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Schweiz

Snus: Bundesrat fürchtet absurden Einkaufstourismus

Für billigeren Snus nach Schweden: Bundesrat fürchtet Einkaufstourismus

Nicht auf alle Tabakprodukte gelten hohe Steuerabgaben. Das wollten Politiker ändern. Und stossen mit ihren Forderungen beim Bundesrat auf Granit. Zumindest vorläufig.
26.11.2025, 18:3726.11.2025, 18:37
Michael Graber / ch media

Sie sind im Bus, in der Beiz, im Ausgang: Überall hat es Menschen, die sich meist etwas unauffällig ein kleines Päckli unter die Oberlippe schieben. In den letzten Jahren hat die Anzahl der Snuser und Snuserinnen kräftig zugenommen. Im Päckli ist Tabak, dieser gibt meist Nikotin ab. Auch Snus kann abhängig machen.

Solche Snus-Beutel erfreuen sich gerade bei Jugendlichen grosser Beliebtheit.
Solche Snus-Beutel erfreuen sich gerade bei Jugendlichen grosser Beliebtheit. bild: Keystone

Besonders bei Jugendlichen ist Snus beliebt. Mitunter wird sogar während des Unterrichts gesnust. Das Produkt ist auch darum attraktiv, weil es verhältnismässig günstig ist. Eine Dose mit rund 20 Päckchen Snus kostet deutlich unter 10 Franken. Serviert wird es in allen Geschmacksrichtungen, von Blueberry bis Mango.

Der tiefe Preis erklärt sich unter anderem damit, dass Snus zwar ein Tabakprodukt ist, aber deutlich tiefer besteuert wird als etwa Zigaretten. Es gilt ein Steuertarif von 10 Prozent. Bei einer Packung Zigaretten ist mittlerweile fast die Hälfte des Verkaufspreises eine steuerliche Abgabe. Patrick Hässig, Gesundheitspolitiker der Grünliberalen, forderte deshalb zumindest einen Zwischenschritt: Snus solle gleich besteuert werden wie Feinschnitt- und Wasserpfeifentabak. Das wäre rund dreimal mehr als jetzt.

«Legale Märkte geraten unter Druck»

Der Bundesrat will davon aber vorläufig nichts wissen, wie er in seiner Antwort auf den Vorstoss von Nationalrat Hässig schreibt. Derzeit erarbeite der Bund eine Gesamtschau über die Situation, diese solle dann als «umfassende Entscheidungsgrundlage für eine allfällige Anpassung der Tabaksteuer» dienen. Damit kann Hässig «vorläufig leben», wie er auf Anfrage sagt.

Wie der Bundesrat grundsätzlich zu seinem Anliegen steht, kann der Antwort aber auch entnommen werden. «Ein solch starker Anstieg der Steuer und die allfälligen daraus folgenden Erhöhungen der Verkaufspreise bergen das Risiko, dass legale Märkte unter Druck geraten», so der Bundesrat. Dabei würde der illegale Handel aufblühen, was sich wiederum negativ auf die Wirtschaft auswirke. Bisher habe sich eine «schrittweise Erhöhung der Steuern bewährt und zu einem kontinuierlichen Anstieg der Steuereinnahmen geführt», heisst es weiter.

Hässig findet das mindestens leicht fragwürdig. Auslöser für die Idee seiner Steuererhöhung war nicht, dass die Einnahmen für den Staat steigen, sondern dass der Konsum sinkt. «Oder dass zumindest mehr Mittel für die Prävention zur Verfügung stehen», so der Zürcher. Der Bundesrat betont in seiner Antwort, dass die Tabaksteuer «hauptsächlich zum Ziel hat, die Sozialwerke zu finanzieren».

1000 Kilometer reisen für ein paar Fränkli Ersparnis

Etwas haarsträubend ist auch ein anderes Argument des Bundesrats gegen die Steuererhöhung: So würde der «Einkaufstourismus zunehmen». Im Falle von Snus ist das aber eher unwahrscheinlich. In allen umliegenden Ländern ist der Verkauf von Snus verboten. Um legal Snus mit Tabak zu kaufen, müsste ein Schweizer Einkaufstourist mindestens nach Schweden fahren. Luftlinie: Rund 1000 Kilometer. Ob das jemand für leicht tiefere Preise in Kauf nimmt, ist eher fraglich.

Wenn schon, profitiert die Schweiz derzeit eher von einem Snus-Einkaufstourismus: Zwar ist der Verkauf etwa in Deutschland verboten, der Besitz und die Einfuhr von kleineren Mengen für den Eigengebrauch sind aber erlaubt. Auch darum gibt es in grenznahen Gebieten zahlreiche Shoppingmöglichkeiten für Snus.

Neben Hässig haben auch Yvonne Bürgin (Mitte/ZH) und Giorgio Fonio (Mitte/TI) Vorstösse rund um die Tabaksteuer eingereicht. Alle haben zum Ziel, über höhere Preise die Produkte unattraktiver zu machen. Fonio wollte den Steuersatz bei den Tabakprodukten zum Erhitzen erhöhen, Bürgin die Präventionsabgabe vereinheitlichen und anheben. Das Trio hat sich beim Einreichen abgesprochen und wird nun als Trio bei den Antworten vertröstet. Überall verweist der Bundesrat auf die nahende «Gesamtschau».

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