Eigentlich sollte sie «Rhinozeros», «Stier» oder «Nashorn» heissen, sogar kuriose Namen wie «Rüssel» waren anfangs in der Verlosung. Doch weil man sich in Deutschland auf keinen Namen für das Artilleriesystem einigen konnte, blieb man bei der Werksbezeichnung: «Panzerhaubitze 2000».
Die Niederlande hatten in dieser Woche angekündigt, Panzerhaubitzen dieses Typs an die Ukraine abgeben zu wollen, Deutschland wollte sich zunächst nur um die Ausbildung der ukrainischen Soldaten und um Munition für die niederländischen Systeme kümmern. Doch nun scheint die Bundesregierung auch Lieferungen aus Bundeswehr -Beständen zu erwägen.
Das wäre ein weiterer Schritt in der Unterstützung der ukrainischen Armee mit schweren Waffen für ihren Kampf gegen die russische Invasion. Einerseits ist die Panzerhaubitze 2000 ein moderneres System und die Bundeswehr bewirbt sie sogar als «modernste Haubitze der Welt». Anderseits kann sie im Notfall zur Selbstverteidigung auch mit waagerechtem Rohr schiessen. Der Weg zur Lieferung von modernen westlichen Kampfpanzern würde damit immer kürzer werden.
Die Bundesregierung prüft aktuell nach der bewilligten Lieferung von Gepard-Panzern die Übergabe weiterer schwerer Waffen an die ukrainische Armee. Dabei gehe es um die Panzerhaubitze 2000, sagte eine Person aus Sicherheitskreisen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte die «Welt» darüber berichtet.
Damit setzt sich die Bundesregierung über Drohungen der russischen Regierung hinweg, die die Waffenlieferungen an die Ukraine als Gefahr für die Sicherheit in Europa wertet. Die Bundesregierung stimme sich mit der niederländischen Regierung ab, hiess es in den Kreisen weiter. Die Niederlande hatten bereits früher die Lieferung der Haubitzen zugesagt.
«Wir sind in Gesprächen mit diversen Partnern mit dem Ziel der wirkungsvollen Unterstützung der Ukraine – auch im Bereich der Artillerie. Dabei gibt es verschiedene Optionen, die aktuell geprüft werden», zitierte die «WamS» eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums. Ein Problem ist demnach jedoch, dass von den 119 Panzerhaubitzen 2000 der Bundeswehr derzeit nur rund 40 einsatzbereit seien.
Die Bundeswehr stehe der Lieferung selbst einer einstelligen Zahl von Haubitzen deshalb kritisch gegenüber, hiess es in der Zeitung. Allerdings hätten sich auch Vertreter der niederländischen Streitkräfte zunächst skeptisch zu einer Abgabe der Waffen geäussert, die Regierung in Den Haag habe sich über die Bedenken jedoch aus politischen Gründen hinweggesetzt.
Fest steht: die Ukraine braucht für den Abnutzungskrieg und die Feldschlacht im Donbass mehr und bessere Artilleriesysteme. Der Krieg findet aktuell mehr auf offenem Gelände statt und die Schnelligkeit der mechanisierten Verbände ist eine der Stärken der russischen Armee. Ausserdem verfügen die Truppen von Wladimir Putin eine breit aufgestellte Artillerie, die ukrainische Stellungen angriffsreif schiessen kann, bevor die russischen Verbände vorrücken. Diese Art der Kriegsführung können wir aktuell im Osten der Ukraine beobachten.
Deshalb machen die Lieferungen von Flugabwehr- und Artilleriesystemen durchaus Sinn. Aber während der Flakpanzer «Gepard» schon aus Altersgründen ausgemustert wurde und beim Schützenpanzer «Marder» unklar ist, ob man ihn überhaupt funktionsfähig abgeben könnte, gehört die Panzerhaubitze 2000 zu den moderneren Systemen der Bundeswehr.
Im Prinzip ist die Panzerhaubitze 2000 demnach genau das Waffensystem, das die Ukraine für den Kampf im Donbass benötigt. Damit würde die Ukraine ihre Fähigkeit verbessern, russische Artilleriestellungen unter Feuer zu nehmen und sie wäre mit dem System eher in der Lage, auf schnelle Vorstösse von russischen Panzerverbänden reagieren zu können. Bisher haben westliche Verbündete eher Haubitzen an die Ukraine gegeben, aber die sind im Vergleich zur Panzerhaubitze 2000 unflexibel.
Unproblematisch ist die Abgabe der Panzerhaubitze 2000 an die ukrainische Armee trotzdem nicht. Die ukrainischen Soldaten müssen an den Systemen ausgebildet und in ihrem Einsatz trainiert werden und das braucht natürlich Zeit. Nicht so viel Zeit wie beim «Gepard», aber dennoch wenige Monate. Mittlerweile zeichnet sich in der Ukraine ein Abnutzungskrieg ab, deshalb erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt möglich, dass diese Ausbildung Sinn ergeben würde, auch wenn die Panzerhaubitzen erst im Sommer auf dem Gefechtsfeld auftauchen würden.
Trotzdem trifft auch die Bundesregierung die Entscheidung über die Lieferung nicht leichtfertig, bislang wollte man zum Beispiel keine Kampfpanzer liefern, weil man nicht riskieren wollte, vom Kreml als Kriegspartei gesehen zu werden. Zwar wird Deutschland durch Waffenlieferungen völkerrechtlich keine Kriegspartei, aber der russische Präsident zeigt wiederum mit seinem Angriffskrieg, was er vom Völkerrecht hält. Deshalb ist die Entscheidung über den Export von schweren Waffen eine sensible Abwägungssache – so auch bei der Panzerhaubitze 2000.