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Südkorea

Wegen tiefer Geburtenrate setzt Südkorea auf Massen-Blind-Dates

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In Südkorea gilt immer noch die Regel: Ohne Ehe, keine Kinder.Bild: Shutterstock

Südkorea: Wenn der Staat dein Love-Coach wird

Südkorea versucht schon länger, die Geburtenrate anzuheben, der Erfolg bleibt aber aus. Nun sollen Massen-Blind-Dates helfen.
22.08.2025, 20:1022.08.2025, 20:10
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Die südkoreanische Stadt Seongnam wird immer grösser. Grund dafür sind attraktive Arbeitsplätze, Grünflächen und günstige Wohnungen, welche die Jungen in die Stadt zieht. Eines fehlt jedoch: der Nachwuchs. Das Problem besteht aber im ganzen Land. Die Geburtenrate fiel von 1,24 Prozent im Jahr 2015 auf 0,72 im Jahr 2023 – der niedrigste Wert weltweit, schreibt die NZZ.

Gemäss Stadtpräsident Shin Sang Jin ist also Handeln gefordert. Dies möchte er mit Verkupplungs-Partys, erreichen, denn je mehr Paare es gibt, desto mehr Kinder könnte es geben. Das Programm nennt sich «Solomon’s Choice», benannt nach dem weisen König Salomon. Und auch die Silbe «Solo» ist im Begriff mit drin.

Jin hat bei seiner eigenen Tochter erlebt, wie Arbeit und fehlende Zeit die Suche nach einem Partner erschwert. Und dieser gilt in Südkorea als essenziell, um Kinder zu bekommen. Das Konkubinat gilt immer noch als verpönt. Weitere Gründe, für einen Entscheid gegen Kinder seien aber auch finanzielle Aspekte sowie die hohe Bürde für die Frauen.

Seoul, Südkorea
Südkorea hat eine der niedrigsten Geburtenraten der Welt.Bild: getty

So laufen die Partys ab

Das Programm läuft seit dem Jahr 2023, seitdem haben mehr als 2000 Personen bei den Massen-Blind-Dates mitgewirkt. Anforderungen gibt es keine, die Identität wird aber von der Stadtverwaltung geprüft. Trotz des höheren Interesses der Männer werden pro Party je fünfzig Frauen und Männer auserkoren.

Wer nun an ein lustiges Speed-Dating denkt, der hat sich geschnitten, denn die Partys sind streng getaktet. Ein Fragebogen teilt die Singles in sechzehn Persönlichkeitstypen. Danach stellt eine Künstliche Intelligenz passende Paare zusammen und darauf aufbauend die Tischordnung. Freuen können sich die Teilnehmenden aber auf Wein, Schokolade und eine Schminkstation – alles auf Kosten der Stadt.

Sitzen die Singles dann am Tisch, folgen Spiele wie Schere, Stein, Papier, bei denen das «zufällige Berühren» mit einberechnet ist. Zum Schluss werden Café-Gutscheine vergeben, mit denen die Singles ihren Favoriten ihr Interesse bekunden. Besteht dieses auf Gegenseitigkeit, werden Nummern ausgetauscht.

Nach einem Jahr fragen die Verantwortlichen dann bei den Paaren nach, was der aktuelle Stand sei. Momentan sieht es noch mager aus: Bei fünf Hochzeiten gab es bis jetzt ein Baby. Ein weiteres wird 2026 geboren. Da sechs Hochzeiten anstehen und sich 100 Paare weiterhin sehen, könnten es aber noch mehr werden.

Mehr Tote als Neugeborene

In den vergangenen Jahren hat die südkoreanische Regierung einiges unternommen, um die Geburtenrate zu erhöhen. Aber ein tieferes Arbeitspensum für Schwangere oder mehr Freitage für Väter nutzten nichts. 2020 gab es sogar einen Sterbeüberschuss, es gab also mehr Todesfälle als Geburten.

Die Folgen des fehlenden Nachwuchses sind unter anderem ein Fünftel weniger Soldaten in den vergangenen sechs Jahren, was bei möglichen Angriffen von Nordkoreas fatal wäre. Bleibt die Fertilitätsrate so tief, halbiere sich die Südkoreanische Bevölkerung bis 2100. (kek)

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jep.
22.08.2025 21:15registriert Januar 2022
Das einzige Problem bei einer Abnahme der Bevölkerung ist, dass die Modelle des Kapitalismus und der darauf aufgebaute Wohlstand keine Lösung haben, wenn es kein Wachstum gibt. Sonst ist es nicht schlecht, wenn die Weltbevölkerung abnimmt. Europs wächst auch nur wegen der Zuwanderung und deren Folgen sind nicht nur positiv, je länger je weniger.
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Dodo Huber
22.08.2025 23:41registriert September 2018
Das ist das Ergebnis vom brachialen Kapitalismus, so wie wir ihn die letzten 30 Jahre erlebt haben.
Alles der Gewinnmaximierung unterordnen, noch mehr Leistung mit immer weniger Personal, so dass die Manager und Aktionäre immer mehr einsacken können.
Dann kommen von Arbeitgeberseite noch Aussagen wie" der Lohn muss nicht zum Leben reichen".
Wie soll man da noch Zeit, Kraft und finanzielle Möglichkeiten haben, um eine Familie zu gründen und zu unterhalten.
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Perkon20
22.08.2025 22:00registriert Juli 2018
Um zu zeigen wie erschreckend die Geburtenrate 0.72 von Südkorea ist: Eine stabile Bevölkerung bräuchte eine Geburtenrate von 2.1. Damit haben sie also gerade einen Drittel des notwendigen Werts. Südkorea scheint das kapitalistische System des Westen nicht nur aufgenommen sondern gar perfektioniert zu haben. Eine derartige Leistungsgesellschaft, da haben Kinder gar keinen Platz mehr, dasselbe git für Japan. In den letzten Jahrzehnten gab es auch zu wenig Anreize, eine Familie zu gründen. Nun wo es fast schon zu spät ist, hat man auf staatlicher Ebene begonnen umzudenken.
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