Herr Knutti, Sie sind Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich. Wie schlimm sind die Lecks an der Nord-Stream-Pipeline und das dadurch freigesetzte Methangas für die Umwelt?
Reto Knutti: Im Moment ist es schwierig zu beurteilen, wie viel Gas genau durch die Lecks herausgekommen ist. Genau wissen das nur die Betreiber. Aber es gehört vermutlich zu den grössten Gas-Lecks der Geschichte. Insofern ist es ein Riesenereignis, doch für den globalen Klimawandel hat es nur kleine Auswirkungen.
Laut der Deutschen Regierung sind aber ganze 300'000 Tonnen Methan freigesetzt worden. Ist das nicht problematisch?
Doch, aber die globalen Emissionen von Methan bewegen sich im Bereich von über 100 Millionen Tonnen. Die 300'000 Tonnen der Nord-Stream-Pipeline tönen nach viel, aber es ist nur ein kleiner Teil der Weltemissionen.
Politiker des EU-Parlaments sprechen jedoch von einer Umweltkatastrophe.
Ich würde diesen Wortlaut nicht unterstützen. Laut der dänischen Energiebehörde machen die freigesetzten Methanemissionen aus den Nord Stream Pipelines rund 32 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen Dänemarks aus. Wie die Schweiz ist Dänemark für rund 1 Promille der Weltemissionen verantwortlich.
Demnach ist der Schaden klein?
Es kommt auf das Verhältnis darauf an. Die Nord Stream Methanemissionen entsprechen weniger als ein Promille der weltweiten Treibhausgasemissionen. Damit ist der Effekt auf die globale Klimaentwicklung vernachlässigbar.
Und für die Entwicklung der Region, wo sich die Pipelines befinden?
Treibhausgase sind langlebig. Sie benötigen 10 bis 100 Jahre, bis sie abgebaut sind. Die Durchmischzeit in der Atmosphäre geschieht jedoch innert Wochen, womit es sich schnell über die ganze Welt verteilt. Es gibt darum keine Hinweise, dass das Klima in Dänemark stärker betroffen ist als sonst irgendwo auf der Welt.
Also müssen die Länder in der Nähe der Nord Stream Lecks keine speziellen Massnahmen ergreifen?
Nein, denn auch wenn einzig sie betroffen wären – gegen Klimaauswirkungen können sie sich kaum schützen.
Das deutsche Umweltministerium betonte, die Methanaustritte seien zwar klimaschädlich, aber keine Bedrohung für die Meeresumwelt. Wie passt das zusammen?
Die Besorgnis ist nicht, dass die Methanemissionen Auswirkungen haben auf die Lebewesen im Meer oder giftig sind. Es betrifft sie nicht direkt. Aber es wird Auswirkungen haben auf die globale Klimaerwähnung und diese beschleunigen. Das hat dann irgendwann indirekt Einfluss auf die Meeresumwelt.
Kann man einschätzen, wie sehr die Methanemissionen die Klimaerwärmung beschleunigt?
Nein. Ich vermute, dass langfristig die Auswirkung auf das Klima klein sein wird. Aber die grosse Frage nach den Lecks ist eine andere.
Und die wäre?
Wie gewährleisten wir die Versorgungssicherheit? Wir benötigen Energie, um durch den Winter zu kommen. Vielleicht beschleunigen die Lecks an der Pipeline die Energiewende. Meine Hoffnung ist, dass wir uns dadurch mehr auf alternative Energien fokussieren und aufhören, nur zu warten.
1. Gebäude isolieren
2. In günstigen Lagen Wärmekollektoren anbringen
3. wo möglich Wärme in Wassertanks speichern (Jennitank)
4. Mist zu Biogas vergären
und so weiter