der USA von 1897 bis zu seinem abrupten Tod am 14. September 1901.
McKinley sei der Mann gewesen, der «dieses Land reich gemacht» habe, sagte Trump im Juni 2024, mit Hilfe von massiven Strafzöllen auf Importe. Im September nannte er McKinley einen «stark unterschätzten» Präsidenten, einen «sehr guten Geschäftsmann» und einen «Oberzöllner». Und im Oktober erinnerte Trump einen Fernsehmoderator an eine Aussage von McKinley, die auch von ihm selbst stammen könnte: «Wir werden die Plünderung unseres Landes nicht zulassen», habe McKinley gesagt, «sehr schöne Worte».
Diese Ehrbezeugung dauert auch im neuen Jahr an. Bereits hat Trump die Entscheidung gefällt, den höchsten Gipfel in Nordamerika in Mount McKinley umzubenennen. So hiess der 6190 Meter hohe Berg in der Nähe von Anchorage (Alaska) offiziell bereits von 1917 bis 2015, zum grossen Verdruss der Ureinwohner. Trump sagte, McKinley habe diese Ehre verdient, sei er doch ein «grossartiger» Präsident gewesen.
Diese Schwärmerei für einen obskuren Vorgänger hat natürlich gute Gründe. McKinley setzte, in den Augen des aktuellen Präsidenten, zwei Projekte um, die Trump ebenfalls am Herzen liegen: Er schottete angeblich die amerikanische Volkswirtschaft mit Hilfe von Strafzöllen ab. Und er vergrösserte das Territorium der USA, mit Hilfe einer expansionistischen Aussenpolitik. Während der Amtszeit von McKinley übernahm Amerika Gebiete im Pazifik (Hawaii, Guam, die Samoainseln und die Philippinen) und in der Karibik (Puerto Rico). Auch legte die Regierung McKinley auf dem Verhandlungsweg den Grundstein für die Übernahme des Panamakanals durch die USA.
Allein: Das Bild, das Trump von McKinley zeichnet, hat wenig mit der historischen Realität zu tun. Der Mann, der unter dem Motto «Patriotismus, Protektionismus und Wohlstand» das Fundament für eine neue Epoche in der Geschichte der amerikanischen Republik legte, war ein ganz anderer Typ Mensch als der heutige Präsident. Kein reicher Unternehmer. Kein Grosssprecher. Kein Proto-Trump.
Ein paar biografische Eckdaten zur Erklärung. William McKinley, geboren vor ziemlich genau 182 Jahren, war ein Sohn der amerikanischen Provinz. Er wuchs in Ohio auf und focht im Bürgerkrieg an der Seite der Unionsstaaten. Im Alter von 26 Jahren stieg der Anwalt in seinem Wohnort Canton in die Lokalpolitik ein. Damit begann eine rasante Karriere, mit Stationen im nationalen Repräsentantenhaus und als Gouverneur von Ohio. 1896 folgte die Krönung, die Wahl ins Weisse Haus.
Das ist also der erste, grosse Unterschied zu Trump. McKinley war ein Berufspolitiker, und er verbrachte bis zu seiner Ermordung mehr als drei Jahrzehnte in politischen Ämtern. Mag sein, dass er auch Talente als Geschäftsmann besass, aber reich war der 25. Präsident nicht, schon gar nicht im Vergleich zu Trump.
Unterschiedlich scheinen auch die Persönlichkeiten zu sein. Im Standardwerk «President McKinley» wird er von seinem Biografen Robert Merry als eine bescheidene, besonnene Person bezeichnet, der auch viele Zeitgenossen visionäre Fähigkeiten abgesprochen hätten. Ein Rätsel sei McKinley gewesen, schreibt Merry: Er stand an der Spitze eines Landes, das eine Zeitenwende durchmachte, wirkte dabei aber nicht wie eine gestaltende Figur.
Aber auch heute noch gilt McKinleys Präsidentschaft unter spezialisierten Historikern als solides Mittelmass. In einer aktuellen Rangliste der besten Präsidenten, die von den beiden Akademikern Brandon Rottinghaus und Justin Vaughn zusammengestellt wurde, belegt McKinley den 24. Platz.
Zum Vergleich: Die erste Amtszeit von Trump wird in diesem Ende 2023 erstellten Ranking als die schlechteste eines US-Präsidenten bewertet, er landete auf dem 45. Platz. Der bombastisch auftretende Theodore «Teddy» Roosevelt, der nach McKinleys Ermordung ins Weisse Haus einzog, belegt hingegen Rang 4. Zuoberst im Ranking stehen Abraham Lincoln, Franklin D. Roosevelt und George Washington.
Was aber hat es mit McKinleys Zollpolitik zu tun, die wohl im Zentrum von Trumps Schwärmereien steht? Auch hier, zuerst, ein kurzer historischer Rückblick. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der McKinley politisch gross wurde, war Protektionismus im Gegensatz zu heute alltäglich – auch weil in diesen Jahren Zölle für viele Staaten die Haupteinnahmequelle darstellten.
So machten im Jahr 1890 Abgaben auf Importe rund drei Viertel der schweizerischen Bundeseinnahmen aus, wie im Historischen Lexikon der Schweiz nachzulesen ist. Heute sind die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer für Bundesbern die grössten Einnahmeposten, mit zusammengezählt rund 68 Prozent. Zölle spielen keine wichtige Rolle mehr.
Während seiner Amtszeit im Repräsentantenhaus, die mit einem kurzen Unterbruch von 1877 bis 1891 dauerte, setzte sich McKinley tatsächlich für die Erhöhung dieser Strafzölle ein. 1890 manövrierte er ein entsprechendes Gesetzespaket durchs nationale Parlament, das ihn landesweit berühmt machte. Der Mann, der sich als «entschiedener Protektionist» bezeichnet hatte, wollte damit die heimischen Produktionsbetriebe vor der billigeren Konkurrenz beschützen – die damals noch in England zu Hause war, dem Mutterland der Industrialisierung. Und McKinley wollte sicherstellen, dass die amerikanische Republik zur stärksten Wirtschaftsmacht der Welt aufsteigen könnte.
Dies gelang, obwohl der Weg an die Spitze für die USA nicht geradlinig verlief. So stürzte die junge Nation spätestens 1893 in eine ökonomische Krise («Panic of 1893»), die fast fünf Jahre dauerte und an der wohl auch die hohen Strafzölle auf importierte Güter eine Mitverantwortung trugen.
McKinley aber hatte dennoch Glück. Die Wählerinnen und Wähler machten 1896 die regierenden Demokraten für die Rezession verantwortlich; mit 51 Prozent der Stimmen fiel der Wahlsieg des Republikaners knapp aus. Auch erholte sich die Wirtschaft just zur Amtseinführung von McKinley wieder, was dazu führte, dass die Staatseinnahmen stark stiegen.
Hinzu kam: McKinley, und das scheint Trump noch nicht bemerkt zu haben, war kein verbohrter Ideologe. Er sah ein, dass sich Amerikas Industrie und Landwirtschaft neue Absatzmärkte erschliessen musste, um Geld zu verdienen.
Also investierte der neue Präsident Zeit in Verhandlungen, um mit verbündeten Nationen in Europa Handelsverträge abzuschliessen – wobei er darauf beharrte, dass beide Seiten die Zollschranken um das gleiche Ausmass abbauten (Stichwort: Reziprozität). Dies führte zwar nicht immer zu Erfolgen, auch weil das nationale Parlament sich querstellte. Aber McKinley, der an der Spitze einer äusserst dynamischen Nation stand, erfand sich während seiner Amtszeit als pragmatischer Freihändler neu.
In seiner letzten Rede, die er ein halbes Jahr nach Beginn seiner zweiten Amtszeit hielt, sagte der 25. US-Präsident: «Die Ausweitung unseres Handels ist das drängende Problem. Handelskriege sind unrentabel.» Verträge zwischen zwei Nationen, die auf Reziprozität beruhten, entsprächen dem Zeitgeist, «Vergeltungsmassnahmen hingegen nicht». Am nächsten Tag, am 6. September 1901, wurde McKinley von einem Anarchisten angeschossen. Eine Woche später starb er an den Folgen dieses Attentats.
Der McKinley-Biograf Karl Rove, einst ein Berater von Präsident George W. Bush, sagt:
Aber Rove ist überzeugt: Wolle Trump in seiner zweiten Amtszeit erfolgreich sein, dann müsse er es Präsident McKinley gleichtun und sich ebenfalls vom Protektionisten zum pragmatischen Freihändler wandeln. (aargauerzeitung.ch)
Donald Trump ist dafür zu gierig. Der hat gehört, was er hören wollte: McKinley hat mit hohen Zöllen den Haushalt finanziert (hat er NCHT, ist aber egal), also mach ich das auch…
Trump ist UNFÄHIG irgendetwas zu verstehen, was außerhalb der Formel „Donald, DU bist der Beste“ liegt…