Was mussten sich die Europäer in den letzten Jahren beschimpfen lassen. Dekadent seien sie. Amerikaner und Chinesen seien im Begriff, sie technisch weit hinter sich zu lassen, und überhaupt sei der alte Kontinent ein grosses Disneyland geworden.
Doch zum Glück gibt es Donald Trump. Mit seiner wirren Zoll- und seiner abstrusen Aussenpolitik verärgert er die ganze Welt, ganz speziell seine engsten Verbündeten. Das lässt Europa in einem ganz neuen Licht erscheinen. Der alte Kontinent ist wieder sexy. Der «Economist» erklärt, weshalb.
Die Brüsseler Bürokratie mag uns gelegentlich zur Verzweiflung bringen und Unternehmer behindern. Aber: Es gibt keine Broligarchen, welche die Macht besser im Griff haben als die Realität. In Europa gibt es auch keine Rasputins, welche unzählige Millionen spenden, um dann bei der Inaguration hinter dem Präsidenten stehen zu dürfen oder gar ein eigens für sie geschaffenes Departement leiten können.
Europa hat zu wenig Innovation, aber es hat auch keine Manager, die damit angeben, dass sie Teile des Staates «in den Holzhäcksler geworfen haben». Ja, die Meinungsbildung in der EU ist oft quälend langsam. Doch in Europa gibt es kein Land, in dem die Regierung tage- oder wochenlang geschlossen wird, weil sich der Kongress nicht auf ein Budget einigen kann.
Die langsame Meinungsbildung verhindert auch, dass ein Einzelner die Zölle willkürlich in die Höhe treibt und so die Finanzmärkte kollabieren lässt. Dass der Präsident in einer Finanzkrise sein Wochenende auf dem Golfplatz verbringt, ist in Europa ebenfalls undenkbar.
Europa hat seine Verteidigungsausgaben sträflich vernachlässigt. Aber niemand – ausser Russland – denkt daran, ein Nachbarland als 28. Staat zu integrieren. Europäische Vize-Präsidenten pflegen ebenfalls nicht, uneingeladen an fremde Orte zu fliegen, um ihnen kundzutun, man wolle sie annektieren.
Europäer mögen die freie Meinungsäusserung nicht absolut vergöttern, aber sie nehmen sie als selbstverständlich hin. Deshalb finden sie es merkwürdig, dass ausländische Studenten ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht linientreu zum Gaza-Konflikt äussern. Ebenso finden sie es merkwürdig, wenn Anwalts-Kanzleien bestraft werden, weil sie Klienten vertreten, die in Konflikt mit dem Präsidenten geraten sind.
Die europäische Wirtschaft taumelt von einer Krise zu nächsten. Das hält die Europäer nicht davon ab, im August den Sommer mit ihrer Familie zu geniessen, und erstaunlicherweise haben sie ihre Arbeitgeber auch dazu gebracht, ihnen dieses Vergnügen zu gewähren. In Europa muss auch keiner angstvoll auf die Börsenkurse achten, um sich zu vergewissern, dass seine Altersvorsorge noch intakt ist.
Schliesslich ist Europa ein Kontinent mit Städten, die man zu Fuss erkunden kann, wo die Lebenserwartung hoch ist, wo die Schüler geimpft werden und man sie nicht trainieren muss, wie sie sich in einer Schiesserei zu verhalten haben. Die Europäer haben einen Ort geschaffen, an dem man verfolgen kann, was andere sich sehnlichst wünschen: Ein Leben in Freiheit zu führen, mit der Möglichkeit, sein Glück zu machen.
Lasst uns zusammenrücken und eine Gegenwehr gegen alle Putins, Trumps und eben Rechtspopulisten erstarken lassen.
Wenn zum Beispiel Orban lieber mit den RuZZen kooperiert, soll er, aber dann auch nicht von den Vorzügen Europas profitieren.