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Zehntausende Konservative demonstrieren in Polen gegen die Regierung

Video: watson/zvg

In Polen brodelt es: Zehntausende Konservative demonstrieren gegen die Regierung

Zehntausende haben in Polen gegen die Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk demonstriert. Es geht um die EU, inhaftierte Politiker – und das Fernsehprogramm.
12.01.2024, 07:0512.01.2024, 18:08
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Die überwiegend älteren Anhänger der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS versammelten sich am Donnerstag zunächst vor dem Parlamentsgebäude in Warschau und liefen später zum Regierungssitz. Sie trugen polnische Fahnen sowie Plakate mit der Aufschrift: «Hier ist Polen, kein Tuskoland» und «Kulturminister – Zensurminister».

Nach Schätzungen des Warschauer Rathauses waren es 35'000 Teilnehmer, ein Sprecher der Partei gab die Zahl hingegen mit fast 200'000 an.

epa11055459 Polish Prime Minister Donald Tusk speaks during a press conference after a meeting of his cabinet at the PM's Office in Warsaw, Poland, 03 January 2024. Prime Minister Tusk announced  ...
Donald Tusk.Bild: keystone

Bei seinem Auftritt vor den Demonstranten warnte der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski, die EU plane die «Liquidierung des polnischen Vaterlandes» und wolle es zu einem «Wohngebiet für Polen» reduzieren. Die PiS unterstellt Tusk, dass er im Auftrag Deutschlands handele. Mit Blick auf die seit einem knappen Monat amtierende proeuropäische Koalitionsregierung von Tusk sagte Kaczynski:

«Das ist keine polnische Regierung.»

Der von den im Oktober abgewählten Nationalkonservativen organisierte «Protest der freien Polen» sollte sich ursprünglich gegen die Umgestaltung der öffentlich-rechtlichen Medien richten. Die Regierung von Tusk hatte vor einigen Wochen mit dem Umbau des Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios sowie der Nachrichtenagentur PAP begonnen. Sie wirft ihnen vor, sie hätten in den vergangenen Jahren unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.

epa11069783 People protest during a demonstration organized by the opposition party Law and Justice under the slogan "Protest of Free Poles" in front of the seat of the Polish Parliament in  ...
Warschau, am 11. Januar 2024.Bild: keystone

Politiker als «politische Gefangene»

Allerdings hat der Streit um die Verhaftung von zwei rechtskräftig verurteilten PiS-Politikern den Fokus der Demonstration verschoben. Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik waren am Dienstag verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden, nachdem sie zunächst Schutz im Präsidentenpalast bei Staatsoberhaupt Andrzej Duda gesucht hatten. Die PiS bezeichnet die beiden als «politische Gefangene».

epa11069885 Graphics with the image of imprisoned Law and Justice party politicians, former Minister of Internal Affairs Mariusz Kaminski and his deputy Maciej Wasik, are displayed on the facade of th ...
Solidaritätsbekundung mit den inhaftierten Politikern.Bild: keystone
Supporters of right-wing Law and Justice party protest before the parliament building in Warsaw, Poland, on Thursday, Jan. 11, 2024. Law and Justice, frustrated over its recent loss of power, urged it ...
Forderung nach der Freilassung der inhaftierten Politiker.Bild: keystone

Kaminski und Wasik waren im Dezember in einem Berufungsverfahren von einem Warschauer Bezirksgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden und sollten ihre Strafe antreten. Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt. Das Oberste Gericht hatte diese Begnadigung aber für nicht rechtmässig erklärt, da seinerzeit das Berufungsverfahren noch lief. Duda kündigte am Donnerstag kurz vor Beginn der Demonstration an, er wolle Kaminski und Wasik ein zweites Mal begnadigen.

Parteichef Kaczynski rief die Demonstranten zu kurzen Protestaktionen vor den beiden Haftanstalten auf, in denen Kaminski und Wasik untergebracht sind. (yam/sda/dpa)

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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hierundjetzt
12.01.2024 09:03registriert Mai 2015
Wies scheint konnte die PiS und Duda die Justiz nicht wie geplant zerstören.

Trotz ihrer jahrelanger harter Arbeit und den dann zu recht erfolgten Mrd Bussen der EU
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sowhat
12.01.2024 08:50registriert Dezember 2014
Einmal mehr sehen wir, dass Erzkonservative demokratische Wahlen nicht akzeptieren. Sie wollen hier eine Regierung stürzen, die von einer Mehrheit gewählt wurde. TROTZT rechtsmanipulierter Medien.

Ich fürchte die Demokratie als Organisationsform von Gemeinwesen nähert sich langsam dem Ende ihres Lebenszyklus.
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FrancoL
12.01.2024 10:47registriert November 2015
Wieder eine Lehrstunde in Sachen rechter Populisten und deren Auffassung der Demokratie. Einmal an der macht kriegt die Demokratie diese nicht mehr weg von den Schalthebeln und der Rechtsstaat wird mit Füssen getreten.
Darum; wehret den Anfängen! oder braucht man noch mehr Beweise?
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