Eine Briefbomben-Serie gegen hochkarätige Ziele in Spanien versetzt Westeuropa in Alarmbereitschaft. Neben dem spanischen Premierminister waren unter anderem die US-amerikanische Botschaft in Madrid, ein Satellitenzentrum der EU sowie ein spanischer Rüstungsbetrieb im Visier.
Der ukrainische Aussenminister spricht von einer neuen Form des Terrors, die sich gegen diplomatische Vertretungen im Ausland und gegen Ukraine-Unterstützer richte.
Zwei weitere ukrainische Botschaften im Ausland hätten Briefe mit «sehr spezifischen Drohungen» erhalten, sagte der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba am Donnerstag in Polen. Welche Länder betroffen sind, verriet er nicht.
Der ukrainische Politiker bezeichnete dies als eine neue Form des Terrors, die alle Merkmale einer «gezielten, gross angelegten Kampagne» gegen sein Heimatland aufweise.
Die Nachricht von zunehmenden Drohungen gegen ukrainische diplomatische Vertretungen auf der ganzen Welt komme nur einen Tag nach den Anschlägen in Spanien, berichtet die amerikanische News-Seite The Daily Beast.
Insgesamt sechs Sendungen mit explosivem Inhalt wurden in den vergangenen Tagen unter anderem an die Botschaften der Ukraine und der USA in Madrid sowie an Ministerpräsident Pedro Sánchez geschickt, wie das Innenministerium und die Nationalpolizei am Donnerstag mitteilten.
Lediglich bei der Öffnung der Briefbombe in der Botschaft der Ukraine wurde ein Mitarbeiter leicht verletzt.
Vorerst jüngster Adressat war am Donnerstag die US-Botschaft. Dort sei eine verdächtige Sendung von spanischen Sprengstoffexperten kontrolliert zur Explosion gebracht worden, hiess es. Die US-Botschaft und die spanischen Sicherheitsbehörden hätten das Anti-Terror-Protokoll aktiviert.
Die erste Briefbombe dieser Serie wurde den bisherigen Erkenntnissen zufolge bereits am 24. November an den spanischen Regierungschef Sánchez geschickt. Diese Sendung sei unschädlich gemacht worden, hiess es.
Eine der spanischen Untersuchung nahestehende Quelle teilte Reuters mit, dass alle Sprengsätze in braunen Umschlägen verschickt wurden und loses Schiesspulver mit einem elektrischen Zündmechanismus enthielten. Alle Briefe seien wahrscheinlich in Spanien aufgegeben worden.
Eine der abgefangenen Sendungen wurde nicht zerstört und konnte von Spezialisten der Polizei untersucht werden. «Im Scanner war zu sehen, dass sich darin ein verdächtiger Mechanismus befindet», sagte eine Sprecherin des spanischen Verteidigungsministeriums.
Die verschickten Briefbomben waren nach Medienberichten selbstgebastelt. Sie hätten nur geringe Mengen an pyrotechnischem Material und kleine Metallkugeln enthalten, so dass beim Öffnen keine Explosion, sondern eher eine Stichflamme ausgelöst werden konnte, schrieben die Zeitung «El País» und der staatliche TV-Sender RTVE am Freitag unter Berufung auf Polizeikreise.
Die spanischen Behörden schliessen Medienberichten zufolge nicht aus, dass alle Sendungen mit der Unterstützung Spaniens für die Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg im Zusammenhang stehen.
Die Ermittlungen gehen von terroristischen Anschlägen aus. Der oder die Täter sind bisher allerdings noch unbekannt.
Der ukrainische Botschafter Serhij Pohorelzew vermutete Russland hinter dem Anschlag auf die Botschaft.
Nach der Explosion in der spanischen Botschaft der Ukraine ging zunächst am späten Mittwochabend beim spanischen Waffenproduzenten Instalaza in Saragossa eine Briefbombe ein. Diese wurde von der Spezialeinheit der Polizei unschädlich gemacht, wie der Staatssekretär für Sicherheit, Rafael Pérez, mitteilte. Das betroffene Unternehmen produziert Kriegswaffen (unter anderem den C90-Granatwerfer), die Spanien an die Ukraine geliefert hat.
Eine weitere verdächtige Sendung wurde nach den amtlichen Angaben am frühen Donnerstagmorgen in der Luftwaffenbasis Torrejón bei Madrid abgefangen. Sie sei an das dortige Satellitenzentrum der Europäischen Union (EU) adressiert gewesen, sagte Pérez. Eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel bestätigte die Angaben. Von Torrejón aus starten Militärmaschinen mit Nachschub für die Ukraine.
Ebenfalls am Donnerstagmorgen ging eine weitere Briefbombe beim Verteidigungsministerium in Madrid ein, die an Verteidigungsministerin Margarita Robles adressiert gewesen sei. Auch diese Sendung sei neutralisiert worden.
Die russische Regierung unter Wladimir Putin – die im Februar Truppen in die Ukraine einmarschieren liess und einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen das Nachbarland führt – hat sich bislang nicht zu den Anschlägen geäussert. Die russische Botschaft in Spanien hat am Donnerstag via Twitter jede «terroristische» Aktivität verurteilt und erklärt, solche Drohungen oder Handlungen seien «völlig verwerflich».
Die spanische Verteidigungsministerin erklärte, dass weder das Versenden von Briefen mit Sprengstoff noch andere gewalttätige Aktionen etwas an der «festen und klaren» Zusage Spaniens ändern werde, die Ukraine bei der Verteidigung gegen die russischen Invasoren zu unterstützen.
(dsc/sda/dpa)