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Presseschau aus Israel: «Eine Person verantwortlich: Benjamin Netanjahu»

«Eine Person verantwortlich: Benjamin Netanjahu» – die Presseschau aus Israel

Ein Tag nach dem schweren Angriff auf Israel stellten vielen Medien in dem Land die Frage nach den Ursachen. Die Presseschau.
09.10.2023, 02:0609.10.2023, 04:06
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Ein Artikel von
t-online
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel. Foto: Maya Alleruzzo/Pool AP/dpa
Benjamin Netanjahu: Der israelische Ministerpräsident steht in der heimischen Presse in der Kritik.Bild: sda

Am Tag nach Beginn der schwersten Angriffen auf Israel seit Jahrzehnten wurden erste Fragen nach den tiefergehenden Ursachen der Angriffe der Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad laut. t-online hat einige Pressestimmen aus Israel zusammengestellt.

So kommentiert etwa die Zeitung «Haaretz»:

«Für die Katastrophe, die Israel am Feiertag Simchat Tora heimgesucht hat, ist eindeutig eine Person verantwortlich: Benjamin Netanjahu. Der Premierminister, der sich seiner enormen politischen Erfahrung und seiner unersetzlichen Weisheit in Sicherheitsfragen rühmt, hat die Gefahren, in die er Israel bewusst hineinführte, nicht erkannt, als er eine Regierung der Annexion und Enteignung einsetzte, als er Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir in Schlüsselpositionen berief und eine Aussenpolitik verfolgte, die die Existenz und die Rechte der Palästinenser offen ignorierte.»

Das englischssprachige Nachrichtenportal «Times of Israel» schreibt:

«Das Konzept der indirekten Stärkung der Hamas ist am Samstag in Rauch aufgegangen.»
Nachrichtenportal «Times of Israel»

«Jahrelang verfolgten die verschiedenen Regierungen unter Benjamin Netanjahu einen Ansatz, der die Macht zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland aufteilte und den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, in die Knie zwang, während er die Terrorgruppe Hamas unterstützte.

Die Idee war, Abbas – oder irgendjemand anderen in der Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland – daran zu hindern, Fortschritte bei der Gründung eines palästinensischen Staates zu machen. [...] Eines ist klar: Das Konzept der indirekten Stärkung der Hamas – unter Duldung sporadischer Anschläge und kleinerer Militäroperationen alle paar Jahre – ist am Samstag in Rauch aufgegangen. [...] Nach der Art und Weise zu urteilen, wie Netanjahu den Gazastreifen in den letzten 13 Jahren verwaltet hat, ist es nicht sicher, dass es in Zukunft eine klare Politik geben wird.»

Die israelische Tageszeitung «Israel HaYom» schreibt:

«Eine solche Operation erfordert eine frühzeitige Vorbereitung mit vielen Kollaborateuren. All dies entging dem israelischen Geheimdienst, der nichts davon wusste. In dieser Hinsicht ist sie vielleicht noch schwerwiegender als das Scheitern von 1973.

Israel ist heute nachrichtendienstlich und operativ viel stärker, vor allem gegen einen schwachen und eingeschränkten Feind wie die Hamas, und es sollte nicht eine solche taktische und strategische Überraschung erleben, die wahrscheinlich von einer umfassenden Verteidigungsvorbereitung der Hamas begleitet wird, die jetzt sicherlich umgesetzt wird, da die IDF im Laufe des Krieges tief in den Gazastreifen eindringen wird.»

Die israelische Zeitung «Maariw» kommentiert:

«Ich warte darauf, dass jemand, der in der Armee hochrangig ist, sich der Öffentlichkeit stellt, erzählt, was passiert ist, die Gefühle teilt, den Misserfolg zugibt, erzählt, was die IDF tut, und den Bürgern Anweisungen gibt.

«Die israelische Regierung ist ihrer Mission, ihren Bürgern Sicherheit zu bieten, nicht gerecht geworden.»
Zeitung «Maariw»

[...] Die israelische Regierung ist ihrer Mission, ihren Bürgern Sicherheit zu bieten, nicht gerecht geworden und wurde von einer wahnhaften und unzusammenhängenden Agenda überrascht. Die israelischen Verteidigungskräfte sind ihrer Mission, die Bürger Israels zu schützen, nicht nachgekommen. Das ist ein grosses Versagen, das diskutiert und untersucht werden wird, aber jetzt müssen wir unsere Reihen schliessen.»

Verwendete Quellen:

  • haaretz.com: "Netanyahu Bears Responsibility for This Israel-Gaza War" (englisch)
  • timesofisrael.com: "For years, Netanyahu propped up Hamas. Now it’s blown up in our faces" (englisch)
  • israelhayom.com: "Israel's failure of imagination on Hamas" (englisch)
  • maariv.co: "הקונספציה קורסת: הממשלה הופתעה, צה"ל לא עמד בייעודו" (hebräisch)
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85 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Allkreis
09.10.2023 03:34registriert Januar 2020
MMn hat Netanjahu als Populist mit seinem Fokus auf Repression der Palästinenser tatsächlich keine nachhaltige Lösung angestrebt (Populisten generell bieten keine wirklichen Lösungen, gilt auch für SVP). Ich vermute die Geiselnahmen sollen dem Schutz vor Bobardements dienen welche die israelische Armee normalerweise zur Vergeltung durchführt. Schade, dass die Wähler den Populisten und Extremisten zur Macht verholfen haben.
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Sonnig bis heiter
09.10.2023 04:55registriert August 2023
Es ist keine politische Stärke eines Präsidenten einen Krieg zu führen. Es ist eine wenn er sein Volk vor einem Konflikt bewahrt.
Genau so ist es keine stärke sich hinter der Neutralität zu verstecken.
Sondern wenn man hilft wo
Man kann
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Doppellottotreffer
09.10.2023 04:41registriert September 2021
Netanyahu hat das Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche" nie begriffen. Stattdessen hat er während seiner gesamten Karriere immer wieder gut sichtbar erfolglos die Prinzipien "Peische und Peitsche" und "wenn A nicht wirkt einfach mehr A nehmen" angewandt, um den terroristischen Flügel der Palästinenser zu schwächen zu versuchen.
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