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Papst-Mitarbeiter schreibt Erotik-Literatur – Konservative entrüstet

FILE - Monsignor Victor Manuel Fernandez, archbishop of La Plata, smiles after a Mass at the Cathedral in La Plata, Argentina, Sunday, July 9, 2023. When Pope Francis made the first foreign trip of hi ...
Der argentinische Erzbischof Víctor Manuel Fernández.Bild: keystone

Papst-Mitarbeiter schreibt Erotik-Literatur – Konservative entrüstet

12.01.2024, 09:3512.01.2024, 12:47
Anna Von Stefenelli /
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In einer Ära, in der die Diskussionen über Sexualität und deren Stellung in der Kirche zunehmend an Bedeutung gewinnen, rückt der argentinische Erzbischof Víctor Manuel Fernández ins Rampenlicht. Auch bekannt als ehemaliger Ghostwriter von Papst Franziskus, steht Fernández aktuell im Zentrum eines Sturms der Kritik. Allerdings wegen seines Buches aus dem Jahr 1998 mit dem Titel «La Pasión Mística. Espiritualidad y sensualidad».

In diesem Werk schreibt der Geistliche nicht nur über die mystische Leidenschaft, sondern wagt es auch, einen Verbindungspunkt zwischen Sexualität und Spiritualität zu ziehen. Das Werk, das unter anderem Küssen und Orgasmen thematisiert, löst heftige Kontroversen aus.

Das Buch stand nicht auf der Liste der Schriften Fernández', die der Vatikan bei dessen Ernennung zum Chef der mächtigen Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlichte.

Das schmale Werk enthält anschauliche Beschreibungen männlicher und weiblicher Anatomie. Ausserdem Passagen zu sexuellem Verlangen, Pornografie, sexueller Befriedigung und Dominanz. Frauen seien oft unersättlich, heisst es darin. Insbesondere konservative Stimmen erheben ihre Stimmen gegen das Werk.

Cover des umstrittenen Büchleins.
Cover des umstrittenen Büchleins.Bild: screenshot rorate-caeli.blogspot.com

Wegen Erotik-Literatur: Papst-Franziskus-Ghostwriter in der Kritik

KritikerInnen, allen voran das konservative Blog «Messa in Latino», erheben schwere Vorwürfe gegen Erzbischof Fernández. Sie behaupten, dass sein Buch eine «Pornokratie» fördere, indem es einen Zusammenhang zwischen Orgasmen und Spiritualität herstelle. Das Portal katholisch.de fasst die Vorwürfe zusammen und betont, dass die mystische Erfahrung laut Fernández auf einen Orgasmus «reduziert» werde.

Neben den Vorwürfen der «Pornokratie» sieht sich Fernández auch aufgrund seiner offenen Haltung gegenüber der LGBT-Community Angriffen ausgesetzt. In einem Interview mit der italienischen Zeitung «La Stampa» weist er die Vorwürfe aber als «evangelische Taten» zurück. Zudem betont er, dass er sein Buch heute «anders schreiben» würde: Er räumt ein, dass bestimmte Passagen «aus dem Kontext» gerissen Missverständnisse hervorrufen könnten.

epa11067036 Pope Francis, using a cane, walks past a member of the Pontifical Swiss Guard as he arrives to lead his weekly general audience in the Paul VI Audience Hall, in Vatican City, 10 January 20 ...
Papst Franziskus.Bild: keystone

Papst-Mitarbeiter erhält massive Drohungen

Erzbischof Fernández berichtet im Gespräch mit der Zeitung von Drohnachrichten, die ihn erreicht hätten, darunter Nachrichten wie «Wir werden dich vernichten». Trotzdem verteidigt er seine Haltung als «evangelisch». Er verweist darauf, dass es für Geistliche wichtig sei, im Sinne von Jesus «den Menschen willkommen zu heissen und ihn zu umarmen», insbesondere in Bezug auf homosexuelle Paare.

Fernández bestätigt zudem, dass er die Herausgabe kurz nach Erscheinen abgebrochen hatte und einer Neuauflage nie zugestimmt habe.

Die Kritik kommt zu einem Zeitpunkt, kurz nachdem Papst Franziskus im Dezember den Weg für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch die katholische Kirche freigemacht hatte.

Nach Kritik veröffentlichte die Vatikanbehörde unter der Leitung von Kardinalpräfekt Fernández am Donnerstag eine Pressemitteilung. Darin wird eine «wirkliche Weiterentwicklung über das hinaus betont, was vom Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über die Segnungen gesagt wurde».

Der Vatikan hatte zuvor eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare abgelehnt, aber Franziskus zeigt den Wunsch nach einer für alle Menschen offenen Kirche. Schon zu Beginn seines Pontifikats im Jahr 2013 betonte er: «Wenn jemand homosexuell ist und guten Willens nach Gott sucht, wer bin ich, darüber zu urteilen?»

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    11 Kommentare
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    Die beliebtesten Kommentare
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    chrissyl Baumgartner
    12.01.2024 10:50registriert August 2022
    Oh wie wäre es schön zu sehen, dass man sich über die Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen derart entrüstet zeigt.
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    Triple A
    12.01.2024 10:00registriert November 2018
    Hier versuchen konservative Kirchenkreise einen menschenbejahenden, kreativen und progressiven Kardinal in Verruf zu bringen. Sie sollen erst einmal vor der eigenen Haustür wischen…,
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    lumpensammlerin
    12.01.2024 09:48registriert Mai 2019
    Diese Kritiker sind wohl irgendwo in einer anderen Zeit stecken geblieben. Leben und Leben lassen - das ist im Vatikan wohl noch nicht überall durchgedrungen.

    Einzig über den Punkt "Frauen seien oft unersättlich" kann man sich wohl allenfalls zurecht echauffieren.

    Kann man das Buch irgendwo kaufen? Ein Freund würde diesen einen Punkt gerne überprüfen.
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