Nach dramatischer Kindesentführung: Neuseeland startet Untersuchung gegen Behörden
Eine dramatische Kindesentführung hat in Neuseeland zu einer öffentlichen Untersuchung geführt. Nachdem ein Vater seine Kinder jahrelang in einem Wald versteckt hatte, bevor er entdeckt und von der Polizei erschossen wurde, will die Regierung prüfen, wie die Behörden mit dem Fall umgingen. Untersucht werden soll, «ob staatliche Stellen alle praktikablen Schritte unternommen haben, um die Sicherheit und das Wohlergehen» der Kinder zu schützen, teilte Generalstaatsanwältin Judith Collins am Donnerstag mit.
Die Ankündigung folgt einer Welle der Empörung in Neuseeland darüber, dass der Vater – obwohl er in Gerichtsverfahren verwickelt war – jahrelang entkommen konnte und seine Kinder isoliert in der Wildnis, ohne Bildung und medizinische Versorgung, leben liess.
Tom Phillips verschwand im Dezember 2021 mit seinen drei Kindern – damals fünf, sieben und acht Jahre alt – aus Marokopa, einem kleinen Ort auf der neuseeländischen Nordinsel. Die Kinder wurden im September dieses Jahres in einem provisorischen Camp gefunden, wenige Stunden nachdem ihr Vater nach einem Raubüberfall von der Polizei erschossen worden war. Ein Polizeibeamter wurde bei der Auseinandersetzung lebensgefährlich verletzt.
Untersuchung wird Behörden unter die Lupe nehmen
Laut einem Regierungsdokument waren die Kinder seit 2018 Gegenstand von Verfahren vor dem Familiengericht. Geprüft wird nun, ob die Behörden alles getan haben, um das Verschwinden der Kinder zu verhindern. Sichtungen von Phillips, der während seines Untertauchens mit den Kindern Raubüberfälle beging, verorteten ihn immer wieder in der Gegend.
Die Untersuchung wird von Anwalt Simon Moore geleitet, der bis Juli 2026 einen Abschlussbericht vorlegen soll.
Die Familie war schon einmal verschwunden
Kritik gibt es auch, weil Phillips schon früher mit den Kindern verschwunden war. Drei Monate vor dem Verschwinden der Familie im Dezember 2021 löste Phillips eine gross angelegte Suche und landesweite Schlagzeilen aus, als sein Lastwagen an einem Strand gefunden wurde – ohne jede Spur von ihm oder den Kindern.
Die Behörden hielten die Familie zunächst für ertrunken, bis Phillips drei Wochen später zurückkehrte und von einem Campingausflug sprach. Er sollte sich wegen der Verschwendung polizeilicher Ressourcen vor Gericht verantworten, als er mit den Kindern erneut verschwand – und nicht mehr zurückkehrte.
Geheimhaltung umgibt den Vorfall
Im September wurden Phillips und eines seiner Kinder gestoppt, als sie nach einem Raubüberfall in Waitomo flohen. Der Beamte wurde aus nächster Nähe von Phillips angeschossen. Er überlebte, brauchte jedoch eine Reihe von Operationen, wie die Behörden mitteilten. Weitere Polizisten trafen ein, und Phillips wurde erschossen. Das Kind, das bei ihm war, wurde in Gewahrsam genommen und half später den Behörden, den Lagerplatz mit den übrigen Kindern zu finden. Dort fanden Ermittler auch Waffen.
Behörden haben keine Angaben zum aktuellen Aufenthaltsort der Kinder gemacht und verweisen auf deren Schutzbedürfnis. Gerichtliche Anordnungen verbieten Medien die Berichterstattung über bestimmte Details des Falls. Einige Medien fechten dies vor Gericht an.
Die Geheimhaltung darüber, was die Behörden wussten und welche Massnahmen sie ergriffen, hat die Forderungen nach einer Untersuchung weiter verstärkt. Die Fragen zum Verhalten der Behörden haben zu hitzigen Debatten in Neuseeland geführt und weltweite Schlagzeilen erzeugt. (dpa) (aargauerzeitung.ch)
