Die Gewalt im Sudan reisst nicht ab. Und so kam es trotz einer Waffenruhe auch in der Nacht zu Donnerstag in Teilen des Landes erneut zu Gefechten.
In der Hauptstadt Khartum wird die Lage für die Zivilisten immer schlimmer: Es fehlt den Menschen an Wasser und Nahrung. Wagen sie sich aus ihren Häusern, besteht die Gefahr, dass sie im Kreuzfeuer sterben. Dabei machen die Kämpfer nicht einmal vor Kinderschutzeinrichtungen an: Am Mittwoch teilte die Hilfsorganisation SOS-Kinderdorf mit, dass auch ihre Einrichtung von Bewaffneten angegriffen worden sei. Und sogar Häftlinge wurden vom Gefängnispersonal freigelassen, weil deren Versorgung nicht mehr garantiert werden konnte.
Und auch die Lage in den Spitälern und medizinischen Einrichtungen ist prekär: «Den Gesundheitseinrichtungen gehen die Vorräte aus, und das Personal kann nicht zur Arbeit kommen», schreibt MSF auf Anfrage gegenüber watson. Einige Spitäler seien geplündert worden. Die Menschen hätten Knochenbrüche, Schusswunden oder Granatsplitter in den Beinen, im Bauch oder in der Brust. Viele brauchten Bluttransfusionen, so MSF weiter.
Um diese Hilfe zu gewährleisten, habe MSF bereits zu Beginn des Konflikts eine Geburtsklinik in El Fasher (Nord-Darfur) in ein Spital umfunktioniert – «die nun einzige funktionierende Gesundheitseinrichtung in der Stadt». Doch auch dort erliegen Menschen ihren Verletzungen.
Angesichts der anhaltenden Gewalt im Sudan plant die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) eine Ausweitung der Hilfe im Ostafrikanischen Land. Momentan seien mehrere Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von MSF im Sudan tätig, so MSF gegenüber watson. Aber nun stünde Unterstützung in Form von Notfallteams bereit, um in das umkämpfte Land am Horn Afrikas zu reisen, teilte die Organisation mit. Man stehe in engem Kontakt mit Krankenhäusern sowie sudanesischen Gesundheitsbehörden.
Bei den Kämpfen, die vor knapp zwei Wochen begannen, kamen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 460 Menschen ums Leben, fast 4100 wurden verletzt. Die wahre Zahl der Opfer dürfte aber deutlich höher liegen.
Der UN-Sondergesandte im Sudan, Volker Perthes, hat Gespräche über eine Verlängerung der Waffenruhe um weitere 72 Stunden angekündigt. Der BBC sagte Perthes am Donnerstag, die sudanesischen Streitkräfte hätten Verhandlungen in der südsudanesischen Hauptstadt Juba zugestimmt.
Eine Reaktion der rivalisierenden Rapid Support Forces (RSF) stünde zwar noch aus; Perthes zeigte sich jedoch bezüglich einer Teilnahme der RSF an den Verhandlungen zuversichtlich.
Im Sudan kämpft de-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan mithilfe des Militärs gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo. Dieser ist Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die beiden Generäle hatten die Führung des Landes mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsame Militärcoups 2019 und 2021 übernommen.
Der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) per Haftbefehl gesuchte Langzeitmachthaber des Sudans, Omar al-Baschir, der 2019 gemeinsam vom Militär und der RSF gestürzt wurde, soll sich nach Armeeangaben in einem Militärkrankenhaus in Khartum aufhalten und von der Polizei bewacht werden. Unabhängig liess sich die Mitteilung nicht überprüfen. Der 79-Jährige, der den Sudan 30 Jahre lang autoritär regiert hatte, sass eigentlich im Kobar-Gefängnis in der Hauptstadt ein.
(yam/sda/dpa)