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Weitere Überschwemmungen wegen Starkregen in Spanien

Über 200 Tote nach Unwettern in Spanien +++ Weitere Überschwemmungen

01.11.2024, 15:4301.11.2024, 22:42
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Zahl der Toten steigt

Die Zahl der Toten nach den heftigen Unwettern in Spanien ist nach der Bergung weiterer Leichen auf mindestens 205 gestiegen.

Allein 202 Opfer habe es in der besonders hart getroffenen Mittelmeerregion Valencia gegeben, teilte der Notdienst der Region auf X mit. Zwei weitere Menschen kamen Behörden zufolge in der Region Kastilien-La Mancha ums Leben, und einen Toten gab es in der Region Andalusien. Zuletzt hatten die Behörden von insgesamt 158 bisher bestätigten Toten gesprochen.

Noch immer werden Dutzende Menschen vermisst. Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte im Sender RTVE, man rechne damit, etwa in Autos möglicherweise noch weitere Tote zu finden. Bei dem Unwetter vom Dienstag waren zahlreiche Fahrzeuge in den Fluten steckengebliebenen.

Überschwemmung in Huelva

Der spanische Wetterdienst hat für den Freitag in mehreren Teilen im Südwesten des Landes die höchste Warnstufe wegen Starkregens ausgerufen. Besonders stark betroffen ist etwa Huelva: Bilder zeigen, wie die Hafenstadt zu einem grossen Teil überschwemmt ist.

Mehr als 40 Vorfälle wegen Überschwemmungen wurden auch in den Städten Aljaraque, Cartaya, Punta Umbría und Gibraleón gemeldet, so der Wetterdienst.

Mindestens 62 Menschen starben allein in Paiporta, einer Stadt südlich von Valencia, wie Bürgermeisterin Maribel Albalat berichtete. In der Region Kastilien-La Mancha wurden zwei Tote gefunden, in Andalusien gab es mindestens ein weiteres Opfer.

Im in den letzten Tagen besonders stark betroffenen Gebiet um Valencia gilt weiterhin die Warnstufe orange. Auch hier muss weiterhin mit viel Niederschlag gerechnet werden.

Starker Niederschlag in Chiva

Dienstagabend fielen innerhalb weniger Stunden über 300 Liter Regen pro Quadratmeter in Teilen von Valencia. Besonders schwer betroffen war das Dorf Chiva mit fast 500 Litern Regen pro Quadratmeter. Solche Niederschlagsmengen entsprechen laut spanischen Wetterdienst Aemet normalerweise einem ganzen Jahr.

Die Bürgermeisterin von Chiva beschrieb die dramatische Situation der isolierten Bewohner der Stadt in einem Interview auf RNE: «Wir bitten weiterhin um Lebensmittel, Wasser ... Es gibt Kinder, ältere Menschen ... und sie kommen mit den Snacks nicht zurecht. Wir brauchen Babymilch, zerkleinerte Nahrung für Babys und ältere Menschen. Ganze Häuser sind verschwunden, wir wissen nicht, ob mit Menschen oder ohne Menschen». Seit Dienstag muss die Stadt Chiva ohne Strom, Wasser und Kommunikation auskommen.

Catarroja stark verwüstet

Es fehle an allem, sagte die Bürgermeisterin des besonders stark verwüsteten Ortes Catarroja südlich von Valencia, Lorena Silvent, am Morgen im staatlichen Sender RTVE. «Alles ist willkommen - Essen, Trinkwasser, Geräte zur Wiederherstellung der Wasserversorgung, Kleidung.» Auch die Stromversorgung und die Telekommunikationsnetze seien nicht überall wieder hergestellt.

Silvent plant nun, Versorgungspunkte in dem knapp 30.000 Einwohner zählenden Ort aufzubauen, wo Spenden wie Lebensmittel und Kleidung verteilt werden sollen. Auch wolle sie eine Anlaufstelle für medizinische Versorgung rund um die Uhr einrichten. Wann sie staatlich organisierte Hilfe erwarte, etwa für die Verteilung humanitärer Hilfe oder beim Freiräumen der durch aufgetürmte Autos blockierten Strassen, sagte sie nicht.

Unwetter in Mallorca und Ibiza

Das Unwetter ist nun auch bei Mallorca eingetroffen und hat zu Starkregen geführt. Zu ersten Verspätungen kam es am Flughafen. Der Wetterdienst hat die «Warnstufe Orange» ausgerufen. Auf Ibiza gab es ebenfalls starke Niederschläge. Es wurden gemäss der «Mallorca Zeitung» bis zu 40 Liter pro Quadratmeter verzeichnet.

Mehr Einsatzkräfte ins Katastrophengebiet geschickt

Viele Orte sind nach wie vor abgeschnitten, fast überall fehlen Lebensmittel, Trinkwasser, Geräte wie Schaufeln sowie Strom und Telekommunikation. Spaniens Regierung kündigte an, von Freitag an weitere 500 Soldaten in die betroffene Region zu entsenden, um die Logistik und die Verteilung von Hilfsgütern sicherzustellen. Mehr als 1200 Soldaten helfen bereits zusätzlich zu Rettungskräften mit.

Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles will in die von den Unwettern zerstörten Gebiete noch mehr Soldaten schicken als die bereits eingesetzten 1700.

Die Zahl werde so lange aufgestockt, wie es nötig sei für Rettungs- und Wiederaufbauarbeiten, sagte sie am Freitag im staatlichen Sender RTVE. Betroffen sind vor allem Gemeinden und Orte in der Mittelmeerregion Valencia nahe der gleichnamigen Grossstadt.

Robles nannte die Ortschaften Ribarroja, Paiporta und Algemesí, in denen das Militär bisher noch nicht im Einsatz sei und in die nun Kräfte geschickt würden. Es werde keine Grenzen für Ressourcen geben. Eine konkrete Zahl, wie viele zusätzliche Soldaten etwa morgen dazukommen sollen, nannte sie nicht.

Auch Robles wies darauf hin, dass es immer noch zu früh sei, das ganze Ausmass der Unwetterkatastrophe abzuschätzen. Es gebe «immer noch Orte, in denen Autos übereinandergetürmt sind mit Personen, Familien, die sich darin befinden könnten». «Die Armee wird in allen Ortschaften sein, die Opfer dieser Situation geworden sind», versprach Robles.

Im Grossraum Valencia seien 80 Kilometer Strassen sowie die Nahverkehrsverbindungen zerstört, sagte Transportminister Óscar Puente.

«Wir mussten einen Supermarkt ausräumen, um Lebensmittel an die Bevölkerung zu verteilen», sagte der Bürgermeister des Orts Alfafar, Juan Ramón Adsuara, dem Fernsehsender À Punt in der Provinz Valencia. In der Gemeinde mit 20'000 Einwohnern gebe es noch Menschen, die mit Leichen in ihren Häusern lebten. Mehr als 1200 Soldaten beteiligten sich bereits an den Rettungsarbeiten.

Der Bahn- und Flugverkehr bleibt stark beeinträchtigt; insbesondere die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Valencia und Madrid wird voraussichtlich für zwei bis drei Wochen unterbrochen sein. Landesweit wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

Diebstähle in Einkaufszentren und Häusern

Medienberichten zufolge wurden in Einkaufzentren, die nach der Katastrophe unbewacht waren, unter anderem elektronische Geräte, Schmuck und Parfüm gestohlen. 39 Verdächtige sind nach Angaben der Nationalpolizei festgenommen worden. Nach den Plünderungen in Geschäften und Häusern werde die Polizei mehr Präsenz zeigen.

Viele Tote, weiterhin Vermisste

Die schweren Unwetter vom Dienstag hatten vor allem in der Mittelmeerregion Valencia gewütet. Allein in der gleichnamigen Provinz wurden 202 der bestätigten Todesopfer gemeldet. Auch andere bei Touristen beliebte Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha im Landesinneren waren betroffen.

Weiterhin würden Dutzende Menschen vermisst, erklärte der spanische Minister für Territorialpolitik, Ángel Víctor Torres, nach einer Sitzung des Krisenkomitees. Wegen der hohen Zahl an Todesopfern würden zusätzliche Forensiker in das Katastrophengebiet geholt und notfalls auch Hilfe aus dem Ausland angefordert.

Erste Gemeinden wie Catarroja südlich von Valencia, die immer noch nicht per Strasse wieder zu erreichen sind, greifen mittlerweile zur Selbsthilfe, um die Einwohner mit dem Nötigsten versorgen zu können.

Einwohner, freiwillige Helfer und Rettungsdienste schafften Schlamm, Schutt und weggespülte Autos von den Strassen.

Auch immer mehr Freiwillige finden sich etwa in der Stadt Valencia zusammen, wie die Zeitung «Las Provincias» berichtete. Sie sammeln demnach Spenden, die sie in betroffenen Stadtgebieten verteilen und helfen mit Geräten ausgerüstet bei den Aufräumarbeiten. Auch haben sich in der Stadt erste Anlaufstellen für Menschen gebildet, die aus umliegenden Orten oft schlammbedeckt und zu Fuss über eine Brücke in die Stadt kommen - auf der Suche nach Essen, Trinkwasser oder einem Unterschlupf, wie RTVE berichtete.

Bei der Wiederherstellung der Infrastruktur und der Räumung blockierter Strassen habe man zwar Fortschritte gemacht, die Situation sei allerdings weiterhin schwierig, sagte der Minister. Zehntausende Haushalte seien weiterhin ohne Strom.

Real Madrid mit grosszügiger Spende für Überschwemmungsopfer

Gemeinsam mit dem Roten Kreuz hat Real Madrid eine Spendenkampagne für die Betroffenen der Unwetter in Spanien gestartet. Die Königlichen unterstützen diese gleich mit einer Spende von einer Million Euro, «um den vielen Familien zu helfen, die sich in einer kritischen Situation befinden und all unsere Hilfe und Solidarität benötigen».

Weitere Unwetter erwartet

Das für die heftigen Regenfälle vom Dienstag verantwortliche Wetterphänomen «Kalter Tropfen» zieht derweil teilweise in Richtung Nordosten weiter. Behörden warnen vor Gewitter und heftigen Regenfällen, allen voran in der auch zur Region Valencia gehörenden Provinz Castellón.

Auch die Balearen erwarten Unwetter auf den beliebten Touristeninseln Mallorca und Menorca. Bisher gilt dort die zweithöchste Warnstufe Orange. Betroffen waren von den Unwettern am Dienstag auch andere bei Touristen beliebte Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha im Landesinneren.

(dab/sda/dpa/nih)

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Unwetter in Spanien
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Unwetter in Spanien
Zerstörte Autos nach dem Unwetter in Valencia.
quelle: keystone / alberto saiz
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Unwetterchaos An Spaniens Ostküste
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36 Kommentare
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Allkreis
01.11.2024 08:57registriert Januar 2020
Und der Sydwesten Norwegens ist auch gerade im Ausnahmezustand. Dieses Jahr hat Verwüstung über ganz Europa gebracht. Pro extra Grad Klimaerwärmung durch das von uns massenhaft in die Luft geblasene CO2 gibt's statistisch gesehen 7% stärkere Regenfälle, aber auch mehr Dürren. Trockene Fakten der Wissenschaftler, mit grosser Bedeutung für jene die es dann zufällig trifft, wie im Maggiatal.
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Kokki
01.11.2024 13:35registriert Juli 2023
Ein neuer Höhepunkt. Wie der Klimawandel zugeschlagen hat, nur weil Autolobby, Airlines und Ölkonzerne zu viel Macht haben. Lasst solche Konzerne endlich haften für die dadurch entstandenen Schäden!
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