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Druck auf Kosovo: Warum sich EU und USA an die Seite von Serbien stellen

Druck auf Kosovo: Warum sich EU und USA an die Seite von Serbiens Präsident Vucic stellen

Die EU und die USA üben Druck auf die kosovarische Regierung von Premier Albin Kurti aus. Spitzentreffen werden abgesagt und Finanzhilfen gestrichen. Derweil nehmen die Spannungen in der ehemaligen Kriegsregion zu.
15.06.2023, 18:40
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Nach den gewalttätigen Protesten und Angriffen auf Nato-Friedenssoldaten dreht im Nordkosovo erneut die Eskalationsspirale: Die Regierung in Pristina hat die Grenzen zum Nachbarland Serbien teilweise geschlossen, nachdem drei kosovarische Polizisten von serbischen Sicherheitskräften verschleppt wurden.

European Union foreign policy chief Josep Borrell, right, greets Serbian President Aleksandar Vucic prior to a high-level Belgrade-Pristina dialogue meeting at the EEAS building in Brussels, Tuesday,  ...
EU-Aussenbeauftragter Josep Borrell (rechts) sieht in Aleksander Vucic anscheinend den verlässlicheren Partner.Bild: keystone

Die Darstellungen darüber, was genau passiert ist, gehen auseinander. Laut kosovarischer Seite hätten die Polizisten Erkundungen über Schmuggelrouten durchgeführt. Die Serben hingegen sagen, sie hätten drei schwerbewaffnete Männer aufgegriffen, welche einen Terroranschlag geplant hätten. Präsident Aleksander Vucic sprach von einem «Wendepunkt» in den Beziehungen. Es gehe nun darum, ob man weiter Frieden haben könne oder nicht.

EU und Washington stellen Kosovo an den Pranger

Bereits seit Monaten schaukeln sich die beiden Seiten gegenseitig auf. Provokationen werden ausgetauscht, Beobachter fürchten Gewaltausbrüche. Anstatt auf beide gleich mässigend einzuwirken, scheint die Europäische Union sich nun für einen Hauptschuldigen entschieden zu haben: Kosovos Premierminister Albin Kurti. Dessen Regierung habe «versagt», wenn es darum gehe, die Spannungen abzubauen, so ein EU-Sprecher in deutlichen Worten. Weil Kurti in den Augen der EU nicht handelt, reagiert Brüssel nun sogar mit Strafmassnahmen: Hochrangige Treffen mit der Regierung in Pristina werden abgesagt und Finanzhilfen eingestellt. Weitere Massnahmen könnten folgen.

Dass die EU den Kosovo mit Strafen belegt, ist ein beispielloser Schritt. Immerhin versteht sie sich zusammen mit den USA als eigentliche Schutzmacht des seit 2008 unabhängigen Staates. Seit einiger Zeit aber hat sich das Verhältnis eingetrübt. Auch mit den USA ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Ende Mai stellte Aussenminister Antony Blinken Kurti öffentlich an den Pranger und warf ihm vor, schuld an der Gewalteskalation zu sein.

Grund für das Zerwürfnis ist die Entscheidung Kurtis, die Gemeindewahlen im serbisch dominierten Norden durchzudrücken, obwohl sie von der lokalen Bevölkerung boykottiert wurden. Zur Einsetzung der als illegitim betrachteten Albanischstämmigen Bürgermeister schickte Kurti Spezialpolizisten, worauf es zu den gewalttätigen Protesten der serbischen Bevölkerung kam. EU und USA verlangen eine Wiederholung der Wahl.

Für Kurti, der auf die Unterstützung aus dem Westen angewiesen ist, wird die Lage ungemütlich. Sowohl Brüssel wie auch Washington stellen sich immer deutlicher an die Seite des serbischen Präsidenten Alexander Vucic. Dies, obwohl der vermehrt autokratisch regierende Vucic eine hochumstrittene Politik verfolgt.

Ihm wird vorgeworfen, die gewalttätigen Unruhen im Nordkosovo gezielt orchestriert zu haben. Parallel dazu zog er eine Drohkulisse auf und liess seine Armee an den Grenzen des Kosovo aufmarschieren. Vor wenigen Tagen sorgte ein Video in den sozialen Medien für Aufruhr, das Vucic gemeinsam mit seinem politischen Ziehvater Vojislav Seseli an einer Hochzeit in Belgrad zeigt.

Der serbische Ultranationalist Seseli ist ein am Strafgerichtshof in Den Haag zu zehn Jahren Haft verurteilter Kriegsverbrecher. (aargauerzeitung.ch)

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Forest
16.06.2023 00:25registriert April 2018
Tja, hätte man bei der Unabhängigkeit des Kosovo, die Ethnien lieber in Nord und Süd getrennt...

Stattdessen wundert man sich warum Einseitige Konflikt Lösungen nicht funktionieren und auch in Zukunft nicht funktionieren können....
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Scenario
15.06.2023 21:20registriert Mai 2015
Die EU und die USA möchten auf biegen und brechen eine Lösung dieses Konflikts erzwingen. Der Ukrainekrieg reicht ihnen wohl für den Moment und Serbien als Verbündeter Russlands, soll mit allen Mitteln an die EU gebunden werden. Der Kosovo würde der EU und den USA wohl weniger Ärger bereiten, als Serbien und dementsprechend hat man sich entschlossen auf die Bedürfnisse des Kosovos keine Rücksicht zu nehmen.
Schade hat man immer noch nicht Verstanden, dass die Appeasement Politik schon in den vergangenen 30 Jahren bei Serbien funktioniert hat.
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Bac_Ardi
15.06.2023 19:08registriert Mai 2017
Parallel dazu zog er (Vucic) eine Drohkulisse auf und liess seine Armee an den Grenzen des Kosovo aufmarschieren. Vor wenigen Tagen sorgte ein Video in den sozialen Medien für Aufruhr, das Vucic gemeinsam mit seinem politischen Ziehvater Vojislav Seseli an einer Hochzeit in Belgrad zeigt.
Der serbische Ultranationalist Seseli ist ein am Strafgerichtshof in Den Haag zu zehn Jahren Haft verurteilter Kriegsverbrecher

Soso
Europa vertraut demnach so einem mehr, als einem Kurti, der versucht die Souveränität seines Staates nach demokratischem Vorbild zu schützen.
Wenn das mal gut kommt...........
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