Seit 20 Monaten dauert der Krieg in der Ukraine schon an. 20 Monate, die immenses Leid in die ukrainische, aber auch in die russische Bevölkerung gebracht haben. Seit Russland im Februar 2022 die Invasion auf sein kleines Nachbarland begonnen hatte, bezahlten zahlreiche Ukrainer:innen und Russen dies mit dem Leben.
Auf beiden Seiten gelten die Verluste als hoch. Das britische Verteidigungsministerium schätzt die russischen Gefallenen auf 150'000 bis 190'000. Und das, obwohl Kreml-Machthaber Wladimir Putin mit einem schnellen Krieg und einer raschen Annexion der Ukraine gerechnet hatte.
Die gewaltige Gegenwehr Kiews sowie die Unterstützung des Landes durch den Westen haben Putin einen Strich durch die Kriegs-Rechnung gemacht. Aktuell im Zentrum der Gefechte: die Frontlinie in Awdijiwka bei Donezk. Putin fährt nun offenbar eine neue Strategie, um die Verluste auszugleichen.
Russische Truppen versuchen seit Wochen, Awdijiwka, ein ehemaliger Vorort von Donezk, mit massiven Angriffen von Norden und Süden einzuschliessen. Nach Angaben des Instituts für Kriegsstudien (ISW) haben die russischen Streitkräfte jüngst trotz einer gescheiterten und verlustreichen Offensive weitere Truppen an die Frontlinie des Ortes verlegt. Bisher ohne Erfolg. Laut Militärexpert:innen handelt es sich dabei um Entlastungsangriffe für die Truppen an der Südfront, um die Ukrainer:innen im Osten zu binden. Die Stadt hat demnach zudem eine symbolische Bedeutung.
Langsam gehen Putin jedoch die Soldaten aus. Das russische Militär schafft es nirgends, Verteidigungslinien effektiv zu durchbrechen. Laut dem amerikanischen Militäranalysten Michael Kofman sei Russland ohne eine weitere Mobilisierung nicht in der Lage, signifikante Offensivoperationen durchzuführen, sagt er in dem Podcast «Russia Contingency». Die russische Armee sucht nach einer neuen Taktik.
Nun setzt Putin deshalb offenbar künftig auch auf Frauen im Ukraine-Krieg. Im russischen Militär sollen sie künftig nicht mehr nur in der Küche oder als Sanitäterinnen zum Zug kommen. Sie sollen jetzt auch in den Kampfeinsatz kommen, wie das unabhängige Internetportal «istories» berichtet. Demnach wirbt das russische Verteidigungsministerium Scharfschützinnen und Bedienerinnen von Drohnen für die Söldner:inneneinheit «Redut» und im Freiwilligenbataillon «Borz» an.
Geld soll die Frauen überzeugen, im Ukraine-Krieg mitzuwirken. Es gibt Anzeigen, die etwa im russischen sozialen Netzwerk Wkontakte ausgespielt werden. Den Frauen wird ein Halbjahresvertrag mit einem Monatsgehalt von umgerechnet etwa 2200 Euro angeboten. Bei Verletzung wird ihnen eine Prämie von 30'000 Euro versprochen. Sterben sie im Einsatz, soll den Hinterbliebenen laut Vertrag 50'000 Euro ausgezahlt werden. Wie dringend die Frauen offenbar benötigt werden, darauf deutet auch das Versprechen hin, dass Anfängerinnen innerhalb eines Monats an der Waffe ausgebildet werden.
Was nicht in den Anzeigen steht, ist der Preis, den die Frauen möglicherweise bezahlen. So gibt es immer wieder unabhängige Berichte über Frauen im russischen Militär, die massiver Gewalt und sexuellen Übergriffen ausgesetzt sein sollen. Die Täter: russische Offiziere und Soldaten. Ihre Kameraden also.
Ein Umstand, der dem Kreml-Machthaber egal sein dürfte, solange er sein Gesicht nicht verliert. Putin hatte mit so hohen Verlusten im Ukraine-Krieg nie gerechnet. Nun braucht er Kanonenfutter und nutzt alle Ressourcen.
Wegen der zahlreichen gefallenen Soldaten hat der Russland-Präsident im vergangenen Herbst die Mobilmachung von 300'000 Reservisten verkündet. Eine weitere Mobilmachung halten Expert:innen zumindest zum aktuellen Zeitpunkt für unwahrscheinlich. Offenbar will Putin die Bevölkerung wegen der im Frühjahr 2024 geplanten Präsidentenwahl nicht verärgern und hofft jetzt auf die Freiwilligkeit der Frauen.
Was als nächstes? Die Kinder aus der Grundschule?! Oder die Rentner? (Einige dürften ja noch Erfahrungen aus dem grossen Vaterländischen Krieg haben!