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Zwischen 2013 und 2016 war Philip Breedlove oberster Befehlshaber der US-Truppen in Europa und hatte die gleiche Funktion auch innerhalb der NATO inne. In der jüngsten Ausgabe des geopolitischen Magazins «Foreign Affairs» erklärt er die Strategie der NATO gegenüber Russland.
Nach dem Ende des Kalten Krieges fuhren die Amerikaner ihre militärische Präsenz in Europa massiv zurück, und zwar von über 400'000 Mann auf weniger als 100'000. Für die USA rückten andere Prioritäten in den Vordergrund: Irak, Afghanistan und neuerdings auch China.
Auch die anderen NATO-Staaten zogen ihre Friedensdividende ein und kürzten ihre Militärausgaben. «Nur eine Handvoll von NATO-Staaten sind heute in der Lage, Kampfhandlungen durchzuführen, und keine (ausser den USA) kann es über einen längeren Zeitraum tun», klagt Breedlove.
Ganz anders Russland. Nachdem die chaotische Jelzin-Phase vorbei war, begann ein systematischer Neuaufbau der Streitkräfte. «Nach 1998 erhöhte Russland jedes Jahr seine Militärausgaben», stellt Breedlove fest. «Gleichzeitig begann es, sich systematisch in die Angelegenheiten seiner Nachbarn einzumischen, beispielsweise indem es mehrmals die Gaslieferungen in die Ukraine aussetzte.»
2008 wurde dem Westen schlagartig klar, dass Russland sich wieder in der Rolle des grossen Widersachers des Westens sieht. Putin nützte die Tatsache aus, dass die USA mit dem Irak und Afghanistan beschäftigt waren und liess seine Truppen in Süd-Ossetien einmarschieren. Damals war dies noch Teil von Georgien und Georgien war im Begriff, sich der NATO anzunähern.
«Das russische Vorgehen in Georgien war der Masterplan für die Aktionen in der Ukraine», stellt Breedlove fest. Spätestens dann war klar, dass Putin keineswegs ein friedliches Mitglied eines europäischen Hauses sein würde, wie sich der Westen dies gewünscht hätte.
Im Gegenteil: Schon 2005 hatte Wladimir Putin seine inzwischen legendäre Äusserung gemacht, wonach der Kollaps der UdSSR die «grösste geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts» gewesen sei. Mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim hatte er die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. «Die Grundlage jeder Strategie in Europa muss die Erkenntnis sein, dass Russland eine dauernde und existenzielle Bedrohung für die USA, ihre Alliierten und das internationale System ist», so Breedlove.
Ebenfalls von Putin stammt die Äusserung, wonach er als Teenager in St.Petersburg gelernt habe, stets als Erster zuzuschlagen. Breedlove rät daher zum gleichen Vorgehen. «Die Vereinigten Staaten und ihre Alliierten sollten proaktiv werden und die russischen Pläne durchkreuzen, bevor Moskau aggressiv handelt», stellt er fest.
Die NATO hat deshalb ihre militärischen Bemühungen erhöht, um allfällige russische Aktionen frühzeitig kontern zu können. Sie führt vermehrt Manöver durch und hat eine so genannte «Very High Readiness Joint Task Force» ins Leben gerufen, eine Elite-Brigade, die innert kürzester Zeit in Aktion treten kann. Im letzten Sommer hat die NATO auch angekündigt, ihre Response Force auf 40'000 Mann aufzustocken.
«Russland hat bewiesen, dass es mit wenig Anstrengung Washington und seine Alliierten in Angst versetzen kann», so Breedlove. Das soll sich mit der neuen Strategie ändern. «Der Kreml respektiert nur Stärke und nimmt jede Gelegenheit wahr, wenn andere schwach oder nicht aufmerksam sind», warnt Breedlove. «Deshalb müssen die Vereinigten Staaten und die NATO auf der Hut sein.»