Die Pfarreien der Landeskirchen sind bunt zusammengewürfelt. Konservative Pfarrer und Pfarrerinnen müssen sich mit fortschrittlichen Kolleginnen und Kollegen oder Mitgliedern des Kirchgemeinderates und anderen Leitungspersonen zusammenraufen. Oder umgekehrt.
Die Fronten sind oft verhärtet, Kompromisse schwer auszuhandeln. Denn es geht um sehr viel, nämlich um religiöse Überzeugungen. Also um das Höchste und Letzte. Um die «Wahrheit» in Glaubensfragen. Da wir Menschen glauben, dass diese nicht teilbar sei, sind Konflikte programmiert.
Nehmen wir etwa die Frage nach der Schöpfung, die die Grundlage des Glaubensverständnisses ist und somit und die religiöse Identität prägt. Christliche Fundamentalisten, die überzeugt sind, dass Gott die Welt erschaffen hat, werden sich kaum mit Pfarrern anfreunden, die an den Urknall glauben.
Ähnlich spannungsgeladen dürfte die Zusammenarbeit mit reformierten Pfarrern sein, die einen freikirchlichen Hintergrund haben und die Kindstaufe verweigern. Fortschrittliche Gläubige akzeptieren sie kaum als Seelsorger bei persönlichen Problemen.
Gewissenskonflikte erleben vor allem aktive Katholiken – Gläubige wie Geistliche –, die ihre Kirche reformieren möchten. Ihr Gerechtigkeitssinn wird dabei arg auf die Probe gestellt. Denn der autoritäre Männerclub im Vatikan und in den meisten Diözesen verhält sich in einer Weise, die nicht im Sinn von Jesus sein kann, der bescheiden lebte und sich für die Armen und Ausgegrenzten einsetzte – vorausgesetzt, die Geschichten in den Evangelien stimmen. Doch daran zweifeln wohl die wenigsten Kardinäle, Bischöfe und Pfarrer.
Für aufgeschlossene Gläubige und Angestellte der katholischen Kirche sind die Widersprüche kaum auszuhalten. Viele stellen sich die Frage, wie lange sie die Ungerechtigkeiten aushalten können. Oder ob sie konsequenterweise ihren Job quittieren sollten.
Am härtesten trifft es die Pastoralassistentinnen. Sie machen den Knochenjob und verhindern den Kollaps mancher Kirchgemeinde, doch die Herren der Schöpfung weisen ihnen weiterhin die dienenden Aufgaben zu. Wenn es um die religiösen Privilegien geht, kennen die Geistlichen kein Pardon.
Konkret: Die Pastoralassistentinnen dürfen kirchliche Anlässe durchführen, organisatorische Aufgaben erledigen, Seelsorge betreiben und sogar Gottesdienste samt Predigten leiten. Doch wenn es um die religiösen Kernaufgaben geht, werden sie von den geweihten Herren im weiten Talar ins Abseits gestellt: Taufe, Erteilung des Ehesakramentes und Krankensalbung sind für Frauen tabu.
Wichtiger noch: Die Eucharistiefeier bleiben ebenfalls den geweihten Pfarrern vorbehalten. Gleichberechtigung, wie sie im politischen und sozialen Leben angestrebt und vorangetrieben werden, sieht anders aus.
Auch wenn es viele Frauen im kirchlichen Dienst innerlich fast zerreisst, künden nur wenige. Als Grund geben die meisten an, sie könnten besser Einfluss nehmen, wenn sie sich innerhalb der Institution engagierten. Also den Marsch durch die Instanzen antreten würden.
Wie glaubwürdig ist dieses Argument? Die betroffenen Frauen bringen gern zwei kürzliche Ereignisse vor, um die Öffnung der katholischen Kirche zu dokumentieren. Sie verweisen auf die Weltsynode, bei der zum ersten Mal Frauen als gleichberechtigte Synodale teilnehmen durften.
Das ist zwar bemerkenswert und löste bei vielen Kardinälen und Bischöfen Unverständnis aus, doch Wünsche und Forderungen der Synode blieben Makulatur und zeitigten keine konkreten Ergebnisse. Mehr als eine symbolische Geste blieb die Integration der Frauen also nicht.
Das zweite Ereignis betrifft die Ankündigung von Papst Franziskus, Geistliche dürften in Zukunft auch gleichgeschlechtliche Paare segnen. Wörtlich spricht die Botschaft von «der Möglichkeit der Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren». Damit sollen die aufmüpfigen Gläubigen besänftigt werden.
Von der Segnung haben die Schwulen jedoch wenig, sie wollen vielmehr gleichberechtigt in den Kirchen heiraten. Doch darauf können sie noch lang warten. Sehr lang. Denn vorerst müsste die katholische Kirche ihre DNA gründlich umprogrammieren. Was sie in absehbarer Zeit nicht tun wird.
So kämpfen Bischöfe in manchen afrikanischen Ländern dafür, dass Homosexualität weiterhin ein Verbrechen ist, das strafrechtlich geahndet werden soll. Trotzdem haben viele Homosexuelle die Hoffnung nicht aufgeben, im Schoss der Kirche heiraten zu dürfen.
Es erstaunt, dass viele schwule und lesbische Menschen sich immer noch nach einer kirchlichen Trauung sehnen. Man sollte meinen, dass sie sich angewidert von einer Institution abwenden würden, die sie derart ausgrenzt und diskriminiert. Von einer Institution auch, die in dieser Frage verlogen handelt. So dürfen die Pfarrer Homosexuelle weiterhin nicht trauen, aber Zehntausende von Schwulen haben die Priesterweihe erhalten und dürfen die Sakramente spenden. Was, wie erwähnt, den Frauen verwehrt bleibt.
Diese Doppelmoral zeigt, wie tief der Wurm tatsächlich steckt.