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Wie ukrainische Elitesoldaten 15 Katzen von der Schlangeninsel retteten

Teaserbild Katzenrettung Schlangeninsel
Es passierte auf einem geschichtsträchtigen Eiland im Schwarzen Meer ...Bilder: hur

Ukrainer beweisen im Krieg Tierliebe – und retten 15 Katzen von Schlangeninsel

Die kleine Insel im Schwarzen Meer wurde nach der russischen Invasion dank mutiger ukrainischer Verteidiger weltberühmt. Nun gibt es erneut eine verrückte Geschichte von dort zu berichten.
04.12.2024, 10:0106.12.2024, 08:57
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Während Russland die ukrainische Zivilbevölkerung Nacht für Nacht mit Bombenangriffen terrorisiert und Putins Soldaten schwerste Kriegsverbrechen begehen, stellen die Bürgerinnen und Bürger des überfallenen Landes ihre Menschlichkeit unter Beweis.

Der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) informierte kürzlich in seinem Telegram-Kanal über eine aussergewöhnliche Mission. Demnach konnten Elitesoldaten 15 «Fellknäuel» von der Schlangeninsel evakuieren.

Da der Winter nahe, erschwere die bittere Kälte das Überleben der zahlreichen Katzen und Kätzchen auf dem Eiland, hiess es. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, seien die Tiere vorsichtig in eines der grössten Tierheime der Ukraine überführt worden.

An der Rettungsaktion auf der als Snake Island weltberühmt gewordenen Zmiinyi-Insel waren Zivilistinnen und eine Software-Firma beteiligt, wie watson zu berichten weiss. Hier erfährst du ihre Geschichte.

Wie lief die Operation ab?

So sah die ukrainische Schlangeninsel Jahre vor dem russischen Angriffskrieg aus.
So sah die Schlangeninsel Jahre vor dem russischen Angriffskrieg aus.Bild: Wikimedia CC BY-SA 4.0

In der griechischen Mythologie galt sie als «Insel der Glücklichen», heute ist die Schlangeninsel militärisches Sperrgebiet. Zu Beginn der russischen Invasion im Frühjahr 2022 erlangte sie weltweite Berühmtheit.

Damals weigerten sich die dort stationierten ukrainischen Verteidiger, sich der feindlichen Übermacht zu ergeben. Ihr trotziger Funkspruch «Russian Warship, Go Fuck Yourself!» wurde zur Legende.

Die kleine Insel im Schwarzen Meer – mit einem Durchmesser von 600 Metern und einer Küstenlänge von 4 Kilometern – hat hohen symbolischen Wert. Sie steht für den ungebrochenen Verteidigungswillen der Ukraine. Und nun ist sie um eine packende Geschichte reicher.

Wie der ukrainische Militärgeheimdienst (HUR) bei Telegram schreibt, beschlossen Elitesoldaten auf Patrouille, die auf der Insel lebenden Katzen zu evakuieren.

Die tierische Rettungsaktion wurde «Operation HUR-KIT» genannt. In ihrem Telegram-Kanal haben die Verantwortlichen diverse Fotos veröffentlicht, die den Abtransport der Tiere dokumentieren.

Ukrainischer Militärgeheimdienst HUR evakuiert Katzen von Schlangeninsel (November 2024).
Ukrainischer Militärgeheimdienst HUR evakuiert Katzen von Schlangeninsel (November 2024).
Bilder: HUR / telegram

Nicht alle Vierbeiner waren zunächst begeistert ...

Katzen-Evakuierung von Schlangeninsel
Ukrainischer Militärgeheimdienst HUR evakuiert Katzen von Schlangeninsel (November 2024).
Bilder: HUR / watson

Die Spezialeinheit, die die Katzenrettung auf der Schlangeninsel durchführte, ist nach ihrem Kommandeur mit dem Rufzeichen Tymur benannt. Sie hat bereits zahlreiche Spezialeinsätze hinter den feindlichen Linien absolviert, auch auf der besetzten Halbinsel Krim.

Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes war einverstanden mit der Katzen-Evakuierung. Er gilt selbst als grosser Tierfreund (dazu unten mehr).

Was macht die Aktion so besonders?

Hier kommt die MacPaw Foundation ins Spiel. Das ist eine gemeinnützige Organisation, die von der ukrainischen Software-Firma MacPaw gegründet wurde. Erklärtes Ziel der Verantwortlichen ist es, einen Teil der Einnahmen der Firma und private Spenden zu verwenden, um so viele Leben wie möglich zu retten.

Die MacPaw Foundation hat die Katzen-Evakuierung durch logistische Hilfe und vor Ort unterstützt. Die Leiterin der gemeinnützigen Stiftung, Anna Manukhina, nahm persönlich an der Rettungsaktion teil.

Anna Manukhina, MacPaw, ukrainische Softwarefirma
Anna Manukhina.Bild: MacPaw

Die Firmensprecherin Oleksandra Lytvynenko, eine PR-Fachfrau und zuständig für Corporate Social Responsibility (CSR), spricht von einer gelungenen Aktion.

«Über die Rettung von Tieren hinaus zeigt sie den Wert der Solidarität und die Überzeugung, dass jedes Leben zählt. Solche Aktionen haben einen Dominoeffekt: Sie inspirieren andere zum Handeln und verstärken die Botschaft, dass selbst in den dunkelsten Zeiten die Menschlichkeit überwiegt. Die Kampagne hat Aufmerksamkeit erregt und das Bewusstsein für die Notlage von Tieren in Konfliktgebieten gestärkt.»

Wohin wurden die evakuierten Tiere gebracht?

In eines der grössten Tierheime des Landes.

«Dieser Einsatz hat nicht nur Leben gerettet, sondern auch den Menschen, die sich unermüdlich für den Schutz gefährdeter Tiere einsetzen, wieder Hoffnung gegeben.»
Oleksandra Lytvynenko

Die MacPaw-Sprecherin weist auf die Bemühungen hin, inmitten der russischen Aggression den Tierschutz und humanitäre Bedürfnisse abzudecken.

«Im Laufe der Jahre haben wir immer wieder Tierheime in der gesamten Ukraine unterstützt, darunter auch das Sirius-Tierheim, das während der russischen Besetzung verwüstet wurde.»
Oleksandra Lytvynenko, MacPaw
Oleksandra Lytvynenko.Bild: MacPaw

Im April 2022, nach der Befreiung der Region Kiew, seien Freiwillige ihrer Stiftung die ersten gewesen, die das Tierheim Sirius mit Futter und allen notwendigen Hilfsgütern für die Tierpflege versorgt hätten.

«Das Sirius-Tierheim, das grösste in der Ukraine, hatte während der russischen Besetzung mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen. Über 3000 Tiere und die Mitarbeiter des Tierheims waren mehr als einen Monat lang von Nahrung, Wasser und Kommunikation abgeschnitten.»
Russische Invasoren zerschossen die Handys der ukrainischen Bevölkerung.
Die russischen Invasoren zerschossen die Handys der Zivilbevölkerung.Bild: MacPaw Foundation

Gemeinsam mit der privaten ukrainischen Hilfsorganisation Come Back Alive habe man daraufhin alles Nötige veranlasst, um die Situation zu verbessern.

Anna Manuhina erinnert sich:

«Die Mitarbeiter des Tierheims waren sehr verängstigt, weil sie nicht wussten, wer gekommen war. Am nächsten Tag brachten wir ebenfalls Futter für die Tiere mit, aber dieses Mal hatten wir auch Handys, Lebensmittel und Medikamente für die Mitarbeiter des Tierheims dabei.

Trotz einiger Schwierigkeiten, wie zum Beispiel zerstörte Brücken und nicht explodierte Minen, war unser Team das erste, das die Unterkunft erreichte. Ausserdem versorgten wir die Mitarbeiter, die von den Besetzern im Heizungsraum eingeschlossen worden waren, mit Mobiltelefonen und Lebensmitteln.»
Ukrainisches Tierheim Sirius
Bild: watson / MacPaw Foundation

Warum setzt die Software-Firma MacPaw auf «nicht-tödliche Hilfe»?

Auf der Website der MacPaw Foundation heisst es, dass die Organisation mitten im Krieg «ausschliesslich nicht-tödliche Hilfe» leiste. Nach den Gründen gefragt, erklärt die Sprecherin, als gemeinnützige Stiftung eines IT-Unternehmens engagiere man sich «innerhalb klarer rechtlicher und ethischer Grenzen». Dies hindere sie daran, Spendengelder für Waffenkäufe einzusetzen.

«Unsere Aufgabe ist es, uns auf humanitäre Hilfe und den Aufbau von Resilienz [Widerstandskraft] zu konzentrieren. Dazu gehört die Bereitstellung wichtiger technischer Unterstützung, die dazu beiträgt, das Leben der ukrainischen Verteidiger und der betroffenen Zivilisten zu retten.»

Man stelle unter anderem Starlink-Empfänger (Satelliten-Internet), EcoFlow-Geräte (Stromgeneratoren), Laptops und Tablets sowie medizinische Hilfe wie Aderpressen, aber auch Evakuierungsfahrzeuge bereit.

«Dieser Ansatz gewährleistet, dass wir zur Rettung von Menschenleben und zur Stärkung der Kapazitäten von Verteidigern und Gemeinschaften beitragen, ohne zur Verbreitung von Waffen beizutragen.»
Oleksandra Lytvynenko

Auf Nachfrage erklärt die MacPaw-Sprecherin, dass auch Spenden aus der Schweiz sehr willkommen seien. Dies sei direkt über die Stiftungs-Website möglich. Darüber hinaus erhoffe man sich einen positiven Effekt, wenn die Geschichten wie die von der Katzen-Rettung auf den Social-Media-Plattformen geteilt werden. So könne man andere Leute ermutigen, sich zu engagieren.

Seit Februar 2022 habe die MacPaw Foundation über zehn Millionen Dollar an nicht-tödlicher Hilfe bereitgestellt, um die ukrainischen Verteidiger, Vertriebenen und gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu unterstützen.

«Unser Fokus auf technische Hilfe, medizinische Versorgung und Tierschutz spiegelt einen ganzheitlichen Ansatz wider, um der Ukraine während und nach der umfassenden russischen Aggression zu helfen, zu überleben und sich wieder aufzubauen.»

Bereits seit der Lancierung 2018 unterstützt das IT-Unternehmen soziale Initiativen und Projekte, wobei jeweils der Hashtag #MacPawCares genutzt wird. Wer sich für Details interessiert, wird hier im Netz fündig.

Student gründet Software-Firma
Die ukrainische Software-Firma MacPaw wurde 2008 vom damaligen Studenten Oleksandr Kosovan gegründet. Das Unternehmen beschäftigt heute über 500 Menschen in mehr als 30 Ländern. Zu den bekanntesten Produkten gehört das für Apple-Computer entwickelte Hilfsprogramm «CleanMyMac». Auf jedem fünften Mac auf dem Planeten läuft inzwischen eine Anwendung des innovativen IT-Unternehmens.

Was hat Geheimdienstchef Budanow mit der Katzen-Rettung zu tun?

Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes (HUR), Kyrylo Budanow, gilt als grosser Tierfreund und ist eine lebende Legende in seiner Heimat. Er hat bereits mehrere russische Anschläge überlebt. Zu seinen Haustieren gehören Kanarienvögel, zwei Katzen (Günter und Zmiy) sowie ein Frosch namens Petro, der im Büro des Ex-Elitesoldaten in einem Aquarium lebt.

Gut zu wissen: Seit 2016 ist die Eule das Symbol des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR. Zugleich ist die Fledermaus – ein Beutetier der Eulen – das Symbol der russischen Sondereinheiten GRU Speznas.

Emblem des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR.
Bild: Wikipedia

Das lateinische Motto des ukrainischen Militärgeheimdienstes lautet «Sapiens Dominabitur Astris» («Der Weise wird über die Sterne herrschen») und ist ebenfalls eine Anspielung auf das Motto der feindlichen russischen Speznas («Nur die Sterne sind über uns»).

Während einer Militäroperation in der Region Charkiw in diesem Jahr entdeckten Soldaten der 92nd Assault Brigade (OShBr) hungrige Eulen, die in einem Käfig in einem zerstörten Haus eingesperrt waren. Die Vögel wurden gerettet und in die Obhut des Geheimdienstchefs gegeben. HUR-Chef Budanow beschloss, dass die Tiere im Kiewer Zoo ein neues Zuhause finden sollten.

Quellen

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sarah.J.M.
04.12.2024 10:13registriert April 2024
Und mal wieder ein klarer Unterschied zw. Ukrainer und Russen... was die Russen mit entlaufenen oder durch den Krieg herrenlosen Tieren machen, ist inzwischen gut dokumentiert (gehe nicht ins Detail, kann jeder selber googeln; aber ich empfehle es nicht). Die Verrohung der Russen ist kaum fassbar; keine Empathie, kein Mitleid, nur noch Gewalt und Sadismus. Ein Abbild der russ. Kultur und Gesellschaft unter Putin. Und noch immer gibt es hier Kommentatoren, welche Russland idolisieren, und nichts zu doof ist, um als Whataboutismus zu dienen, wenn man aufzeigt, dass Russland moralisch bankrott ist.
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Hector B.
04.12.2024 10:07registriert Februar 2022
Wahre Helden!
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AnonBlue
04.12.2024 11:42registriert Oktober 2023
Slava Ukraini!
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