Wenige Tage vor der UNO-Klimakonferenz in Marrakesch tritt am kommenden Freitag das Klimaschutz-Abkommen in Kraft. Es wurde im Dezember 2015 in Paris für die Zeit nach 2020 verabschiedet.
Damit werden erstmals alle Staaten zur Reduktion der Treibhausgase verpflichtet. Das Abkommen hat zum Ziel, die durchschnittliche globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Angestrebt wird ein maximaler Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius.
Ein weiteres Ziel ist die Ausrichtung staatlicher und privater Finanzflüsse auf eine treibhausgasarme Entwicklung sowie die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit an ein verändertes Klima.
Der Klimavertrag tritt in Kraft, nachdem er von mehr als 55 Staaten ratifiziert wurde, die 55 Prozent der globalen Emissionen verursachen. In der Schweiz ist das Ratifzierungsverfahren noch im Gange. Das Parlament dürfte sich 2017 zu dem Abkommen äussern.
Am ersten Gipfeltreffen nach Paris wird nun in Marrakesch vom 7. bis 18. November über die Modalitäten bei der Umsetzung des historischen Klimaabkommens verhandelt. Bundesrätin Doris Leuthard wird am 16. und 17. November am Ministertreffen teilnehmen.
Die Schweiz will sich an der Konferenz für wirksame Regeln bei der Festsetzung und Berichterstattung über Klimaziele der einzelnen Staaten einsetzen sowie für die Schaffung von Anreizen für private Investitionen in erneuerbare Energien.
Zu den Zielen der Schweiz gehören auch verbindliche Regeln zu Marktinstrumenten wie Emissionszertifikate sowie einfach anwendbare Vorschriften für die Anrechnung privater und öffentlicher Mittel, die zur Unterstützung der Klimaschutzmassnahmen der Entwicklungsländer mobilisiert werden.
Thema wird insbesondere auch die Frage sein, wie die Industriestaaten das Versprechen einlösen wollen, ihre Beiträge an die Entwicklungsländer bis 2020 auf mindestens 100 Milliarden US-Dollar im Jahr zu steigern.
Die Gelder sollen einerseits dafür eingesetzt werden, Treibhausgase möglichst zu vermeiden. Entwicklungsländer können damit beispielsweise in erneuerbare Energien statt in Kohlekraftwerke investieren.
Zum andern sollen die Gelder für Anpassungsmassnahmen in armen Ländern eingesetzt werden, etwa für resistenteres Saatgut in der Landwirtschaft oder für Infrastrukturen wie den Bau von Dämmen, um küstennahe Millionenstädte zu schützen.
«Ein Solarkraftwerk etwa in Indien zu bauen kann sich für private Investoren lohnen», sagte Jürg Staudenmann, Klimaexperte bei Alliance Sud. Für Anpassungsmassnahmen sei es jedoch schwierig, Investoren zu finden.
«Es ist in unserem Interesse, die Entwicklungsländer zu unterstützen», sagt Franz Perrez, Chef der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Umwelt (BAFU). Diese emittierten heute mehr Treibhausgase als die Industrieländer. Die Idee sei, dass jene Staaten, die die Kapazität hätten – traditionell die Industrieländer – die Entwicklungsländer bei der Förderung erneuerbarer Energie unterstützten. Der Klimawandel sei ein globales Problem.
Ein kürzlich vorgelegter Bericht der OECD-Staaten prognostiziert, dass die zugesagten 100 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2020 erreicht werden. Davon sei jedoch nicht einmal ein Viertel für Klima-Anpassungsmassnahmen in Entwicklungsländern vorgesehen, obwohl die Klimakonvention einen ausgewogenen Einsatz der Mittel verlange, sagte Staudenmann.
Perrez betonte, die Schweiz habe in den vergangenen Jahren deutlich mehr für Anpassungsmassnahmen eingesetzt als für eine treibhausgasarme Entwicklung, darunter für ein Frühwarnsystem im Zusammenhang mit der Gletscherschmelze in Peru. Derzeit bestünden in Entwicklungsländern noch wenige Projekte für Anpassungsmassnahmen. Die Schweiz versuche, sie dabei zu unterstützen.
Derzeit erarbeitet die Schweiz unter der Federführung des BAFU einen Vorschlag, wie viel sie an die 100 Milliarden Dollar beitragen wird. Das Resultat soll laut Perrez Anfang 2017 vorliegen.
Zum grossen Teil werde es sich um öffentliche Gelder handeln, um bilaterale und multilaterale Entwicklungsgelder, sagte Perrez. Dazu würden auch Beiträge der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) zählen. Zudem wird mit mobilisierten privaten Geldern gerechnet, für die die Schweiz beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Weltbank eine Risikogarantie übernehmen würde.
Alliance Sud fordert zusätzliche, verursachergerecht mobilisierte Mittel der öffentlichen Hand – etwa aus Erlösen des Emissionszertifikatehandels –, wie im Pariser Abkommen festgehalten sei. Die Bekämpfung des Klimawandels «soll nicht auf Kosten der Armutsbekämpfung gehen», sagte Staudenmann mit Blick auf einen möglichen Einsatz von Geldern aus dem bestehenden Rahmenkredit für die DEZA und das SECO. (sda)