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Ukraine-Siegesplan: Selenskyj fordert NATO-Einladung und macht Angebote

Ukrainian President Volodymyr Zelenskyy poses at theFrench National Assembly before his address to lawmakers, Friday, June 7, 2024 in Paris. U.S. President Joe Biden was due to meet with Ukrainian Pre ...
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch seinen Siegesplan vorgestellt.Bild: keystone

So soll der Krieg spätestens 2025 enden: Selenskyj stellt Siegesplan vor

In einer Rede vor dem ukrainischen Parlament stellt Selenskyj seinen Siegesplan vor. Einige Details sind nur Partnern bekannt. Der Kreml und die NATO haben bereits reagiert.
16.10.2024, 15:3618.10.2024, 14:47
Julian Seiferth / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Die von Russland angegriffene Ukraine fordert zur Beendigung des Krieges eine sofortige Einladung in die NATO. «Dieser Plan hängt von den Partnern ab. Ich unterstreiche: von den Partnern», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj im Parlament in Kiew, wo er seinen «Siegesplan» für die Abgeordneten und die Militärführung vorstellte.

Sollte der Plan umgesetzt werden, sei ein Ende des Krieges «spätestens nächstes Jahr» möglich.

Weiter sei es wichtig, die von der Ukraine geführten Kämpfe auf russisches Gebiet zu tragen. Die Bevölkerung dort solle verstehen, was Krieg sei, und ihren Hass gegen den Kreml richten.

Selenskyj schlägt Abschreckung vor

Die Begrenzungen zum Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele im russischen Rückraum sollten aufgehoben werden, sagte der ukrainische Präsident. Nachbarländer der Ukraine sollten von ihrem Gebiet russische Drohnen abschiessen, die gegen die Ukraine zielen.

Weiter schlägt der ukrainische Präsident unter anderem vor, in seinem Land ein grosses, aber nicht-nukleares Waffenarsenal zu stationieren, das Russland von weiterer Aggression abhalten solle.

Selenskyj hatte die Strategie zuvor den Verbündeten in Washington sowie in London, Paris, Rom und Berlin vorgestellt, nicht alle Punkte darin waren öffentlich bekannt.

Der Plan, den Selenskyj den Abgeordneten vorstellte, besteht aus fünf Phasen, die laut osteuropäischen Medien die folgenden sind:

Erste Phase: NATO-Beitritt

FILE - Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy and NATO Secretary General Jens Stoltenberg wrap up a joint press conference on July 11, 2024. (AP Photo/Mark Schiefelbein, File)
Volodymyr Zelensky ...
Der damalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Selenskyj an einem Treffen im Juli.Bild: keystone

Die Ukraine müsse in die NATO aufgenommen werden, so Selenskyj. So könnten die Partner ihre Entschlossenheit demonstrieren. Konkret: Man erwarte eine sofortige Einladung in das Verteidigungsbündnis.

Der deutsche Militärexperte Markus Mölling ordnet ein:

«Wichtig ist an Selenskis Sieges- oder Friedensplan, dass die Ukraine damit erstmals nicht nur Forderungen stellt, sondern auch dazu bereit ist, etwas zu liefern. Zum einen Rohstoffe, die für Europa wichtig sind, um sich unabhängig von Russland und China zu machen. Zum anderen bietet die Ukraine an, mit ihren sehr kampferfahrenen Soldaten die immer weiter zurückgehende Unterstützung der Amerikaner zu kompensieren.»
quelle: srf.ch

Zweite Phase: Verteidigung

Die Ukraine will laut Selenskyj die eigene militärische Verteidigung stärken und dafür auch auf eigenem Gebiet Waffen und Munition herstellen. Auch die westlichen Partner müssten ihre Produktion erhöhen.

Weiterhin brauche es eine gemeinsame Luftverteidigung der Ukraine sowie die Aufhebung von Beschränkungen in der Reichweite westlicher Waffen bei Angriffen auf russisches Gebiet.

Selenskyj fordert ausserdem Zugang zu westlichen Geheimdienstinformationen über Russland.

Dieser Teil des Planes enthält laut Selenskyj Geheimklauseln, die nur westlichen Partnern mit den «entsprechenden Fähigkeiten zur Unterstützung» der Ukraine bekannt sind.

Dritte Phase: Abschreckung

FILE - In this image released by the U.S. Department of Defense, German soldiers assigned to Surface Air and Missile Defense Wing 1, fire the Patriot weapons system at the NATO Missile Firing Installa ...
Eine Boden-Luft-Rakete von NATO-Streitkräften in Griechenland.Bild: keystone

Selenskyj fordert eine nicht-nukleare Abschreckung Russlands, um weitere Angriffe auf die Ukraine zu verhindern. Zu diesem Zweck müsste ein umfassendes Waffenpaket auf ukrainischem Boden stationiert werden. Auch dieser Teil des Planes soll geheime Klauseln beinhalten. Diese seien den Staatschefs der Vereinigten Staaten, Deutschlands, Frankreichs und Italiens bekannt.

Vierte Phase: Wirtschaft

Die Ukraine müsse ihr eigenes wirtschaftliches Potenzial erhöhen und ausschöpfen, so Selenskyj. Gleichzeitig fordert er Druck auf Russland durch weitere Wirtschaftssanktionen sowie die Begrenzung von russischen Ölpreisen und -exporten.

Fünfte Phase: Nach dem Krieg

Shelled wall with a drawing of a dove in the colors of the flag of ukraine, blue and yellow. The dove is a symbol of purity, light, peace, love, the human soul. Ukraine, Kyiv - May 06, 2023 Model Rele ...
Wie macht die Ukraine nach dem Krieg weiter?Bild: www.imago-images.de

Nach dem Krieg verfüge die Ukraine über eines der erfahrensten Militärs der Welt. «Diese Expertise ist eine Garantie für die Sicherheit in ganz Europa», erklärte Selenskyj. Durch den Einsatz ukrainischer Veteranen in den Sicherheitsapparaten der NATO und Europas könnte das US-Kontingent an diesen Stellen überflüssig gemacht werden. «Das ist eine ehrenwerte Mission für unsere Helden», sagte er.

Die Reaktion des Kremls

Der Kreml deutet den sogenannten Siegesplan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als ein Diktat der USA. Dahinter stehe nichts anderes als die amerikanische Absicht, den Krieg weiterzuführen und «bis zum letzten Ukrainer gegen uns zu kämpfen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Er äusserte sich nach eigenem Eingeständnis aber, ohne den Auftritt Selenskyjs im ukrainischen Parlament in Kiew verfolgt zu haben. Das meldeten russische Nachrichtenagenturen in Moskau.

Peskow sagte, ein Ende des Krieges werde erst möglich, wenn die Ukraine die – wie er es nannte – Perspektivlosigkeit ihrer Politik einsehe.

Russlands Ziele in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren dauernden Angriffskrieg laufen daraus hinaus, sich grosse Teile der Ukraine einzuverleiben und das Nachbarland zu unterwerfen. Eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine will Moskau verhindern.

Die Reaktion der NATO

Der neue NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat zurückhaltend auf den ukrainischen Wunsch nach einer schnellen Einladung zum Beitritt in das westliche Militärbündnis reagiert. Rutte verwies bei einer Pressekonferenz in Brüssel auf die Beschlüsse des jüngsten NATO-Gipfels in Washington.

Bei diesem NATO-Gipfel hatten sich Befürworter einer schnellen Einladung nicht gegen Gegner wie die USA und Deutschland durchsetzen können. Die Bündnisstaaten konnten sich lediglich darauf verständigen, der Ukraine allgemein zuzusichern, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufzuhalten sei.

Zugleich wurde in der Gipfelerklärung noch einmal explizit betont, dass eine formelle Einladung zum Beitritt erst ausgesprochen werden kann, wenn alle Alliierten zustimmen und alle Aufnahmebedingungen erfüllt sind. Dazu zählen Reformen im Bereich der Demokratie und Wirtschaft sowie des Sicherheitssektors. Gegner einer NATO-Einladung an die Ukraine befürchten zudem, dass ein solcher Schritt zu einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges führen könnte.

Rutte sagte nun bei der Medienkonferenz in Brüssel allgemein, er stehe in engem Kontakt mit den Verbündeten und der Ukraine, um zu sehen, wie man die nächsten Schritte in Richtung Beitritt gehen könne. Zudem betonte er, dass Russland und Kremlchef Wladimir Putin keinerlei Mitspracherecht oder Veto in der Diskussion hätten.

«Letztlich ist das Wichtigste, das wir erreichen müssen, dass die Ukraine in der bestmöglichen Position ist, wenn die ukrainische Regierung eines Tages entscheidet, Gespräche zur Beendigung dieses Krieges aufzunehmen. Sie muss in einer sehr starken Position sein, wenn dieser Moment kommt.»

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA

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299 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Raketenwissenschaftler
16.10.2024 13:29registriert Januar 2023
Selensky irrt sich: Die NATO kann keine Länder aufnehmen, welche offene Grenzkonflikte haben oder gar im Krieg sind.
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Chalbsbratwurst
16.10.2024 13:47registriert Juli 2020
Ich würde mir ja wünschen das der Plan funktioniert.

Aber der Plan wird schon in der ersten Phase scheitern da ein NATO-Beitritt der Ukraine sofort alle NATO-Mitglieder dazu verpflichten würde Truppen in die Ukraine zu entsenden. Deshalb wird die Ukraine niemals in der NATO aufgenommen werden solange der Krieg noch tobt.
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RobertP
16.10.2024 13:28registriert April 2023
Ist Selenskyj mit diesem "Plan" gerade All-in gegangen? Er fordert sozusagen ein direktes Eingreifen der NATO. Was tut er, wenn dies von der NATO zurückgewiesen wird?
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