Auf der schwarzen Ledercouch planen eigentlich Touristen ihre Velotouren und Wanderungen rund um die beliebte Ferieninsel – heute nimmt Gotlands höchster Militär hier Platz. Wir treffen Dan Rasmussen, den kommandierenden Offizier des Gotland-Regiments, in einem Landhaus südlich des Hauptortes Visby.
Die russische Exklave Kaliningrad ist keine 300 Kilometer entfernt. Käme es zu einem Angriff auf Schweden, wäre Rasmussens Truppe die erste Verteidigungslinie.
Seit einem halben Jahr ist Rasmussen Kommandant des Regiments, das im Kriegsfall rund 4000 Soldaten umfassen soll. Davor war er drei Jahre bei der Nato in Brüssel stationiert.
Herr Oberst, wie gross ist die Bedrohung durch Russland im Moment?
Dan Rasmussen: Es geht weniger darum, dass ein Krieg morgen ausbrechen würde. Aber die Streitkräfte betonen das schon länger: Es besteht ein gewisses Kriegsrisiko, deshalb erhöhen wir die Verteidigungskapazitäten. Das Militär erhält mehr Mittel. Die Zivilgesellschaft darauf vorzubereiten, wird aber ein längerer Prozess sein. Deshalb informieren wir die Menschen jetzt über die Ernsthaftigkeit der Lage.
Wie wichtig sind ihre Truppen auf Gotland, wenn es zu einem russischen Angriff kommen sollte?
Sehr wichtig, wir müssen einen potenziellen Angreifer abschrecken. Das hier ist Schwedens Frontlinie in Richtung Osten. Ausserdem ist Gotland eine Schlüsselstelle für die kommende Nato-Mitgliedschaft. Gotland ist wegen seiner Lage in der Ostsee strategisch sehr bedeutsam. Wer Gotland besitzt, hat die Kontrolle über Bewegungen in der Luft und auf dem Wasser in Teilen der Ostsee.
Was wird sich für Sie durch die Nato-Mitgliedschaft ändern?
Sobald wir in die Nato-Planung vollends integriert sind, werden wir zunächst eine Menge Besuche von Nato-Offizieren sehen, um auszuloten, wie wir genau in die Nato-Planung hineinpassen. Danach werden wir gemeinsame Übungen mit Nato-Partnern abhalten. Bevor ich auf Gotland kam, habe ich drei Jahre im Nato-Hauptquartier in Brüssel gearbeitet. Dort liegt schon seit Längerem grosse Aufmerksamkeit auf Gotland, vor allem wegen der strategischen Lage. Schweden und Gotland werden wichtige Rollen in der Nato-Planung einnehmen.
Trainieren Sie auf Gotland explizit das Szenario eines russischen Angriffs?
Natürlich muss der Angreifer nicht zwingend aus Russland kommen. Wir haben hybride Bedrohungen. In gewisser Weise sind wir ein Aussenposten mitten in der Ostsee, gleichzeitig sind wir abhängig vom Festland. Es muss nicht zwangsläufig Russland sein, aber so, wie die Situation aktuell ist, liegt es auf der Hand.
Auf welche Bedrohung sollten Sie sich denn sonst vorbereiten?
Wir haben eine erhöhte Gefahr durch Terroranschläge. Aber natürlich sind wir besorgt wegen Russland. Nicht zwingend wegen ihrer Bodentruppen, aber sie haben immer noch eine mehr oder weniger intakte Marine und Luftwaffe, und sie arbeiten daran, ihre Armee wieder aufzubauen.
Es heisst, wer Gotland kontrolliert, kontrolliert die Ostsee. Was bedeutet das konkret?
Mit den modernen Waffensystemen kann man einen recht grossen Bereich abdecken. Stellen Sie sich vor, Sie sind in Kaliningrad und zeichnen einen Kreis auf eine Landkarte, 100, 200 oder 300 Kilometer im Radius. So weit reichen ihre konventionellen Raketen. Wenn sie diesen Kreis 300 Kilometer – die Entfernung zwischen Gotland und Kaliningrad – weiter nach Nordwesten verschieben, dann können sie Teile des schwedischen Festlands treffen. Im Süden können Sie die dänische Meerenge erreichen und dort Luft- und Seebewegungen kontrollieren. Deshalb haben Schweden und auch die Nato Gotland als wichtig eingestuft.
Was ist eine ausreichende Abschreckung für Gotland? Wie viele Leopard-2-Panzer sind hier stationiert?
Ich kann nicht weiter in die Details gehen, aber im Moment haben wir eine Kompanie an Leopard-2. Wir wachsen noch, das Ziel sind zwei. Dazu das Kampffahrzeug 90. Wir haben ein mechanisiertes Bataillon. Darüber hinaus haben wir – und das ist einzigartig für Schweden – ein Heimatschutz-Bataillon innerhalb unserer Organisation. Auf dem Festland sind diese Einheiten ausserhalb organisiert und für gewisse Aufgaben zuständig. Bei uns sind sie integriert in die Streitkräfte. Wir verfügen ausserdem über Artillerie, Flugabwehr, Logistik und so weiter. Wir sind in gewisser Weise eine vollausgestattete Mini-Armee.
In der Schweiz wird gerade folgendes Szenario diskutiert: Wenn Russland in der Ukraine siegt, wäre die Schweizer Ostflanke offen, denn die Slowakei und Ungarn sind keine Gegner Russlands und Österreich wäre zu schwach. Müssen wir in der Schweiz uns Sorgen machen?
Natürlich sind das Spekulationen. Zunächst einmal grundsätzlich: Wenn man seine Analyse auf einer friedlichen Entwicklung in der Welt aufbaut, dann würde ich fragen, auf welche Annahmen sich das stützt. Man sollte auf das Beste hoffen und sich auf das Schlimmste vorbereiten. In Schweden versuchen wir, das zu tun. Ich werde natürlich der Schweiz nicht sagen, was sie tun oder nicht tun sollte. Schweden und die Schweiz waren beide strikt neutral, die Schweiz ist es immer noch. Oder zumindest neutral. Was Schweden angeht, verstehe ich, dass die internationale Gemeinschaft auf uns schaut und sich fragt, was hier vor sich geht, da wir in kurzer Zeit von einer Überzeugung zu einer anderen übergehen. Manche sagen, wir sind aufgewacht und in der Realität angekommen. Andere sagen, es ist eine Konsequenz daraus, dass wir uns vorbereitet haben und auf das Beste hoffen.
Und was sagen Sie?
Es wurde Zeit, dass wir aufwachen und beginnen zu realisieren, dass die Bedrohung so schnell nicht vorbeigeht.
(aargauerzeitung.ch)
Chapeau, Schweden!
Wir haben schlicht keinen Platz für solche Spinner, die einen Kriegstreiber unterstützen und immer schlecht über den Westen reden.
Elende Trolle!