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Nord-Stream-Sabotage: Verdächtiger in Italien festgenommen

Nord-Stream-Sabotage: Verdächtiger in Italien festgenommen

21.08.2025, 12:2721.08.2025, 15:23

Im Zusammenhang mit der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines im September 2022 hat die deutsche Bundesanwaltschaft in Italien einen tatverdächtigen Ukrainer festnehmen lassen.

Deutschlands oberste Anklagebehörde wirft ihm unter anderem das gemeinschaftliche Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vor. Über die Festnahme berichtete zuvor der «Spiegel».

Der Mann soll den Angaben zufolge zu einer Gruppe von Personen gehören, die vor rund drei Jahren nahe der dänischen Ostseeinsel Bornholm Sprengsätze an den Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 platzierte. «Bei dem Beschuldigten handelte es sich mutmasslich um einen der Koordinatoren der Operation», teilt die deutsche Bundesanwaltschaft mit.

Serhij K. sei in der vergangenen Nacht in der italienischen Provinz Rimini von Beamten der Carabinieri-Station in Misano Adriatico gefasst worden. Man habe eng mit dem Dienst für internationale polizeiliche Zusammenarbeit kooperiert, hiess es weiter. Der Beschuldigte soll demnächst nach Deutschland überstellt und dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet.

FILE - In this picture provided by Swedish Coast Guard, a leak from Nord Stream 2 is seen, on Sept. 28, 2022. (Swedish Coast Guard via AP, File)
Germany Pipeline Attack
Ein Leck bei Nord Stream 2, 28. September 2022.Bild: keystone

Lecks an Leitungen

Mehrere Sprengungen hatten die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 beschädigt und unterbrochen. Die Explosionen wurden in der Nähe von Bornholm registriert. Wenig später entdeckte man vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen der Nord-Stream-Pipelines. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der folgenden politischen Streitigkeiten nicht in Betrieb.

Nach der Tat kam schnell die Frage auf, wie die Sprengladungen wohl angebracht worden waren, um die Leitungen der Pipelines zu beschädigen. Experten hielten es für wahrscheinlich, dass ausgebildete Taucher Sprengsätze an den Orten angebracht haben könnten. Die Behörden mehrerer Länder hatten nach dem Anschlag Ermittlungen aufgenommen. Dänemark und Schweden stellten die Verfahren aber ein.

Weiterer Ukrainer im Visier der Ermittler

Zu den Tätern und den Drahtziehern kursierten lange unterschiedliche Spekulationen. Schliesslich geriet unter anderem der Ukrainer Wolodymyr Z. ins Visier der Ermittler, der Medienberichten zufolge Tauchlehrer sein soll. Er hielt sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Warschau zunächst in Polen auf, habe sich von dort aber in sein Heimatland abgesetzt. Die deutschen Strafverfolger wandten sich mit einem Europäischen Haftbefehl an die polnischen Behörden. Bisher ist er nicht gefasst.

Möglich sei die Ausreise gewesen, weil von deutscher Seite kein Eintrag in das Schengen-Register erfolgt sei, in dem die mit Europäischem Haftbefehl Gesuchten geführt werden, sagte 2024 eine Sprecherin der Warschauer Generalstaatsanwaltschaft. «Wolodymyr Z. hat die polnisch-ukrainische Grenze überquert, bevor es zur Festnahme kam, und der polnische Grenzschutz hatte weder die Informationen noch die Grundlage, um ihn festzunehmen, da er nicht als Gesuchter aufgelistet war.» Medien berichteten über Details der Ermittlungen, die der Generalbundesanwalt nicht kommentierte.

Spuren führen zu Segeljacht

Auch eine Segeljacht stand im Fokus, auf der im Juli 2023 Sprengstoffspuren entdeckt wurden. Es wurde vermutet, dass die «Andromeda» möglicherweise für den Transport des Sprengstoffs zum Einsatz kam. Berichten zufolge gingen die Ermittler davon aus, dass das Sabotage-Kommando an Bord des Bootes aus fünf Männern und einer Frau bestand.

Matthias Warnig (l.) und Schröder (r.) mit Dmitri Medwedew: Gemeinsam zogen sie die Fäden für die Nord-Stream-Pipelines.
Die Nord-Stream-Pipelines wurden unter dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (r.) aufgegleist.Bild: imago-images.de

Die deutsche Bundesanwaltschaft erklärte nun zur Festnahme, für den Transport hätten der Beschuldigte und seine Mittäter eine Segeljacht genutzt, die von der deutschen Ostsee-Stadt Rostock aus startete. Die Jacht sei zuvor mit Hilfe gefälschter Ausweispapiere über Mittelsmänner bei einem deutschen Unternehmen angemietet worden.

Die Ermittlungen zu dem Nord-Stream-Komplex kämen gut voran, hatte Generalbundesanwalt Jens Rommel im November dem «Spiegel» gesagt. «Es ist uns gelungen, zwei Beschuldigte zu identifizieren.» Es bleibe allerdings noch viel zu tun. «Die Identität weiterer Beteiligter, die Tatmotivation und insbesondere die Frage nach einer etwaigen staatlichen Steuerung der Operation sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen.» (rbu/sda/dpa)

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«Dass es im Nahen Osten gut kommt, ist noch immer unwahrscheinlich»
Trotz aller Euphorie über das Abkommen zwischen Israel und der Hamas stehe das Schwierigste noch bevor, sagt Simon Wolfgang Fuchs, Islamwissenschafter an der Hebräischen Universität Jerusalem. Grund für Optimismus sieht er nicht.
Herr Fuchs, wie sehen Sie die Einigung von Scharm El-Scheich? Ist das Wort «historisch», das nun überall herumgeboten wird, gerechtfertigt?
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