Die Debatte schwelt seit Jahren: Ist es moralisch vertretbar, Hundefleisch zu essen?
Hierzulande ist nur der kommerzielle Handel, nicht aber der Verzehr verboten. Auf unserem Teller landet Hundefleisch aber nur selten.
Anders sieht dies im Ausland aus – und nicht nur in China. Jährlich verzehren Millionen von Menschen in Indonesien Hundefleisch. «Alle reden über den Handel mit Hundefleisch in China und Vietnam, niemand spricht über Indonesien», sagt Lola Webber gegenüber «Al Jazeera», die sich für ein Hundefleisch-freies Indonesien einsetzt.
Schätzungen der Organisation Dog Meat Free Indonesia gehen davon aus, dass etwa 7 Prozent der indonesischen Bevölkerung Hundefleisch verzehrt. Und dies, obwohl 87 Prozent der 270 Millionen Einwohner Muslime sind und Hundefleisch – genauso wie Schweinefleisch – als «haram», also als verboten, ansehen.
Achtung: Die Bilder in diesem Artikel können verstörend wirken.
Überwiegend werde Hundefleisch zwar in christlichen Teilen des Landes gegessen – doch auch viele Muslime würden beim Konsum von Hundefleisch nichts anderes als den Verzehr von Hühnchen und Rind sehen. Gewisse Irrtümer halten sich auch hartnäckig. So glauben viele, dass Hundefleisch Gesundheitsprobleme wie Asthma und Hautprobleme heilen könne oder die sexuelle Lust fördere. Andere essen Hunde aber auch, weil sie sich Rindfleisch schlicht nicht leisten können und Hundefleisch günstiger angeboten wird.
All diese Faktoren machen das Fleisch immer beliebter.
Die Popularität von Hunderestaurants sei in einigen Provinzen so stark gestiegen, dass Händler mit Angebot und Nachfrage zu kämpfen hätten, sagt die Ernährungsaktivistin Dicky Senda gegenüber «Al Jazeera».
Das Ausmass des Problems sei besonders an einzelnen Hotspots sichtbar, wie etwa in der Stadt Solo, die im Herzen der Insel Javas in Surakarta liegt und wo jedes Jahr schätzungsweise 160'000 Hunde für den Verzehr geschlachtet werden. «Wir wissen, dass die Hunde nicht aus Solo kommen, sondern aus anderen Teilen des Landes», so Senda.
Die erhöhte Nachfrage führe der Aktivistin zufolge dazu, dass immer mehr Hunde aus den Händen von Besitzern gestohlen werden. «Die Entführung von Hunden ist ein grosses Problem», sagt Monique van der Harst von Animal Friends Jogja. Hunderte von Menschen würden ihr Fotos ihrer verschwundenen Hunde schicken. Vergebens.
Die Entführungen gehen sehr geschickt vonstatten. Die Hunde werden von Banden mit Futter angelockt, die Kalium enthalten und die Tiere bewusstlos machen. Danach werden die Tiere in Käfige oder Säcke gepfercht und auf Fahrrädern, Motorrädern oder Lastwägen zu Schlachthöfen, Restaurants oder Märkten gekarrt. Die Entführer legen dabei bisweilen kilometerweite Wege zurück, die teils so lange dauern, dass die Hunde verdursten, verhungern oder wegen der Hitze sterben. Die Überlebenden werden laut Tierschutzorganisationen Dog Free Indonesia qualvoll getötet.
Abgesehen dieses grausamen Vorgehens stellt der Handel auch ein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar, denn er fördert laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ausbreitung von Tollwut und anderen unbekannten Krankheitserregern.
Dies haben einige Behörden bereits erkannt und entsprechende Massnahmen eingeleitet. Auf Bali wurden 2018 alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Hundefleisch-Handel verboten. In weiteren Teilen Indonesiens wird ebenfalls versucht, den Handel zu stoppen.
Doch dies gestaltet sich alles andere als einfach.
Recherchen von BAWA, einer Wohltätigkeitsorganisation, zeigen, dass einige Restaurants auf Bali ihre Hundefleischbeschilderungen zwar entfernt hätten, auf der Menükarte aber weiterhin Hundefleisch angeboten werde. «Ich denke, es ist schwierig, alle Lokale zu schliessen», sagt Janice Girardi, Gründerin von BAWA. Denn die Restaurants alleine sind nicht das einzige Problem, es gibt auch noch den Schwarzmarkt.
Bildung sei der wahre Schlüssel, um den Handel zu unterbinden, findet Girardi. «Wir führen Programme in Schulen durch, in denen wir Kindern über Tierschutz aufklären und ihnen mitteilen, dass Hunde Schmerzen und Gefühle empfinden».
Ein indonesischer Beamter sieht dies etwas anders. Gegenüber «Al Jazeera» sagt er: «Wir können keine Tiger oder Elefanten töten, weil sie vom Aussterben bedroht sind, doch es gibt hier viele Hunde, die normalerweise viele Welpen zur Welt bringen. Warum sollte es nicht erlaubt sein, einen Hund zu töten und zu essen, wenn andere Tiere auch getötet und gegessen werden?»
Nur weil die einen putzige Augen haben und wir die anderen nicht sehen, wenn sie massenweise geschlachtet werden, sollte das doch keinen Unterschied machen.