Französischer Gewerkschaftschef will Mediation – gleichzeitig sind neue Proteste geplant
Der Chef von Frankreichs grösster Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, hat eine Mediation im festgefahrenen Streit um die Rentenreform vorgeschlagen.
Die durchs Parlament gedrückte Reform von Präsident Emmanuel Macron müsse für einige Wochen ausgesetzt werden, um Beratungen mit einem kleinen Kreis von Vermittlern zu ermöglichen, sagte Berger am Dienstagmorgen zu Beginn eines erneuten landesweiten Protesttags dem Sender France inter.
Macron habe die Gewerkschaften zu Gesprächen über Themen der Arbeitswelt eingeladen. Das mache Sinn, wenn die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vorübergehend ausgesetzt und die Rentenfrage mitdiskutiert werde.
Erneute Streiks und Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich geplant
In Frankreich haben die Gewerkschaften für diesen Dienstag erneut zu Streiks und Kundgebungen gegen die umstrittene Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron aufgerufen. Für den zehnten landesweiten Protesttag rechnen die Behörden mit rund 650 000 bis 900 000 Teilnehmern. Erwartet wurde auch eine deutlich stärkere Beteiligung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden. Die über Wochen friedlichen Proteste wurden zuletzt von massiver Gewalt und Auseinandersetzungen überschattet. In Paris forderte die Polizei Inhaber auf, ihre Geschäfte entlang der Demonstrationsroute zu schliessen.
Für den Dienstag werden landesweit 13 000 Polizisten mobilisiert, kündigte Innenminister Gérald Darmanin am Montagabend an. 5500 der Beamten sollen in Paris im Einsatz sein. Es handele sich um beispiellose Sicherheitsvorkehrungen angesichts von Übergriffen und Gewalt bei den vorangegangenen Protesten. Rund 1000 polizeibekannte Linksextremisten teils auch aus dem Ausland würden sich womöglich am Dienstag unter die Demonstranten in Paris und anderen Grossstädten mischen, sagte Darmanin. Der Minister rief die Demonstranten auf, sich von Gewalttätern zu distanzieren.
Nach Vorwürfen von Polizeigewalt während der jüngsten Rentenproteste seien 17 Ermittlungsverfahren gegen Beamte eingeleitet worden, sagte der Innenminister. Er rief die Polizei für diesen Dienstag auf, auf keinerlei Provokation während der Proteste einzugehen und nahm die Beamten vor pauschalen Anschuldigungen in Schutz. Auch in den Reihen der Polizei seien etliche gegen die Rentenreform.
Paris setzt Bagger gegen Müllberge ein
Auch die Müllabfuhr in Paris streikt aufgrund der Rentenreform. Nach über drei Wochen setzt die Stadt Paris auch Bagger ein, um die Abfallberge von den Strassen wegzuschaffen. Um die noch verbleibenden 7000 Tonnen Müll zu beseitigen, kämen auch besondere Fahrzeuge wie Greifbagger zum Einsatz, teilte die Stadt Paris am Dienstag mit.
Die Polizei hatte das Personal vor einigen Tagen zum Dienst verpflichtet, nachdem die Abfallberge auf über 10 000 Tonnen angewachsen waren. Betroffen ist nur die Hälfte von Paris, in der die kommunale Müllabfuhr zuständig ist.
Die grossen Mengen an aufgehäuftem Abfall stellten bislang kein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung dar. Auch die Anwesenheit von Ratten, die nicht nennenswert zugenommen habe, sei kein besonderes Problem, hiess es. Die Stadt bleibe in diesem Punkt wachsam und stehe in ständigem Kontakt mit der regionalen Gesundheitsbehörde, die bestätigt habe, dass es keine Notlage gebe.
Ein Privatunternehmen fährt den Abfall in den anderen Stadtbezirken ab. Ein dort bereits angekündigter Streik konnte zu Wochenbeginn abgewendet werden. Im Fokus der Räumeinsätze der Müllabfuhr stehe nun die Route des Paris-Marathons am nächsten Sonntag, hiess es seitens der Stadt. (sda/dpa/oee)