Wieso sind Sie Republikaner?
Daniel Chen: Das geht auf 2016 zurück, als Trump gegen Hillary Clinton kandidierte. Alle meine Schulfreunde und die Lehrer waren gegen Trump. Sie sagten, das sei ein übler Typ mit schlechtem Charakter. Als ich dann meinen Vater fragte, wen er wähle, sagte er Trump, weil dieser gut für die Wirtschaft sei und mit den vielen Vorschriften aufräumen werde. Das machte mich nachdenklich. Ich fing an, mich selbstständig umzusehen. Ich schrieb mich bei den Debattierklubs ein und begann, Reden anzuhören und Politisches zu lesen. Einer der Lehrer in den Debattierteams war grossartig. Er lehrte uns, die Standpunkte der anderen Seite zu verstehen. Er ist libertär.
Wer ist Ihr Vater?
Er ist Software-Ingenieur. Meine Mutter und er sind aus China eingewandert. Mein Vater kümmert sich nicht allzu sehr um Politik. 2012 wählte er den Republikaner Mitt Romney, 2016 Trump, 2020 Biden.
Und 2024?
Meine Eltern wollen nicht wählen. Sie haben beide Kandidaten über.
Und Sie?
Ich wähle Trump.
Der stereotypische Trump-Wähler ist ein weisser, schlecht gebildeter, missgelaunter alter Knacker, der hinter allem, was er nicht mag, eine Verschwörung sieht.
Diese Stereotypen sind nicht wahr. Sie treffen nur auf eine Minderheit am Rand von Trumps Anhängerschaft zu. Die Linke und die Medien versuchen, die Unterstützung für Trump als Zustimmung zu seinen schlechten Eigenschaften hinzustellen. Ich glaube aber, dass die Leute Trump wegen seiner guten Eigenschaften unterstützen und die schlechten ausblenden.
Was sind die guten Eigenschaften?
Ich denke, er hat gute politische Instinkte. Er versteht es ausgezeichnet, seine Gegner niederzumachen. Das mögen die Leute. Zudem hat er gut regiert und viele konservative Kernanliegen durchgebracht, als er Präsident war. Wenn er wieder gewählt wird, werden wir dasselbe sehen.
Was sind schlechte Eigenschaften von Trump?
Ein negativer Faktor ist, dass er die Dinge schwarz und weiss sieht. Er unterteilt die Menschen in jene, die loyal zu ihm sind oder nicht. Das treibt ihn dazu, auch solche als Feinde zu attackieren, die eigentlich nicht gegen ihn sind. So gesehen ist er selbst sein ärgster Feind. Und sein Charakter ist nicht berauschend, das ist ein anderer Negativpunkt. Trump war viele Jahre eine Celebrity und bis zu seiner Präsidentschaftskandidatur Teil der linken Hollywood-Kultur.
Trump hält daran fest, dass die Wahl 2020 ein Betrug war und er gewonnen hat. Stimmen Sie zu?
Ich glaube das nicht. Er hat fair und klar verloren. Er reitet weiter auf der Idee herum, dass die Wahl 2020 ein Diebstahl war. Ich kann sein Gejammer tolerieren, aber ich stimme sicher nicht zu.
Wie halten Sie es mit dem Klimawandel? Viele Trump-Anhänger halten auch das für einen Betrug.
Ich glaube, der Klimawandel ist Realität. Ich denke übrigens, dass Trump das auch glaubt. Aber die Auswirkungen werden übertrieben. Die Medien und die Demokraten machen uns glauben, dass wir es mit einer existenziellen Bedrohung zu tun haben. Die Alarmisten haben das Ende der Welt schon mehrfach angekündigt, und es ist nicht eingetreten. Wir sollten vernünftige Klimamassnahmen ergreifen, aber keine radikalen. Wir sollten die Atomenergie nochmals anschauen und Innovationen eingehender prüfen.
Wie beurteilen Sie Trumps Drohungen gegen Migranten und Migration?
Man muss klar zwischen legaler und illegaler Einwanderung unterscheiden. Wir sollten jede illegale Immigration abweisen und alle Illegalen deportieren, aber wir sollten weiterhin legale Einwanderer aufnehmen. Meine Eltern sind aus China gekommen, mit Visa, Aufenthaltsbewilligung und schliesslich Einbürgerung. So läuft das Verfahren. Amerika ist eine Nation von Einwanderern. Wir nehmen die Besten und Fähigsten auf, die hart arbeiten. Bei der illegalen Einwanderung wissen wir nicht, wer kommt. Es können Kriminelle oder Terroristen sein, sie saugen unsere Ressourcen ab, und sie haben keinen Respekt vor dem Gesetz.
Solchen Verdächtigungen war jede Gruppe von neuen Einwanderern in Amerika ausgesetzt. Ist die Feindseligkeit gegen illegale Einwanderer vor allem aus Lateinamerika rassistisch motiviert?
Das glaube ich nicht. Ich komme aus Texas. Das ist ein ziemlich hispanisch geprägter Gliedstaat. Letzten Sommer arbeitete ich in San Marcos, einer texanischen Kleinstadt, sehr ländlich, mit vielen Menschen, die Sie als stereotypische Trump-Wähler bezeichnen. Alle kamen mit den Mexikanern gut aus und waren über die illegale Einwanderung sehr beunruhigt. Diejenigen, die die weniger begüterten Weissen auf dem Land pauschal als Rassisten beschimpfen, sind die gut betuchten Weissen in den reicheren Gebieten, wie das Quartier in Austin, in dem ich aufgewachsen bin. Meine Freunde und Kollegen dort sind alle Liberals. Im Übrigen gibt es viele Hispanics, die illegale Einwanderung auch ablehnen. Deshalb gewinnt Trump unter ihnen an Zustimmung. Wenn Trump sagen würde, dass er gegen jegliche Einwanderung ist, würde ich ihn nicht unterstützen.
Die Demokraten verweisen auf starke Wirtschaftsdaten und sagen, die Wirtschaft stehe gut da. Kommt das bei Ihnen an?
Nein. Der Wirtschaft geht es schlecht. Wenn die Leute von der Wirtschaft sprechen, reden sie über die Inflation. Alles ist teurer geworden, man sieht es beim Einkaufen oder an der Tankstelle. Deshalb denken die Leute, dass die Wirtschaft schlecht dasteht. Biden hat eine schreckliche Inflation zugelassen, die vollständig zu verhindern gewesen wäre.
Wie?
Die Biden-Regierung hat die absurd hohen Covid-Ausgaben fortgesetzt, als die Pandemie schon vorbei war, und die Ausgaben mit ihrem Inflation Reduction Act nochmals erhöht. Daneben hat die Notenbank die Zinsen zu lange auf einem historisch tiefen Stand belassen, anstatt sie zu erhöhen.
Viel zu reden geben social issues wie Rassismus- und Geschlechterfragen, die sexuelle Orientierung. Wie wichtig ist das für Sie?
Für die allgemeine Bevölkerung sind diese Dinge weniger wichtig. Der Wahlkampf dreht sich um Einwanderung und die Wirtschaft. An der Uni spielen sie eine gewaltige Rolle, weil die linksgerichteten Studenten und die Professoren in der Mehrheit sind. Die Linke hat eine Rassenhierarchie konstruiert, in der sie alle Weissen als inhärent privilegiert und alle Schwarzen als am wenigsten privilegiert einstuft. Die Hispanics, vielleicht die Asiaten und andere «Nichtweisse» liegen dazwischen. Auf dieser Grundlage werden Menschen nach affinity groups geordnet und Jobs oder Zulassungen gemäss DEI-Programmen vergeben – diversity, equity, inclusion. Es geht zu weit.
Gilt das auch für die Noten? Was geschieht, wenn Sie diese Systeme infrage stellen?
Du liegst auf Linie, oder du bekommst eine schlechte Note.
Wie wichtig wird die Abtreibungsfrage werden, und wie stehen Sie zum Recht auf Abtreibung?
Sie wird von Einwanderung und Inflation überschattet. Die Aufhebung des Rechts auf Abtreibung durch das Oberste Gericht liegt zwei Jahre zurück. Die Leute gewöhnen sich an den neuen Status quo. Ich persönlich bin pro life. Ich glaube, dass jegliche Abtreibung verboten werden sollte, ausser in Fällen, in denen das Leben der Mutter auf dem Spiel steht.
Verfolgen Sie, was auf der Welt geschieht? In Europa fürchten sich viele vor einer zweiten Amtszeit von Donald Trump, weil sie ihn für unberechenbar, unstet und gefährlich halten.
Sie haben in der ersten Amtszeit falschen Alarm geschlagen, und nichts ist geschehen. Trump war der erste Präsident seit Langem, der keinen neuen Krieg angefangen hat. Als er Präsident war, hatten wir eine friedlichere Welt. Hamas hat Israel nicht angegriffen. Russland hat die Ukraine nicht angegriffen. Es gab Frieden in Asien. Unter Biden, angeblich ein Meister der Aussenpolitik, sehen wir, wie die Welt in Flammen aufgeht.
Ein Präsident Trump würde der US-Hilfe für die Ukraine den Stecker ziehen.
Er wird versuchen, ein Ende des Kriegs auszuhandeln. Die Europäer mögen das vielleicht nicht. Sie können sich beklagen, so viel sie wollen. Wenn Europa so viel daran liegt, können sie ihren eigenen Teil leisten.
Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA fürchten manche, dass Trump ein Autokrat sein wird, ein autoritärer Herrscher ohne Rücksicht auf die Spielregeln. Viele denken, dass das gefährlich ist.
Er hat autoritäre Tendenzen, ich sehe das. Aber ich bin nicht beunruhigt. Unser verfassungsrechtlicher Rahmen wird stark genug sein, um ihn in Schach zu halten. Und nach einer zweiten Amtszeit wird er die politische Bühne verlassen und Platz für eine jüngere Generation von Republikanern und Konservativen machen.
Ändert sich Ihre Haltung, wenn Trump verurteilt wird? Wie viel Gewicht haben die vielen Gerichtsklagen für Sie?
Ich denke, dass sie abgewiesen werden sollten. Sie sind alle absurd. Keine einzige würde gegen einen anderen politischen Kandidaten erhoben werden. Es gibt sie nur, um seine Ressourcen zu strapazieren. An keinem Fall ist irgendetwas dran. Das zeigt sich auch in den Umfragen. Würde Trump verurteilt, würde es meine Meinung in keiner Weise ändern. Ich brauche kein Gericht, um mir eine Meinung zu bilden.
Ich treffe eine Menge Leute, die Donald Trump verehren wie einen Führer. Es ist wie ein Kult. Wie stehen Sie dazu?
Es gibt schlechte Seiten bei Trump und seinen Anhängern. Ich bin nur ein Trump-Anhänger, weil es keine Alternative gibt. Bei den Vorwahlen unterstützte ich Vivek Ramaswamy und nach dessen Ausstieg Ron DeSantis. Wir brauchen einen Generationenwechsel, neue Leitfiguren. Nach einer zweiten Trump-Präsidentschaft wird das kommen.
Warum hatten DeSantis und Ramaswamy nicht mehr Erfolg?
Die Leute wählen Trump, weil er unterhaltsam und charismatisch ist.
Woher nehmen Sie Ihre Informationen? Social Media?
Meine Nutzung von Social Media ist ziemlich beschränkt. Die TV-Nachrichten schaue ich gar nicht mehr, ich will ihre Ratings nicht verbessern. Das meiste, was ich weiss, kommt von langen Formaten wie Videos von Vorträgen. Viel von YouTube. Und ich mag Podcasts.
Schauen und hören Sie Steve Bannon, den ersten Strategen und Berater von Trump?
Nie. Fast niemand spricht von Steve Bannon. Er ist unbedeutend.
Sie haben gesagt, dass Ihre Eltern nicht wählen werden. Viele sind nicht zufrieden, dass sie zwischen zwei sehr alten Männern wählen müssen. Wer wird von einer niedrigen Wahlbeteiligung profitieren?
Es wird Biden wehtun, weil er unglaublich unpopulär ist, und weil die Demokraten nicht so begeistert sind, um für ihn mobil zu machen. Biden-Wähler werden zögerlich zur Wahl gehen. Die Republikaner haben derzeit mehr Energie. Wer Trump mag, wird barfuss über Glassplitter gehen, um ihn zu wählen.
Das ist doch ein Paradebeispiel eines einseitig informierten republikanischen Wählers, welcher aus Prinzip Trump wählt.