Der 44-Jährige habe mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstossen, teilte das Gericht am Dienstag mit. Deshalb wurde eine frühere Bewährungs- nun in eine echte Haftstrafe umgewandet. «Ich war in Deutschland in Behandlung», hatte Nawalny dazu im Gerichtssaal vor dem Urteil der vom Kreml eingesetzten Richterin Natalia Repnikowa gesagt.
Der Gegner von Präsident Wladimir Putin hatte sich in Berlin und Baden-Württemberg fünf Monate lang von einem Anschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok erholt.
Nawalny, der das Urteil still aufnahm, hatte zuvor deutlich gemacht, dass er sich deshalb nicht habe in Moskau persönlich melden können. Er nutzte seinen von Medien als «historisch» bezeichneten emotionalen Auftritt vor Gericht für einen neuen Angriff auf Putin.
Der Präsident werde als «Wladimir, der Vergifter der Unterhosen» in die Geschichte eingehen, sagte Nawalny. Er erinnerte daran, dass er im August nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift überlebte. Für das Attentat macht er Putin und Agenten des Inlandsgeheimdienstes FSB verantwortlich.
Das «Killerkommando» soll seine Unterhose mit dem Gift benetzt haben. «Sein einziges Kampfinstrument ist das Töten», sagte Nawalny über Putin. Nawalny sieht den Prozess als Strafe des Kreml dafür, dass er nicht gestorben ist. Präsident Putin und der FSB hatten die Anschlagsvorwürfe zurückgewiesen.
Richterin Repnikowa forderte den Oppositionellen auf, vor Gericht keine Politik zu machen. Nawalny dagegen appellierte an die Menschen, ihre Angst zu überwinden.
Am Gerichtsgebäude agierte ein beispielloses Polizeiaufgebot. Hundertschaften der auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Sonderpolizei OMON bewachten das Moskauer Stadtgericht und sperrten es weiträumig mit Metallgittern ab, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Die Staatsmacht rüstete sich so gegen Proteste von Nawalnys Unterstützern. Das unabhängige Portal ovdinfo.org berichtete von mehr als 300 Festnahmen am Dienstag. Am Abend wurde auch das Zentrum in Moskau samt Rotem Platz abgeriegelt.
Nach dem Urteil gegen den Kremlgegner Alexej Nawalny hat es am Dienstagabend in Moskau viele Festnahmen gegeben. Videos in sozialen Netzwerken zeigte, wie Anhänger Nawalnys im Zentrum der russischen Hauptstadt von Sicherheitskräfte abgeführt und zu Polizeibussen gebracht wurden. Menschenrechtler sprachen auf den gesamten Tag verteilt von mehr als 520 Festnahmen. Bereits während der mehrstündigen Gerichtsverhandlung nahm die Polizei immer wieder Menschen in Gewahrsam. Das Verfahren galt als politisch motiviert.
Zum Prozess kam auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja, die eine schwarze Gesichtsmaske trug.
Nawalny stand in einem Glaskasten im Gerichtssaal und sprach mit seiner Frau, wie der Internet-Kanal Doschd berichtete. «Sie haben Dich im Fernsehen in meiner Zelle gezeigt und erzählt, dass Du ständig die öffentliche Ordnung störst. Böses Mädchen! Ich bin stolz auf Dich», sagte er demnach.
Nawalnaja war bei den Protesten zuletzt zweimal festgenommen worden. Am Montag wurde sie zu 20'000 Rubel (219 Euro) Geldstrafe verurteilt. Bei der Urteilsverkündung weinte die 44-Jährige.
Die Verteidiger des Kremlgegners Alexej Nawalny wollen die von einem Gericht in der russischen Hauptstadt Moskau verhängte Haftstrafe anfechten. «Natürlich werden wir Berufung einlegen», sagte die Anwältin Olga Michailowa im Gerichtssaal. Zudem wolle sie sich an den Europarat wenden, sollte eine frühere Entscheidung des Europäischen Gerichtshof nicht befolgt werden.
Viele Experten sehen in dem Prozess einen neuen Versuch, den prominentesten Gegner Putins zum Schweigen zu bringen. In der Zeit in Deutschland, als Nawalny sich von dem Attentat erholte, soll er sich – anders als in dem früheren umstrittenen Strafverfahren vorgeschrieben – nicht bei den russischen Behörden gemeldet haben. Der Strafvollzug hatte ihn deshalb zur Fahndung ausgeschrieben und angekündigt, eine Umwandlung der Bewährungs- in eine Haftstrafe anzustreben.
Der Strafvollzug hatte dreieinhalb Jahre Gefängnis gefordert. Nawalny habe insgesamt sieben Mal die Meldepflicht verletzt, hiess es vor Gericht. Zudem wurde eine Geldstrafe von 500'000 Rubel (rund 6000 Franken) gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte darauf plädiert, die Haftstrafe um das Jahr, das Nawalny in Hausarrest verbracht hatte, zu reduzieren. Zunächst war unklar, ob das angerechnet wird. Zu den Vorwürfen sagte Nawalny, dass sogar Putin öffentlich bekanntgegeben habe, dass der «Patient» in Deutschland sei. «Hören Sie etwa dem Präsidenten nicht zu?», fragte Nawalny vor Gericht.
Das Vorgehen der russischen Justiz hatte international Entsetzen ausgelöst. Die EU wird die Verurteilung des russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny nach einer Mitteilung von Ratspräsident Charles Michel nicht akzeptieren. Die Justiz dürfe nicht politisiert werden, twitterte der Belgier am Dienstagabend. Zahlreiche Länder und ihre Abgeordneten kritisierten das Urteil und die Vorgehensweise gegenüber den Demonstrierenden – darunter Deutschland, Dänemark, Tschechien, die Skandinavischen Länder, Frankreich, Grossbritannien und die baltischen Staaten.
Das Strassburger Gericht sprach Nawalny auch Schadenersatz zu, den Russland sogar zahlte. «Statt Nawalny und seine Unterstützer weiter zu verfolgen, zu unterdrücken und zu kriminalisieren, müssen endlich strafrechtliche Ermittlungen beginnen, um das Gift-Attentat auf ihn aufzuklären», verlangte die Ministerin.
Russland lehnt Ermittlungen ab, weil es keine Hinweise auf eine Vergiftung sieht. Mehrere westliche Labors, darunter eins der Bundeswehr, hatten die Nowitschok-Spuren allerdings zweifelsfrei nachgewiesen. Die EU hat deshalb Sanktionen gegen ranghohe russische Funktionäre verhängt.
Nawalnys Team fordert wegen der Inhaftierung weitere Sanktionen gegen Oligarchen und Funktionäre aus dem Umfeld Putins. Das russische Parlament will solche Aufrufe zu Sanktionen künftig per Gesetz unter Strafe stellen lassen.
Die internationale Kritik am Vorgehen gegen Nawalny wies Moskau erneut scharf zurück. Russland werde «Belehrungen» der EU nicht hinnehmen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Sprecherin des Aussenministeriums, Maria Sacharowa, kritisierte bei Facebook die Anwesenheit mehrerer Diplomaten bei dem umstrittenen Prozess gegen Nawalny in Moskau als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands. Dagegen wiesen Historiker darauf hin, dass sogar Sowjetdiktator Josef Stalin zu den kommunistischen Schauprozessen einst Einladungskarten an ausländische Gäste verschickt habe. (sda/dpa)
Nawalny musste sich täglich auf Polizeistationen melden, dass er noch da ist.
Dann wurde er vergiftet, nach Deutschland gebracht und konnte sich somit nicht mehr bei der Polizei melden (die Polizei wusste aber, dass er sich zu 99% in der Berliner Charite aufhält) und muss deswegen 3.5 Jahre ins Arbeitslager?
Wenn das stimmt, dann muss Russland von der Verbrecherbande mit & um Putin befreit werden.