Friedensstifter Trump: Das bedeutet die Gaza-Waffenruhe für die Ukraine
Ohne Zweifel hat US-Präsident Donald Trump mit dem Waffenstillstand in Gaza und der Freilassung der israelischen Geiseln durch die Hamas einen grossen Erfolg errungen. Dabei wird aber gerne übersehen, dass die Terrororganisation nach dem Teilrückzug der israelischen Streitkräfte jetzt wieder fast die Hälfte des Küstenstreifens kontrolliert.
Während die Waffen zwischen Hamas und Israelis vorerst ruhen, rechnen die Terroristen brutal mit konkurrierenden Clans und Palästinensern ab, die sie der Kollaboration mit Israel bezichtigen. Die Hamas konsolidiert so ihre Macht. Gut genährte und gekleidete Palästinenser mit perfekten Frisuren feiern vor Videokameras den «Sieg» über die verhassten Juden. Wie war das nochmals genau mit der grassierenden Hungersnot?
Mehr Angriffe auf die Infrastruktur
Wie es in einer solchen Situation zu einer dauerhaften Friedenslösung kommen soll, bleibt schleierhaft. Die geplante Befriedung des winzigen Streifens durch eine internationale «Stabilisierungstruppe», gefolgt von Wiederaufbau, dürfte sich schon bald bloss als Trump’scher Wunschtraum entpuppen.
Trump versucht, seinen Zwischensieg im Nahen Osten dafür auszunützen, den ungleich grösseren Krieg in der Ukraine zu beenden. Bisher ist er mit seinen Initiativen am hartnäckigen Widerstand des russischen Diktators Putin gescheitert – und zwar krachend.
In Washington scheint sich nun aber die Einsicht durchzusetzen, dass Amerika mit der bisherigen Beschwichtigungspolitik in Moskau das Gegenteil von dem erreicht hat, was es eigentlich wollte: Putin hat Trumps Gerede als Einladung missverstanden, um die Ukraine noch stärker zu bombardieren als zuvor.
Einmal mehr will Moskau den Ukrainern mit Angriffen auf die Energieversorgung einen eiskalten Winter bescheren. Das hat zwar schon in den letzten Jahren nicht funktioniert, aber man kann es ja heuer aufgrund stark erhöhter Drohnenproduktion nochmals versuchen.
Trump droht im Gegenzug, der Ukraine Tomahawk-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern zu liefern, falls sich Putin nicht auf einen echten Friedensprozess einlässt. Allerdings wäre er nicht Trump, wenn er seine Worte nicht sofort wieder relativierte: Ernsthaft über Tomahawks nachdenken wolle er erst nach einem Telefongespräch mit Putin. Und das kann – wie man in den letzten Monaten sehen konnte – alles zuvor Gesagte über den Haufen werfen.
Wendet sich das Blatt langsam?
Jedenfalls will Trump auch noch den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski treffen, um mit ihm ebenfalls über Tomahawks und andere Waffen zu sprechen. Der US-Präsident scheint jedenfalls nun vermehrt auf Druck zu setzen. Deshalb haben die Amerikaner Kiew in den letzten Wochen auch vermehrt geholfen, die russische Flugabwehr zu umfliegen, wenn ukrainische Drohnen und Marschflugkörper russische Erdölraffinerien angriffen. Damit trifft die Ukraine die russischen Exporte von Erdölderivaten empfindlich und damit auch Moskaus wichtigste Einnahmequelle.
Obwohl die statistisch erfasste Militärhilfe aus dem Ausland im Juli und August im Vergleich zur Vergangenheit stark gesunken ist, lassen sich bei einer aktuellen Reise durch die Ukraine ausser bei der Flugabwehr nur wenig Mängel bei der Bewaffnung der Ukrainer ausmachen. Im Vergleich mit früheren Reisen sieht man sogar mehr Nachschubkonvois auf den Strassen, die von den Grenzen mit Nato-Staaten ins Landesinnere fahren.
Grösstes Problem der Ukrainer bleibt der Personalmangel der Streitkräfte, den die Regierung mitverursacht hat. So hat sie es unterlassen, die grassierende Korruption bei der Rekrutierung von neuen Soldaten ernsthaft einzudämmen.
Dennoch scheint sich das Blatt langsam zu wenden. Zwar haben die Russen an den meisten Frontabschnitten immer noch die Initiative, doch vereinzelt verzeichnen lokal begrenzte ukrainische Gegenoffensiven Erfolge. Die durchschnittlichen Geländegewinne der Invasoren sind von rund 18 Quadratkilometern pro Tag im Juli auf nur noch knapp 9 Quadratkilometer gefallen.
Und am wichtigsten: Nicht nur konnten die Russen die seit fast 15 Monaten heftig umkämpfte Stadt Pokrowsk im Donbass noch immer nicht erobern, sondern ihre Truppen gerieten sogar in zwei Kessel nordöstlich der Stadt, die nur noch mit Drohnen aus der Luft versorgt werden können.
Anders als in den letzten Monaten versuchten die Russen in den letzten Tagen, die Initiative dort mit zwei mechanisierten Angriffen zurückzugewinnen. Trotz des schlechten Wetters, das die Sicht einschränkt und das Fliegen von Kampfdrohnen erschwert, brachen diese Attacken im ukrainischen Drohnenhagel zusammen.
Die hohen Verluste an der Front haben den Kreml aktuell dazu veranlasst, die rechtlichen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass auch Reservisten für Kampfoperationen ausserhalb der Russischen Föderation mobilisiert werden dürfen. Parallel dazu verschärfen sich die wirtschaftlichen Probleme und Ungleichgewichte. Es ist aber zu bezweifeln, dass dies ausreicht, um Putins an den Verhandlungstisch zu bringen. Ohne erheblichen Druck aus den USA und Europa wird es keinen Frieden geben.