Nicht alle Französinnen kleiden sich in Dior, Chanel oder Yves Saint-Laurent. 70 Prozent der in Frankreich verkauften Textilien stammen vom anderen, billigen Ende der Modeindustrie. Man nennt sie «Fast Fashion», übersetzbar mit Billigst- oder gar Wegwerfmode. Zwei chinesische Onlineplattformen teilen sich den Markt weitgehend auf: Temu, Ende 2022 von dem Unternehmer Colin Huang gegründet, setzte ein Jahr später nach Schätzungen bereits 16 Milliarden Euro um. Rivalin Shein überschwemmt den Markt mit täglich 7200 Neumodellen – und ist deshalb sogar schon von Temu wegen unlauterer Geschäftsmethoden eingeklagt worden.
Bei Shein gab es am Montag etwa einen Rollkragenpulli für 5.55 Euro, ein Puderquastenset für 1.01 Euro oder einen Männer-Hoodie für 6.72 Euro. Alle Produkte werden ohne Zwischenhandel und per Flugzeug zugestellt, sodass die Ökobilanz noch schlechter ausfällt als in der restlichen Textilbranche, die laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) insgesamt für zwei bis acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen sorgt.
In Frankreich, wo Billigladenketten wie Kookaï, Célio oder Naf Naf seit Jahren Konkurs machen, will man der Fast Fashion nun einen Riegel schieben. Die französische Nationalversammlung hat dazu vergangene Woche einstimmig ein Gesetz gutgeheissen. Derzeit berät der Senat als Zweitrat; seine Zustimmung gilt ebenfalls als sicher. Wie Umweltminister Christophe Béchu erklärte, wird Frankreich damit «das erste Land, das die Exzesse der Ultra Fast Fashion bekämpft».
Der von der Mittepartei Horizons eingebrachte Vorstoss schränkt zum einen die Werbung für Fast Fashion stark ein. Die Ankündigung von Aktionen ist ausserhalb der Plattform nicht mehr erlaubt. Marketingexperten sehen darin eine gravierende Einschränkung für die Onlineplattformen, die sich ohne Zwischenhandel direkt an die Kundschaft wenden. Die konkreten Ausführungserlasse sind noch nicht bekannt, doch gehen Regierungsjuristen in Paris davon aus, dass zum Beispiel auch Influencerinnen unter das Werbeverbot fallen dürften.
Die Gesetzesinitiantin Anne-Cécile Violland plante ausserdem die Einführung einer direkten Steuer auf Fast-Fashion-Produkte. Das würde aber wenig Sinn machen, da der europäische Zollfreibetrag bei 150 Euro liegt. Selbst wenn der bestellte Betrag höher ausfällt, liesse sich die Steuer umgehen, indem die Bestellungen - durch die Kunden oder die Anbieter wie Shein – aufgeteilt werden.
Kernpunkt des neuen Gesetzes ist eine Strafgebühr für Massenprodukte. Je unökologischer die Fabrikation ist, desto höher fällt sei aus. Sie betrifft allerdings nicht die einzelnen Produkte, sondern den gesamten Fast-Fashion-Umsatz des Unternehmens. Die genau Höhe dieser «Ökobusse» steht noch nicht fest, soll aber so festgelegt werden, dass sie für ein normales Kleidungsstück rund 5 Euro betragen dürfte; ab 2030 soll dieser Betrag dann auf 10 Euro steigen. In keinem Fall darf sie mehr als die Hälfte des Verkaufspreises betragen.
Auch wenn dieser Mechanismus keine eigentliche Produktesteuer ist, kommentierte Shein umgehend, das neue Gesetz «werde die Kaufkraft der französischen Konsumenten beeinträchtigen». Violland bestreitet hingegen, dass die meist minderbemittelte Käuferschaft in ihrer Brieftasche getroffen werde: Das Strafgeld werde ja dem Unternehmen in Rechnung gestellt, und dieses sei nicht gezwungen, es auf die Konsumentinnen und Konsumenten zu überwälzen.
Die Modeschöpferin Julia Faure, die ein nachhaltiges Kollektiv namens «En mode climat» gegründet hat, erklärte zudem, die erhobene Ökogebühr fliesse nicht in die Staatskasse. Sie werde vielmehr als «Malus» angelegt und solle als «Bonus» Unternehmen zugutekommen, die nachhaltig produzieren und die Arbeiterrechte in den Fabriken Chinas oder Bangladeschs einhalten.
Linksparteien und die Grünen verlangten in der Nationalversammlung eigentliche Importquoten für Produkte der Fast Fashion. Sie drangen damit aber nicht durch, weil die Regierung in Paris Retorsionsmassnahmen von Ländern wie China befürchtet. Dadurch könnten die französischen Luxuskonzerne wie LVMH oder Hermès empfindlich getroffen werden - und für sie gewinnt der chinesische Markt ständig an Bedeutung.
Auch so ist nicht ausgeschlossen, dass Peking ähnliche Strafgebühren einführt, die auf die französischen Qualitätsprodukte abzielen. Umweltminister Béchu hofft deshalb, dass die EU nachziehen und eine ähnliche Direktive erlassen wird. Brüssel hatte schon 2022 ein Ökosiegel für langhaltende oder recycelbare Kleider eingeführt. Die Übernahme der französischen Strafmassnahmen für Fast-Fashion-Produkte auf europäischer Ebene scheint aber umstrittener.
Zudem bin ich auch nicht reicht. Trotzdem kaufe ich auch mal ein bisschen teurere Kleider, wenn diese qualitativ oder vom Arbeiterschutz besser sind. Ich kaufe halt auch nicht jedes Jahr neue T-Shirts oder Jacken. Gibt wahrscheinlich etliche Geringverdiener, die durch diese Biligstkleider dazu animiert werden mehr zu kaufen und schlussendlich mehr ausgeben als ich.
Im Kokaï kostet ein T-Shirt 50 Euro, eine Tasche 150.- ...