Das ungarische Parlament hat am Montagnachmittag einem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt. Die Entscheidung fiel deutlich aus: 188 Abgeordnete sprachen sich für eine Aufnahme Schwedens aus, nur sechs stimmten dagegen.
Das klare Resultat war keine Überraschung: Schon im Vorfeld hatte Ministerpräsident Viktor Orban die Zustimmung zugesichert. Zuvor hatte sich Ungarn als letztes Land der Nato noch gegen eine Aufnahme Schwedens gesträubt.
Einzig die Ratifizierung durch das Staatsoberhaupt Ungarns. Wem diese Aufgabe zufällt, ist allerdings noch nicht ganz geklärt. Nach dem Rücktritt von Präsidentin Katalin Novak wegen ihrer Verwicklungen in einen Pädophilie-Skandal wählte das ungarische Parlament am Montag den bisherigen Verfassungsgerichtschef Tamas Sulyok zum neuen Präsidenten. Sein offizieller Amtsantritt ist allerdings erst für den 5. März geplant. Bis dahin führt Parlamentspräsident Laszlo Köver kommissarisch die Geschäfte des Staatsoberhaupts.
Erst mit der präsidialen Unterschrift – entweder von Sulyok oder von Köver – und der anschliessenden Veröffentlichung im ungarischen Amtsblatt wäre die Ratifizierung abgeschlossen. Wann genau dies der Fall ist, ist noch ungewiss. Die Ratifizierungsurkunde muss im Anschluss ausserdem formal beim US-Aussenministerium in Washington hinterlegt werden, danach müssen die Beitrittsdokumente Schwedens ebenfalls an das Ministerium übergeben werden - dann sei Schweden offiziell Nato-Mitglied, erläuterte Kristersson. Schon in den Tagen darauf könnte es dann eine Willkommensfeier für Schweden geben, bei der dann die schwedische Flagge vor dem Nato-Hauptquartier in Brüssel gehisst wird.
Viktor Orban erklärte am Montag, dass man im Vorfeld mit Schweden noch habe «bilaterale Streitigkeiten» klären müssen. Dies sei durch den Besuch des schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson am vergangenen Freitag «in würdiger Weise» geschehen. Man habe zudem «zum beiderseitigen Vorteil» Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit geschlossen, betonte Orban.
Konkret geht es dabei um den Kauf und Wartung schwedischer Jagdjets von Typ Jas 39 Gripen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am Freitag anlässlich von Kristerssons Besuch unterzeichnet.
Schweden hat die Billigung seines Nato-Antrags durch das ungarische Parlament begrüsst. Es handle sich um «einen historischen Tag», erklärte Ministerpräsident Ulf Kristersson am Montag unmittelbar nach der Abstimmung in Budapest auf der Online-Plattform X. Schweden sei bereit, seinen Teil der Verantwortung für die Sicherheit der Nato zu übernehmen.
Today is a historic day. The parliaments of all NATO member states have now voted in favour of Swedish accession to NATO. Sweden stands ready to shoulder its responsibility for Euro-Atlantic security.
— SwedishPM (@SwedishPM) February 26, 2024
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hiess das Votum willkommen. Schwedens Nato-Mitgliedschaft werde das Bündnis stärker und sicherer machen, schrieb der Norweger auf X.
I welcome the Hungarian parliament’s vote to ratify #Sweden’s membership in NATO. Now that all Allies have approved, Sweden will become the 32nd #NATO Ally. Sweden’s membership will make us all stronger and safer.
— Jens Stoltenberg (@jensstoltenberg) February 26, 2024
Schweden gilt nicht nur als geostrategisch wichtiges Land für die Nato, sondern verfügt laut der «Aargauer Zeitung» auch über eine «hervorragende Infrastruktur» – etwa viele Flugplätze, Häfen, Eisenbahnlinien und Autobahnen, um Waffen, Fahrzeuge und Soldaten rasch zu verschieben. Auch die Unterbringung von Zehntausenden von fremden Soldaten wird im Krisenfall als Aufgabe Schwedens angesehen.
Auch die Armee Schwedens wurde in den vergangenen Jahren wieder stärker. Nachdem lange gespart wurde, rüstete das skandinavische Land seit 2014 auf und hat mittlerweile die Wehrpflicht wieder eingeführt. Mittlerweile verfügt die Armee über 16’000 Soldatinnen und Soldaten, 35’000 Reservisten und 10’000 zivile Angestellte. Bis 2030 soll der bestand auf 90’000 Personen anwachsen.
Prunkstück der schwedischen Armee ist die Luftwaffe mit 94 Gripen-Kampfjets. Zudem sind 60 weitere Jets bestellt.
Ministerpräsident Viktor Orban pflegt gute Beziehungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Dennoch bezeichnete er Russland im Ukraine-Konflikt am Montag als Aggressor. Ein Ende dieses Kriegs, «bei dem Russland die Ukraine angegriffen hat», sei baldmöglichst herbeizuführen, sagte er. Ungarn trete für einen sofortigen Waffenstillstand ein. Orban betonte, dass er «keine militärische Lösung» sehe, sondern nur ein Ende des Kriegs auf dem Verhandlungswege.
Hingegen zeigte Orbans Partei Fidesz am Montag erneut, dass sie keine eindeutige Position gegen Putin einnehmen will. Als ein Oppositionsvertreter im Parlamentsplenum um eine Schweigeminute für den jüngst in einem russischen Straflager gestorben russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny bat, blieben die Parlamentarier des Fidesz und deren Koalitionspartei KDNP (Christdemokratische Volskpartei) demonstrativ sitzen. Nur die Vertreter der Opposition erhoben sich von ihren Sitzen.
(dab, mit Material von Keystone-sda)
Wenn das mal kein lupenreiner Beweis für eine Diktatur ist?
In keiner normalen Demokratie würde es soviel Zustimmung geben.