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Frankreich: Macron und Le Pen an der Spitze der Wahlen – die Reaktionen

«Auslöschung Frankreichs in Europa droht» – das sind die Reaktionen zum ersten Wahlgang

11.04.2022, 06:3311.04.2022, 12:48
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Am Sonntag ist in Frankreich der erste Gang der Präsidentschaftswahl über die Bühne gegangen. Dabei blieben grosse Überraschungen aus. Nachdem 97 Prozent der Stimmen ausgezählt sind, kommt der amtierende Präsident Emmanuel Macron mit 27,6 Prozent auf die meisten Stimmen, die rechte Politikerin Marine Le Pen zieht mit 23,41 Prozent wie schon vor fünf Jahren in den zweiten Wahlgang ein.

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Während sich die beiden Spitzenreiter über ihr Wahlergebnis freuten, gab es zahlreiche Geschlagene – etwa die Linke, welche erneut den Einzug in den zweiten Wahlgang verpasste, oder der rechtsextreme Éric Zemmour.

Die Resultate:

Im Folgenden geht es um die Reaktionen der Kandidatinnen und Kandidaten mit den meisten Stimmen.

Emmanuel Macron

Der amtierende Präsident bedankte sich beim Volk für die vielen Stimmen. «Euer Vertrauen ehrt mich, verpflichtet mich und motiviert mich», so der Kandidat der République en Marche. Gleichzeitig betonte er, dass die kommenden Wochen extrem wichtig seien. «Noch ist nichts entschieden», sagte er. «Die Debatte der nächsten 15 Tage ist entscheidend für unser Land und Europa.» Die Wahl vom 24. April sei eine «Wahl der Hoffnung», sagte er. «Wenn die Rechtsextreme in all ihren Formen so viel Rückhalt im Land hat, kann man nicht davon sprechen, dass die Dinge gut laufen.»

In seiner Rede versprach Macron zudem ein Engagement auf verschiedensten Fronten. Er sprach von einem «unabhängigen Frankreich» auf allen Ebenen und einem Land mit grosser Kaufkraft, sprach aber auch etwa Umwelt-Themen wie erneuerbare Energien an.

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Emmanuel Macron warnte in seiner Rede vor voreiligem Optimismus.Bild: keystone

Zudem warnte Macron vor Hass gegenüber anderen Kulturen. «Ich will ein Frankreich, das gegen den islamistischen Separatismus kämpft, aber keines, das Moslems oder Juden verbietet, das zu essen, was ihre Religion vorschreibt. So sind wir nicht.» Er wolle ein Frankreich für jede und jeden.

Marine Le Pen

Die Rechtsaussen-Politikerin zeigte sich erfreut darüber, wie schon vor fünf Jahren im zweiten Wahlgang zu stehen. «Es ist mir eine Ehre», sagte Le Pen. Auch sie betonte, wie wichtig die anstehende Wahl sei. «Was am 24. April auf dem Spiel steht, ist keine Wahl der Umstände, sondern eine Entscheidung für die Gesellschaft, sogar eine Entscheidung für die Zivilisation», so Le Pen.

French far-right candidate Marine Le Pen delivers a speech at her election day headquarters in Paris, Sunday, April 10, 2022. French polling agency projections show incumbent French President Emmanuel ...
Marine Le Pen hat es erneut in den zweiten Wahlgang geschafft.Bild: keystone

Die Politikerin des Rassemblement National versprach, bei einer Wahl zur Präsidentin jederzeit Frankreich in den Mittelpunkt ihrer Entscheidung zu stellen. «Unser Land soll eine Macht des Friedens werden», forderte sie, «Frankreich soll frei sein, für sich selbst zu entscheiden.» Konkret soll das heissen: «Ich werde die Immigration kontrollieren und die Sicherheit wiederherstellen.» Davon sollen vor allem auch die «simplen Bürger» profitieren können, die es gemäss ihren Worten in den letzten fünf Jahren schwer gehabt haben sollen.

Le Pen versprach, bei einer Wahl würde sie «Frankreich in fünf Jahren in Ordnung bringen.» Sie rief die Leute, welche im ersten Wahlgang nicht für Macron gestimmt hatten, dazu auf, sich ihr anzuschliessen. In ihrer Bewegung gebe es auch für sie Platz.

Jean-Luc Mélenchon

Für die linkspopulistische France insoumise endete die Wahl in einer Enttäuschung – wie vor fünf Jahren blieb Jean-Luc Mélenchon hinter Marine Le Pen. Der 70-Jährige nannte die Situation für seine Partei eine Sisyphus-Aufgabe – «der Stein rollt den Berg hinunter, aber wir müssen ihn wieder hinaufbringen. Wir werden weiterkämpfen», versprach er.

French far-left candidate Jean-Luc Melenchon comments on preliminary results of the first round of the presidential election in Paris, France, Sunday, April 10, 2022. Up to 48 million French voters he ...
Jean-Luc Mélenchon gehört trotz mehr als 20 Prozent der Stimmen zu den Geschlagenen.Bild: keystone

Bei Mélenchon fiel in seiner Rede derweil nicht nur das auf, was er sagte, sondern auch das, was er nicht aussprach – so verzichtete er darauf, sich aktiv hinter Emmanuel Macron zu stellen und seine Wähler dazu aufzurufen, ihm ihre Stimme zugeben. Stattdessen warnte er vor Gegnerin Marine Le Pen. «Wir wissen, für wen wir niemals abstimmen werden», so Mélenchon, ehe er gleich dreimal sagte: «Man sollte Madame Le Pen keine einzige Stimme geben!» Deshalb versuchte er auch, seine Anhänger zu beschwichtigen. «Ich kenne eure Wut. Gebt euch nicht der Gefahr hin, dass sie euch Fehler begehen lässt, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.»

Éric Zemmour

Auch für den rechtsextremen Politiker endete die Wahl in einer Enttäuschung. Ein Einzug in den zweiten Wahlgang wäre einer Überraschung gleichgekommen, doch die sieben Prozent, welche Zemmour erhielt, waren tiefer als erwartet. Dennoch bedankte sich auch Zemmour bei seinen Anhängern. Das sei erst der Anfang, versprach er. Immerhin habe man bereits die «alten, sterbenden Parteien» überholt.

French far-right candidate Eric Zemmour addresses his supporters after preliminary results were announced for the first round of the presidential election in Paris, France, Sunday, April 10, 2022. Up  ...
Zemmour erhielt nur etwa sieben Prozent der Stimmen – nun will er Marine Le Pen zum Sieg verhelfen.Bild: keystone

«Ich bin angetreten für Frankreich, weil ich glaube, dass es in Gefahr ist. Das erwartete Duell (zwischen Macron und Le Pen, Anm. d. Red.) schien mir unsere Ideen in Gefahr zu bringen. Ich bete zum Himmel, dass ich mich geirrt habe», so der 63-Jährige. Zudem rief er seine Anhänger dazu auf, im zweiten Wahlgang Marine Le Pen zu wählen. Er habe zwar nicht die selben Ansichten wie sie, erklärte er, dennoch sei sie die bessere Wahl. «Wenn ihr gegenüber ein Mann steht, der zwei Millionen Immigranten ins Land gelassen hat, weiss ich, wer hier der Gegner ist», so Zemmour.

Valérie Pécresse

Für Pécresse gab es eine krachende Niederlage – vor fünf Jahren hatte ihre Partei Les Républicains unter François Fillon den zweiten Wahlgang nur ganz knapp verpasst, diesmal kam sie nur gerade auf knapp fünf Prozent aller Stimmen. «Ich wollte euch überzeugen, dass Frankreich mit einer richtigen rechten Politik mit Werten wie Autorität, Freiheit und Arbeit die beste Lösung ist», sagte sie. Ihre Niederlage erklärte sie damit, dass sie zwischen zwei Fronten stand – zwischen den Wählern Macrons und denjenigen der extremen Rechten.

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Valérie Pécresse gab sich selbst die Schuld für die Wahlniederlage.Bild: keystone

Pécresse fand aufgrund des niederschmetternden Resultates klare Worte. «Ich nehme die Verantwortung ganz auf mich», sagte sie. Gleichzeitig sei sie nach wie vor überzeugt vom Projekt ihrer Partei. Für die Wahl vom 24. April erklärte Pécresse, es sei nun wichtig, Macron zu wählen. «Ich will mit meiner Politik sowohl die extreme Linke als auch die extreme Rechte bekämpfen», sagte sie. Eine Wahl Le Pens würde der «Auslöschung» Frankreichs gleichkommen, warnte sie.

Yannick Jadot

Die grüne Partei Europe Écologie-Les Verts kam wie erwartet auf einen relativ geringen Wähleranteil. Gleichwohl sagte Jadot, er sei «stolz» auf das, was seine Partei zuletzt geleistet habe. Die «extrem wichtigen» Anliegen wie etwa der Umweltschutz seien bei der Wahl aber übergangen worden. Daraus werde man nun die richtigen Lehren ziehen, versprach Jadot.

French green party presidential candidate, Yannick Jadot, jokes with Strasbourg mayor Jeanne Barseghian, as he meets Evelyne Hermann, a farmer victim of frost after plunging April temperatures around  ...
Yannick Jadots Partei Europe Écologie-Les Verts erhielt die sechstmeisten Stimmen.Bild: keystone

Im Gegensatz zu Mélenchon forderte Jadot seine Wähler zudem aktiv dazu auf, Emmanuel Macron zu wählen. «Ich bitte euch, die extreme Rechte zu blockieren und für Macron zu stimmen», so der grüne Politiker. «Niemand soll die Gefahr klein reden, welche die extreme Rechte für unsere Werte darstellt.» Gleichzeitig richtete er mahnende Worte an Macron: «Unsere Stimmen bekommt er nicht für seine ausbleiben Handlungen für das Klima.»

Der Ausblick

Der zweite Wahlgang in Frankreich findet am 24. April statt. Dann wird entschieden, ob Emmanuel Macron eine zweite Amtszeit erhält oder ob Marine Le Pen erstmals Präsidentin wird. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos sieht den Amtsinhaber mit 54 Prozent der Stimmen leicht im Vorteil. (dab)

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109 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Special K
11.04.2022 07:19registriert August 2016
Dass Le Pen, die offen von Putin unterstützt wurde, überhaupt so viele Stimmen holen konnte, ist unglaublich.
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ZEUS aKal-El
11.04.2022 07:06registriert März 2021
Ich bin ehrlich gesagt schockiert das ein Rechtsextremer so viele Stimmen bekommt. Und Le Pen geht ja auch noch in die Richtung.
Und die Rethorik der Parteien erinnert schon bisschen an die USA wo jeder den Untergang seines Landes im Gegenkandidat sieht.
Scheint als wären die Fronten auch da verhärtet.

Nun wird die Stich-Wahl hoffentlich ein Statement gegen den Extremismus:
Ein haushoher Sieg für Macron!🇫🇷💪
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Wysel Gyr
11.04.2022 07:17registriert Oktober 2021
Früher war es ein Axiom, dass man nicht Rechtextrem sein darf. Unsere Grosseltern hätten uns das nie erziehen. Mit dem Wegsterben dieser Generation ist diese feste Überzeugung und der Schrecken der letzten Faschisten ebenfalls gestorben. Wir werden es bereuen, wenn wir uns nicht jetzt diesen Entwicklungen vehement und selbstbewusst und selbstverständlich entgegen setzen.
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