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Ukraine Krieg: So missbrauchte ein Wettportal die Ukraine-Kriegskarte

So missbrauchte ein Wettportal die Ukraine-Kriegskarte

Ein US-Wettanbieter übernimmt ohne Erlaubnis ukrainische Kartendaten zum Frontverlauf – ein gewaltiger Fehlgriff.
28.11.2025, 23:0828.11.2025, 23:08
Bojan Stula / ch media

Es ist eine «öffentliche Bekanntmachung», die fassungslos macht: Das ukrainische Informationsprojekt «Deep State Map» wehrt sich gegen die Integration seiner Echtzeit-Daten aus dem Ukraine-Krieg durch einen amerikanischen Wettanbieter.

People stand kneeling as Ukrainian servicemen carry a coffin of their fellow-soldier Ruslan Ganushchak, a well-known cameraman, who was killed in the Russia-Ukraine war, during the funeral ceremony in ...
Trauernde Angehörige und Kameraden tragen in Hostomel einen gefallenen ukrainischen Soldaten zu Grabe - ob auch damit jemand Wettgelder eingestrichen hat?Bild: keystone

Auf Basis seiner bekannten, interaktiven Karte über den Frontverlauf, die Deep State Map mit hoher Zuverlässigkeit nachführt, können via «Pentagon Pizza Watch» Wetten platziert werden. Zum Beispiel, welches Dorf als Nächstes von den Russen erobert wird. So hat sich die Wahrscheinlichkeitsquote bei der Wette «Wird Russland Jamil bis zum 30. November erobern?» innert 24 Stunden um 73 Prozent erhöht, ehe der Fall der Ortschaft bestätigt wurde.

Ans Licht kam der ganze Wettbetrieb aufgrund der freudigen Mitteilung von Pentagon Pizza Watch, man habe jetzt die Daten von Deep State Map in die eigenen Anbieterdienste integriert. Damit stehe ab sofort bei Streitigkeiten eine klare Datengrundlage zur Verfügung.

Deep State Map reagierte am späten Mittwochabend im Kurznachrichtendienst X mit Vehemenz: «Heute waren Sie, wie auch wir, empört über eine Nachricht eines bestimmten Wettanbieters bezüglich der Integration unserer Karte. Deep State Map und das Deep State UA-Team stehen in keiner Verbindung zu diesem Dienst. Dieser Dienst profitiert von Kriegswetten.»

Es sei nicht das erste Mal, «dass Versuche unternommen wurden, von unserer Arbeit zu profitieren», schreibt Deep State Map weiter. Strengere Kontrollen und eine bessere Datenverschlüsselung würden nun die Folge sein, welche aber Ressourcen weg von den eigentlichen Aufgaben binden. Seit dem russischen Überfall hat sich das Deep-State-Projekt einen Ruf als Ersteller der zuverlässigsten aktuellen Karte zum Ukraine-Krieg erarbeitet. Besonders bemerkenswert ist, dass die Macher selbst dann Falschmeldungen widerlegen, wenn diese die feindliche russische Seite begünstigen.

Es folgt ein kleinlauter Rückzieher

Im aktuellen Streit bittet Deep State Map um Unterstützung durch «Experten auf dem Gebiet des Schutzes von geistigem Eigentum und der Bestrafung von Betrügern». Aufgrund dieser geharnischten öffentlichen Reaktion sah sich der Anbieter Pentagon Pizza Watch wenige Stunden später zu einem kleinlauten Rückzieher gezwungen.

Man habe irrtümlich angenommen, die Daten von Deep State Map stünden zur freien Verfügung. Die Integration der Karte und die Datenverwendung würden augenblicklich gestoppt. «Wir respektieren Ihre Arbeit und werden diese ohne Ihre ausdrückliche Erlaubnis nicht mehr verwenden», schreibt der US-Wettanbieter an die Adresse der Ukrainer.

In einem anderen Statement – «um Missverständnissen vorzubeugen» – betont Pentagon Pizza Watch, die Aufschaltung des neuen Dienstes sei nicht erfolgt, um «aus dem Konflikt ein Spiel zu machen, Zerstörung zu zelebrieren oder menschliches Leben zu entwerten». Sondern weil unbestechliche Marktdaten oft die besseren Lageinformationen bieten würden, «als es Journalisten tun».

Ob die Pizza-Watch-Macher mit diesen Worten ihren zweifellos erlittenen Rufschaden abschwächen können, bleibt abzuwarten. Wie kommentierte doch ein User die Entschuldigung? «Ich hoffe, sie werden Euch dermassen verklagen, dass Euch Sehen und Hören vergeht!» (aargauerzeitung.ch)

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