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Ukraine

Neue Hinweise zum Staudamm-Drama bei Cherson

«Wir kehren sogar aus der Hölle zurück» – neue Hinweise zum Staudamm-Drama bei Cherson

Noch immer streitet der Kreml jede Verbindung zum Bruch des Staudamms ab. Neue Hinweise für eine Sprengung könnten die russische Armee jetzt unter Druck setzen.
29.06.2023, 14:2629.06.2023, 14:46
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Der Damm.
Der gebrochene Damm bei Cherson.Bild: suspilne
Ein Artikel von
t-online

Russische Soldaten der 205. Schützenbrigade sollen Anfang Juni den Kachowka-Staudamm nahe Cherson auf Befehl gesprengt haben. Das berichten investigative Journalisten des osteuropäischen Senders Radio Liberty und des Rechercheprojekts «Slidstvo.info». Ihre Erkenntnisse stammen aus Gesprächsmitschnitten, die wiedergeben sollen, wie sich russische Soldaten innerhalb der Staudamm-Anlage in der Nacht der Überflutung panisch mit ihren Vorgesetzten austauschten.

Wenige Minuten, nachdem Anwohner am frühen Morgen des 6. Juni erstmals von explosionsartigen Geräuschen berichtet hatten, soll es dabei zu folgenden Aussagen gekommen sein:

02.20 Uhr: Wie ist die Lage? Ist alles in Ordnung? Standby, bereit, alles auf Befehl!

02.20 Uhr: Jetzt haben wir's, es kann losgehen.

02.21 Uhr: Ok, verstanden. Kommen Sie dann raus zum Treffpunkt und nehmen Sie alles mit.

02.21 Uhr: Wir können hier nichts mitnehmen.

02.30 Uhr: Notfall! Der Fluchtweg ist versperrt, hier ist alles voll Wasser.

02.34 Uhr: Gehen Sie dorthin, wo Sie abgesetzt wurden.

02.34 Uhr: Wir können nicht mehr raus, alles ist überflutet.

Die Journalisten nennen ausserdem die Namen einiger russischer Soldaten, die an der Stellung am Staudamm eingesetzt gewesen sein sollen. Laut dem Bericht haben sie hierzu Personen in russischen Propagandavideos auf dem Gelände des Staudamms identifiziert und diese mit Profilbildern in den sozialen Medien abgeglichen.

Video zeigt die Schäden des gebrochenen Staudamms

Video: watson

Ihre Truppe, die 205. Schützenbrigade, soll einem Papier des ukrainischen Militärgeheimdienstes zufolge rund 400 Soldaten umfassen und inzwischen von Oberst Roman Titov kommandiert werden. Titov soll «wegen Machtmissbrauchs unter Einsatz von Gewalt und Waffen» vorbestraft sein. Eine Schlüsselrolle in der angeblichen Sprengung des Staudamms konnte ihm bisher nicht nachgewiesen werden.

Für die Journalisten deutet der Sprachmitschnitt «Alles auf Befehl» jedoch darauf hin, dass das Kommando zur Sprengung von Titov gekommen sein müsse. Auch jetzt soll sich die 205. Brigade weiterhin unmittelbar in der Nähe des Staudamms in der Stadt Nowa Kachowka befinden.

Zuvor sollen die Einheiten bereits in der seit 2014 von Russland besetzten Ostukraine sowie im Tschetschenienkrieg aktiv gewesen sein. «Wir werden sogar aus der Hölle zurückkehren», gilt als das Motto der Truppe. Seit den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind der Staudamm und das dazugehörige Wasserkraftwerk unter der Kontrolle von Kreml-Truppen gewesen.

«Russisches Kriegsverbrechen»

Der Staudamm war am 6. Juni gebrochen, wodurch es zu grossflächigen Überschwemmungen im Süden der Ukraine kam. Sowohl die russisch besetzte linke Flussseite des Dnipro als auch die ukrainisch kontrollierten Gebiete rechts des Flusses waren betroffen: Mehr als 60 Menschen kamen in den Fluten ums Leben, Dutzende gelten weiterhin als vermisst. Nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Oleksii Makeiev, belaufen sich die Wiederaufbaukosten in der Region Cherson allein in diesem Jahr auf rund 13 Milliarden Euro.

Ukraine Dammbruch: So werden Mensch und Tier gerettet

Video: watson/een

Bereits einen Tag nach dem Dammbruch sprach der ukrainische Generalstab von einer gezielten Sprengung des Staudamms, bei der es sich um ein «russisches Kriegsverbrechen» handele. Moskau bestreitet dies weiterhin und sieht die ukrainische Armee in der Schuld. Erst Ende Mai hatte der Kreml seine Behörden angewiesen, mögliche Unfälle in Wasserwerken nicht mehr zu untersuchen.

«Bis zum 1. Januar 2028 werden keine technischen Untersuchungen von Unfällen in explosionsgefährdeten Produktionsanlagen und von Unfällen in wasserwirtschaftlichen Anlagen durchgeführt, die sich infolge von militärischen Operationen, Sabotageakten und Terroranschlägen ereignet haben», zitiert die ukrainische Tageszeitung «Pravda» aus dem Dokument.

Bereits rund sieben Monate vor der Flutkatastrophe hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj dem Kreml vorgeworfen, den Staudamm vermint zu haben. «Unseren Informationen zufolge wurden die Aggregate und der Damm des Wasserkraftwerks Kachowka von russischen Terroristen vermint», hatte Selenskyj damals in einer Videobotschaft gesagt.

(t-online, cry)

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quelle: epa / stringer
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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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JBV
29.06.2023 14:57registriert September 2021
"Moskau bestreitet dies weiterhin und sieht die ukrainische Armee in der Schuld. Erst Ende Mai hatte der Kreml seine Behörden angewiesen, mögliche Unfälle in Wasserwerken nicht mehr zu untersuchen."

Klar, Moskau bestreitet ja auch bis heute jegliche Beteiligung am Abschuss der MH17 im Juli 2014. Wer nicht nach den Ursachen sucht, wird auch nichts finden. Aber die Schuld der ukrainischen Armee zu geben, ja das können diese Schergen in Moskau...
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Beggride
29.06.2023 14:37registriert November 2015
Das heutige Russland ist im Bezug auf die Grausamkeot und absichtliche Schlampigkeit kaum mehr von der Sovietunion zu unterscheiden...
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rodolofo
29.06.2023 14:48registriert Februar 2016
Die Tatsache, dass der Kreml abstreitet, den Staudamm gesprengt zu haben, dient als weiteres Beweismittel.
Schliesslich hat man von dort bis kurz vor der Invasion der Ukraine bekräftigt, nur Militärmanöver an der Ukrainischen Grenze durchführen zu wollen...
Die Sprengung des Kachovka-Staudamms hatte aber vermutlich den Hauptzweck, der Drohung, mit dem von den Russen besetzten (und offenbar verminten) AKW bei Saporischia könne "etwas passieren", Nachdruck zu verleihen!
Hier liegt gegenwärtig die Hauptsorge für die Ukraine, Europa und die ganze Welt...
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