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Veganismus: Vegi-Wurst darf in Frankreich nicht mehr Wurst heissen

Vegi-Wurst darf in Frankreich nicht mehr Wurst heissen

Eine Wurst muss aus Fleisch bestehen – so will es die französische Regierung. Lebensmittelproduzenten müssen sich nun neue Namen für Fleischersatzprodukte überlegen.
01.07.2022, 12:0301.07.2022, 17:16
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In Frankreich darf eine vegane Wurst bald nicht mehr als Vegi-Wurst bezeichnet werden. Dasselbe gilt für alle pflanzenbasierte Fisch- und Fleischprodukte. Ein neues Dekret der Regierung will, dass Alternativ-Produkte besser von herkömmlichen Fleischprodukten unterschieden werden können.

«Die Verwendung von Begriffen, die traditionell mit Fleisch und Fisch in Verbindung gebracht werden, zur Bezeichnung von Erzeugnissen, die nicht zum Tierreich gehören, wird nicht mehr möglich sein», heisst es in einer neuen öffentlichen Verordnung. Frankreich ist somit das erste Land Europas, welches sich von Begrifflichkeiten wie Vegi-Steak verabschiedet.

Dekret auf Druck der Fleischindustrie

Die Fleischindustrie hat ein solches Dekret seit Längerem angestrebt. Der Entscheid sei «ein wesentlicher Schritt zugunsten der Informationstransparenz für den Verbraucher sowie der Erhaltung unserer Produkte und unseres Know-hows», freut sich Jean-François Guihard, Vorsitzende des Verbandes französischer Viehzüchter und Fleischverarbeiter.

«Es ist verboten, zur Bezeichnung eines verarbeiteten Produkts, das pflanzliche Proteine enthält, einen Namen zu verwenden, der die spezifische Terminologie von Metzgerei, Wurstwaren oder Fischwaren verwendet.»

Alle grossen Gewerkschaften der Geflügelproduzenten bis hin zum Wurstsektor begrüssen den Entscheid. Für die Bauernverbände ist dies allerdings nur ein kleiner Erfolg. Gemäss den Verbänden ist das Dekret nur «ein erster Schritt zum Schutz der traditionellen Namen von Rezepten auf Fleischbasis».

Die Ersatzprodukte benötigen in Frankreich nun einen neuen Namen.
Die Ersatzprodukte benötigen in Frankreich nun einen neuen Namen.bild: shutterstock

Gesetz gilt nur für französische Produkte

Denn: Die neue Verordnung gilt nur für Produkte, die in Frankreich hergestellt werden. Lebensmittelimporteure aus dem Ausland dürfen ihre Produkte in Frankreich weiterhin mit Bezeichnungen wie Vegi-Würstchen vermarkten.

Die Verbände fordern die Regierung deshalb auf, eine Ausweitung innerhalb der Europäischen Union anzustreben. Bislang gilt in der EU eine ähnliche Regelung für vegane Alternativen zu Milchprodukten. 2017 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass vegane Lebensmittel nicht unter Bezeichnungen wie Milch, Butter und Käse verkauft werden dürfen. Die Mandelmilch wurde zu Mandeldrink umbenannt.

Für Fleisch- und Fisch gibt es ein solches Gesetz in der EU nicht. 2020 lehnte man einen entsprechenden Gesetzesentwurf ab. Auch der Kompromissentwurf, der eine deutlichere Kennzeichnung der Ersatzprodukte wie «ohne Fleisch» verlange, wurde nicht angenommen.

Folgen des Erlasses

Bedauert wird der Entscheid vom nationalen Observatorium für pflanzliche Ernährung (ONAV) besonders in Hinblick auf den Klimawandel. Die Massnahme diene laut der Organisation nur zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Fleischindustrie und würden den nachhaltigeren und gesünderen Übergang zu pflanzlichen Alternativen von Fleisch und Fisch gefährden.

Die Regel tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft. Produkte, die bereits hergestellt wurden, dürfen bis zum 31. Dezember 2023 noch verkauft werden. Bis dahin haben die Produzenten Zeit, sich neue Namen für «saucisse végétalienne», «burger végétalien» und Co. zu überlegen. (cst)

Habt ihr bereits einen Vorschlag, wie die Produkte künftig heissen könnten? Ab damit in die Kommentare!
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187 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sleepimust
01.07.2022 12:27registriert Oktober 2015
Der wahre Skandal ist doch der Fleischvogel!!1!!11
Jahrelang gekauft in der Annahme, dass dies Vogelfleisch sei...
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Jamaisgamay
01.07.2022 14:14registriert April 2016
Mein Vorschlag: Sanscisson
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Relativist
01.07.2022 12:35registriert März 2018
Das macht semantisch überhaupt keinen Sinn. Beim Wort "Wurst", weiss die Konsumentin nicht aus was sie (die Wurst) hergestellt ist. Es braucht immer die Qualifikation Kalb, Rind, Schwein, Poulet, Truthahn, etc. Ob hier nun noch 'Soya' hinzukommt oder nicht, spielt nun wirklich keine Rolle. Aber eben, die Macht der Fleischlobbies in Europa ist noch extrem gross.

Und jetzt warten wir auf all die Wenn-Ihr-kein-Fleisch-essen-wollt-warum-wollt-ihr-dann-Würste Argumente. *gähn*
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