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Israel

Hamas-Angriff: Schwere Vorwürfe gegen Pressefotografen

Pressefotografen dokumentierten den Hamas-Angriff – doch was wussten sie im Vorfeld?

Bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober sollen auch Pressefotografen dabei gewesen sein, so die Vorwürfe von Netanjahu. So reagieren die betroffenen Medien.
10.11.2023, 08:14
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Ein Artikel von
t-online

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erhebt schwere Vorwürfe gegen Pressefotografen. Es sollen Fotografen internationaler Medien, beim Terrorangriff der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober dabei gewesen sein und Bilder gemacht haben, so der Vorwurf.

Fotograf Hassan Eslaiah (r.) und der Hamas-Führer Yahya Sinwar.
Fotograf Hassan Eslaiah (r.) und der Hamas-Führer Yahya Sinwar (m.).Bild: X / Honest Reporting

Netanjahus Büro schrieb am Donnerstag auf der Plattform X, vormals Twitter: «Diese Journalisten waren Komplizen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ihr Handeln verstiess gegen die Berufsethik.» Die Medien seien schriftlich aufgefordert worden, das aufzuklären und umgehend Massnahmen zu ergreifen.

Israel verlange von den Medien Aufklärung, erklärte der israelische Regierungssprecher Nitzan Chen. Das, was der Bericht beschreibe, überschreite jede rote Linie, «professionell und moralisch». Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten erklärte, es betrachte den Verdacht, dass für internationale Medien tätige Journalisten sich an der Berichterstattung über den Hamas-Angriff beteiligt hätten, mit «äusserster Ernsthaftigkeit». Auch der Deutsche Journalisten-Verband forderte Aufklärung.

Zunächst hatte die Webseite «HonestReporting» den Verdacht geäussert, dass freie Fotografen des US-Senders CNN, der «New York Times» sowie der Nachrichtenagenturen AP und Reuters bei den Massakern am 7. Oktober direkt dabei gewesen seien. Mehr als 1400 Menschen wurden dabei getötet, 239 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Medien weisen Vorwürfe zurück

Die Nachrichtenagentur AP schrieb zu den Vorwürfen: «AP nutzt Bilder von freien Mitarbeitern überall auf der Welt, auch in Gaza. Die Associated Press hatte keine Kenntnis von dem Angriff am 7. Oktober, bevor dieser passiert ist.» In der Stellungnahme der Nachrichtenagentur hiess es weiter: «Die ersten Bilder, die AP von einem freien Mitarbeiter erhalten hat, zeigen, dass sie mehr als eine Stunde nach Beginn der Angriffe aufgenommen wurden. Kein AP-Mitarbeiter befand sich zum Zeitpunkt der Anschläge an der Grenze, noch hat ein AP-Mitarbeiter die Grenze zu irgendeinem Zeitpunkt überquert.»

Der israelischen Nachrichtenseite «ynet» teilte CNN mit, angesichts des Berichts habe der Sender seine Zusammenarbeit mit einem der genannten Fotografen beendet.

Reuters: Waren nicht über Angriff informiert

Die Nachrichtenagentur Reuters schrieb: «Uns sind der Bericht von »HonestReporting« und die Vorwürfe gegen zwei freie Fotografen, die zur Reuters-Berichterstattung am 7. Oktober beigetragen haben, bekannt. Reuters weist kategorisch zurück, vorab von der Attacke gewusst oder die Hamas am 7. Oktober dabei begleitet zu haben.»

Zuvor habe es keine Geschäftsbeziehung zu den Fotografen gegeben. «Die von Reuters veröffentlichten Fotos wurden zwei Stunden nach dem Raketenabschuss der Hamas auf den Süden Israels aufgenommen und mehr als 45 Minuten, nachdem Israel erklärt hatte, bewaffnete Männer hätten die Grenze überschritten», heisst es in der Reuters-Stellungnahme. «Reuters-Journalisten waren nicht an den im HonestReporting-Artikel genannten Orten vor Ort.» Eine Stellungnahme der «New York Times» lag zunächst nicht vor. (t-online/dpa/reuters)

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Atavar
10.11.2023 09:28registriert März 2020
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Nachrichtenagentur von den Angriffen wusste ist nicht zwingend die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Fotografen / Journalisten davon wussten.

Schlussendlich ist der Vorwurf eine Nebelkerze. Was ist die Erwartung? Dass z.B. Hassan Eslaiah zu Kreuze kriecht und Bibi sagen kann "Seht, ich wurde nicht überrascht! Die haben nämlich gar nix gesagt" und dann die Pressefreiheit einschränken kann.

Schmeisst die Hamas raus, setzt Bibi ab - dann kann es wieder Hoffnung auf Frieden geben. Alles Andere ist im Moment irrelevant.
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naturwald
10.11.2023 08:28registriert Oktober 2023
Dass "freie Mitarbeiter" darauf angewiesen sind, möglichst zeitnahe Fotos zu liefern, davon hängt wohl deren "Brot" ab. Ob sie dafür Tipps bekommen wann wo etwas Wichtiges passieren wird wird wohl schwierig zu beweisen sein. Wenn dabei ein gewisse Nähe der Fotografen zur Hamas besteht nehmen natürlich solche Spekulationen und Vermutungen zu. Man kann nur hoffen, das AP und Reuters sehr gut kontrollieren, welche Fotos sie da von ihren Mitarbeitern zugeschickt bekommen. Eine schwierige Aufgabe, aber sehr wichtig für eine unabhängige Presse.
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Snowy
10.11.2023 13:14registriert April 2016
Es gibt ein paar wenige, mächtige Menschen auf dieser Welt, wo ich jeweils schon von weiss, dass ich gegenteiliger Meinung bin, bevor sie gesprochen haben.

Netanjahu ist so jemand.
Abscheulich wie er den Aufstieg der Hamas begünstigt hat, nur damit es sicher keine Zweistaatenlösung geben kann.

Und Ja: Zuzutrauen wäre es ihm allemal, dass er auf die Geheimdienstinfo zum bevorstehenden Angriff mit dem für ihn typischen perversen Kalkül nicht reagierte.

In Israel denken mittlerweile nicht nur Menschen links der Mitte so. Die Indizienlage gegen Netanjahu ist zu erdrückend.
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