Nach fast sieben Monaten Krieg haben die Ukraine und Russland einen grossen Gefangenentausch verkündet. 205 Ukrainer kehrten aus russischer Gefangenschaft zurück, wie der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, in der Nacht auf Donnerstag mitteilte. Die von Moskau gesteuerten Separatisten in der Ostukraine gaben zehn Ausländer frei, die nach Vermittlung Saudi-Arabiens nach Riad ausgeflogen wurden.
Zu den ukrainischen Heimkehrern zählten laut Jermak die Kommandeure der Verteidigung von Mariupol, die verschanzt im Stahlwerk Azovstal bis Mitte Mai Widerstand gegen die russischen Eroberer geleistet hatten. Am 16. Mai ergaben sie sich und gerieten in russische Gefangenschaft. Während über vier Monaten war kaum etwas über ihren Verbleib bekannt. Immer wieder wurde auf Twitter ihre Freilassung gefordert:
It has been 4 months since the brave defenders of #Mariupol received the order to surrender. They are still in captivity. Let's not forget about them!
— ✙ My home is Ukraine 🇺🇦🇪🇺 (@Viktori99541433) September 19, 2022
FREE AZOVSTAL ❤️🩹#FreeAzovstalDefenders #Azovstal pic.twitter.com/qLIsQtDC7p
Gestern war es nun so weit. «Unsere Helden sind frei», schrieb Jermak auf Telegram. Insgesamt 108 Mitglieder des Asow-Regimentes sind wieder auf freiem Fuss. Einige von ihnen hatten das Stahlwerk Asovstal in Mariupol verteidigt. Vor der vollständigen Besetzung Russlands im Mai war es die letzte Bastion des ukrainischen Militärs in Mariupol (Gebiet Donezk).
Unter den jetzt Freigelassenen ist unter anderem auch der Oberstleutnant der ukrainischen Nationalgarde, Denys Prokopenko sowie der Vize-Kommandeur Swjatsolaw Palamar. Letzterer gewährte der Öffentlichkeit mit seinen Videos einen Einblick in die düsteren Zustände im Stahlwerk. Unter anderem dieses, indem er Anfang Mai um die sofortige Evakuierung der Zivilisten bittet:
Urgent appeal from the Deputy Commander of the Azov Regiment Captain Svyatoslav Palamar, Kalina, regarding the situation at the Azovstal plant. pic.twitter.com/9I2fgZ1Hrf
— ТРУХА⚡️English (@TpyxaNews) May 3, 2022
Prokopenko, Palamar, sowie drei andere Kommandeure befinden sich jetzt in der türkischen Hauptstadt Ankara, wo sie gemäss dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bis zum Ende des Krieges bleiben werden.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
The Azovstal defenders leadership returned to Ukraine, at least we can see Denys Prokopenko and Sviatoslav Palamar among others here. Serhiy Volyna (last photo) was released, too, according to some sources. pic.twitter.com/lc0UR5RI1m
Ebenfalls freigekommen ist die Sanitäterin Kateryan Polishchuck. Sie war während ihres Einsatzes in Mariupol zu einem Gesicht der Kämpfenden in Asowstal geworden:
Ukrainian Telegram channels publish pictures of the Ukrainian POWs exchanged for Russian POWs. Kateryna Polishchuk, the legendary paramedic from Azovstal.
— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
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Ebenso Mykhailo Dianov. Auch sein Bild ging um die Welt. Jetzt ist er in Sicherheit.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
Mykhailo Dianov is another Azovstal hero freed in POWs exchange. pic.twitter.com/7Xd7IFq5PL
Das Gesicht von Mariupols Polizeichef ist gezeichnet vom Krieg und der Gefangenschaft.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
The head of Mariupol police Mykhailo Vershynin (the right picture shows him after the release, pictures from Tryxa). pic.twitter.com/FhsP0S8SRy
Auch bei Swjatslaw Yermolov, einem Polizisten aus Mariupol, hat die Gefangenschaft deutliche Spuren hinterlassen.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
Sviatoslav Yermolov, another policemen from Mariupol. Picture source: Telegram Мариуполь сейчас. pic.twitter.com/Orx8dpIt4b
Der Gefangenenaustausch soll in der Tschernihiw Region stattgefunden haben.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
The exchange apparently happened on the Russian-Ukrainian or Belarusian-Ukrainian border in Chernihiv region. The video is from Suspilne TV channel. pic.twitter.com/tnqD86uE6u
Bilder zeigen, wie die Soldaten die Busse verlassen.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
More pictures of the freed Ukrainian soldiers. It’s different to find the original source, these photos appeared in many Telegram channels almost simultaneously. pic.twitter.com/ZiCuGUw5vi
Unter den Freigelassenen befindet sich auch Dmytro Kozatsky. Er erlangte mit einem eindrücklichen Foto Bekanntheit. Es zeigt einen Soldaten, der sich mit ausgestreckten Armen von Sonnenstrahlen bescheinen lässt. Viele Menschen harrten im Stahlwerk während Wochen ohne Sonnenlicht aus.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
Dmytro Kozatsky, the author of this photo, was released, too. https://t.co/xjSTGG6byL pic.twitter.com/CbGTdS3bv3
Die freigelassenen Soldaten werden in Empfang genommen.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
More video of Ukrainian POWs back to Ukraine. Source: the Ukrainian defense ministrypic.twitter.com/imUSpaWqbg
Die führenden Kommandeure des Asow-Regimes sprachen nach ihrer Freilassung mit Selenskyj.
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— Kyrylo Loukerenko (@K_Loukerenko) September 21, 2022
The Azov leadership talked to President Zelensky. They are in Turkiye, not in Ukraine right now. pic.twitter.com/N23KREecf3
Die Ukraine liess Jermak zufolge ihrerseits 55 russische Soldaten frei, die in der Offensive im Gebiet Charkiw Anfang September gefangen genommen worden waren. Demnach durfte auch der festgenommene prorussische Politiker Viktor Medwedtschuk, ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin, ausreisen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, der Austausch sei unter Vermittlung der Türkei zustande gekommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwochabend meldete. Erdogan nannte die Einigung demnach einen «wichtigen Schritt» hin zu einer Beendigung des Kriegs in der Ukraine. (saw)
Mit Material der Nachrichtenagentur sda.
Doch im Moment zählen nur die (gezeichneten) Freigelassenen und ihre erleichterten Familienangehörigen. Wenigstens ein ganz kleiner Lichtblick in diesem brutalen Konflikt.