«Reden? Für was denn» – Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani machte gleich bei Ankunft in der südspanischen Stadt Granada klar, dass sie kein Interesse an einem Gespräch mit Serbiens Präsident Alexander Vucic hat. Immerhin haben sich die beiden schon bei ihrem letzten Austausch im Rahmen des Gipfels der sogenannten «Europäischen Politischen Gesellschaft» (EPC) vor allem Beleidigungen an den Kopf geworfen.
Zum Treffen der EPC mit über 40 europäischen Staats- und Regierungschefs kam Osmani deshalb mit einer glasklaren Forderung: «Ich bin hier, um unsere europäischen Verbündeten zu bitten, Serbien mit Sanktionen zu belegen». Die «terroristischen Angriffe» serbischer Paramilitärs im Nordkosovo, für den sie die Vucic-Regierung direkt verantwortlich macht, dürften nicht ohne Folgen bleiben, so Osmani.
Allein: Die Staats- und Regierungschefs liessen die Kosovarin auflaufen. Nur gerade Albanien, dessen Ministerpräsident Edi Rama schon vergangene Woche die EU um eine entschiedene Reaktion auf den Angriff bat, unterstützt offen die Verhängung von Sanktionen. Für die Schweiz vermied es Bundespräsident Alain Berset, eindeutig Position gegen Serbien zu beziehen und verzichtete auf öffentliche Kritik.
Er habe Präsident Vucic vor zwei Wochen in New York bei der UNO-Generalversammlung getroffen und Kosovos Premier Albin Kurti wenige Tage später in Bern. Es sei wichtig, dass weiter miteinander gesprochen werde. Für die Schweiz sei eine stabile und friedliche Lösung im Kosovo von «zentralem Interesse». Wegen der grossen Diaspora betreffe der Konflikt die Schweiz direkt, so Berset.
Auch wenn Serbiens Präsident Vucic vorläufig nicht mit scharfen Strafmassnahmen zu rechnen hat, wurde er von verschiedenen Staatschefs in die Mangel genommen. Neben dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron redete auch der britische Premier Rishi Sunak auf den Serben ein. Er erwarte «schwierige Gespräche», sagte Vucic bei der Ankunft in Granada.
Ausserdem dankte er laut serbischen Medien Spanien für die Unterstützung in der «Kosovo-Frage». Tatsächlich gehört das Gipfel-Gastgeberland Spanien zu jenen fünf EU-Staaten, die Kosovos Unabhängigkeit als eigener Staat nicht anerkennen. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell, selbst Spanier, muss sich von kosovarischer Seite schon länger anhören lassen, kein neutraler Vermittler im von Brüssel moderierten Belgrad-Pristina-Dialog zu sein. Ob dieser überhaupt noch fortgesetzt werden kann, steht aktuell auf der Kippe.
Osmani wirft Vucic vor, das Gesprächsformat zu missbrauchen. Anstatt an der Normalisierung der Beziehungen Serbien-Kosovo, nutze Vucic den Dialog, um sein eigenes Image vor der internationalen Gemeinschaft reinzuwaschen. Vucic sei aber kein normaler Staats- und Regierungschef, sondern ein Aggressor wie damals Slobodan Milosevic, dessen Propagandaminister er bekanntlich gewesen sei. Zur Bereitschaft, sich künftig mit Serbien an einen Tisch zu setzen, sagt Osmani: «Zuerst die Sanktionen und dann reden wir über den Rest.»