International
Klima

COP29 in Baku: Der UN-Klimagipfel steht auf der Kippe

Activists demonstrate for climate finance at the COP29 U.N. Climate Summit, Wednesday, Nov. 20, 2024, in Baku, Azerbaijan. (AP Photo/Rafiq Maqbool)
Aktivisten demonstrieren in Baku. Bild: keystone

Der UN-Klimagipfel steht auf der Kippe

Nach zehn Tagen zäher Verhandlungen prallen auf der UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan die Interessen noch immer knallhart aufeinander – bis Freitag soll aber ein Konsens unter den fast 200 Staaten stehen.
20.11.2024, 14:19
Mehr «International»

Entwicklungsländer fordern in Baku, dass die Industrieländer ehrgeiziger die Klimakrise bekämpfen und Billionen an Hilfsgeldern auszahlen. Die EU tritt dagegen auf die Bremse und betont, man werde erst konkrete Summen anbieten, wenn andere Schlüsselfragen geklärt seien. «Sonst hat man einen Warenkorb mit einem Preisschild, von dem man aber nicht genau weiss, was drin ist», sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra.

Der zweiwöchige Gipfel mit zehntausenden Teilnehmern aus knapp 200 Staaten soll planmässig am Freitag enden – eine Verlängerung war in den vergangenen Jahren aber üblich. Zentraler Streitpunkt ist, wie stark die Finanzhilfen an Entwicklungs- und Schwellenländer aufgestockt werden. Der Bedarf an externen Hilfen beträgt laut einer unabhängigen UN-Expertengruppe bis 2030 rund eine Billion US-Dollar pro Jahr – und sogar 1,3 Billionen bis 2035. Das wären 10 bis 13 mal mehr, als bisher an Klimahilfe fliesst.

Umweltschützer schlagen vor, Geld dafür über höhere Steuern auf Flüge, auf die Ölproduktion oder auf das Vermögen von Superreichen einzutreiben. Letzteres machten sich sogar die G20-Staaten zu eigen: Ohne in die Steuerhoheit der Staaten einzugreifen, werde man sich gemeinsam darum bemühen, sehr vermögende Personen effektiv zu besteuern, heisst es in der Erklärung aus Rio de Janeiro.

China – noch immer ein Entwicklungsland?

Die EU ist grundsätzlich bereit, mehr Geld zu mobilisieren. Die deutsche Regierung pocht aber darauf, dass Länder wie China und die reichen Golfstaaten, die viel Geld mit Öl, Gas und Kohle verdient haben, ebenfalls Geld beitragen. Noch gelten sie – und etwa auch Indien – aber nach einer 30 Jahre alten UN-Einstufung als Entwicklungsstaaten – und damit als Empfängerländer.

Bewegung in die Sache kommt nun von Seiten einiger Entwicklungsländer: So sagte etwa die nigerianische Umweltministerin, Balarabe Abbas Lawal, dem «Guardian»: «China und Indien können nicht in die gleiche Kategorie eingruppiert werden wie Nigeria und andere afrikanische Länder.» Sie sollten stattdessen selbst Geld beitragen. Auch die Umweltministerin von Kolumbien, Susana Muhamad, sagte dem Blatt, die alten Kategorien seien «obsolet» und sollten geändert werden. Äusserungen wie diese könnten den Druck auf China erhöhen.

EU befürchtet Rückschritte

Die EU befürchtet, dass ehrgeizige Formulierungen der vergangenen Klimakonferenz in Dubai zum Thema Eindämmung von Klimagasen und zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle bei den Verhandlungen in Baku unter die Räder kommen könnten. Dazu sagte EU-Kommissar Hoekstra, der einzige Weg führe nach oben. «Das ist glasklar eine Sache, auf die wir uns in den kommenden Tagen konzentrieren werden.»

Petro-Staat Aserbaidschan als Vermittler gefragt

Im Fokus steht nun die der Gastgeber Aserbaidschan – der selbst 90 Prozent seiner Exporterlöse mit Öl- und Gas erzielt. Die Präsidentschaft erklärte, sie setze nun auf einen «Geist der Zusammenarbeit und Kompromissbereitschaft», um bis Freitag zu einem Ergebnis zu kommen. Am Donnerstagmorgen sollen erstmals Entwürfe für die verschiedenen Beschlüsse vorliegen – einen Tag vor dem geplanten Ende. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
«Es hat mit Wehmut zu tun» – wie der Klimawandel die Schweizer Bergwelt verändert
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
11 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
@Jeff
20.11.2024 14:47registriert Juli 2023
Es geht anscheinend nicht mehr darum die Klimaerwärmung zu bremsen, sondern darum möglichst viel daran zu verdienen🤦‍♂️

Schlecht, so verliert die Klimapolitik die Glaubwürdigkeit und den Rückhalt in der Bevölkerung und am Schluss fliesst noch weniger Geld an betroffene Gebiete.

Wäre interessant zu wissen, ob Länder wie z.B. China oder Indien überhaupt bereit wären zu zahlen und wie viel.
314
Melden
Zum Kommentar
avatar
Santacruz
20.11.2024 14:54registriert August 2021
Also Moment mal, wir sollen technologische Vorreiter auf eigene Kosten sein und dann noch zusätzlich diejenigen Statten finanzieren, dies nicht selber hinkriegen (wollen).

Nope, da werde ich mich dagegen wehren.

Kein Wunder kriegt man diesbezüglich nix auf die Reihe.
279
Melden
Zum Kommentar
11
    Erstmals mit Ton: Meteoriteneinschlag in Kanada gefilmt
    In der Provinz Prince Edward Island in Kanada wurde erstmals in Bild und Ton festgehalten, wie ein Meteorit eingeschlagen ist.

    Laura Kelly und Joe Velaidum aus Charlottetown in der kanadischen Provinz Prince Edward Island kamen im Sommer letzten Jahres gerade von einem Spaziergang zurück, als sie eine merkwürdige Ansammlung Krümel vor ihrem Haus fanden. Es sah aus, als hätte jemand in ihrer Abwesenheit Feuerwerk in ihrer Einfahrt gezündet.

    Zur Story