Die Grossoffensive steht an. Deshalb wird der Ruf immer lauter, die Waffenlieferungen aus dem Westen zu verstärken. Trotz der waffentechnischen Unterlegenheit haben sich die Ukrainer bisher aber gut geschlagen. Auch dank eines Abwehrschilds aus türkischen Drohnen. «Die Ukraine hat das türkische Bayraktar-TB2-System effektiv und kreativ eingesetzt, auch gegen russische Panzer», sagt Alexander Bollfrass vom Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich.
Doch neben diesen Drohnen gebe es noch viele andere Faktoren, die dazu führten, dass Russlands geplante Blitzinvasion gestoppt werden konnte. «Bodengestütze Panzerabwehrwaffen wie die von den USA gelieferte Javelin und die aus Grossbritannien stammende NLAW waren sehr erfolgreich gegen den schlecht organisierten russischen Vormarsch», sagt Bollfrass. So war die Verteidigung in den ersten Kriegswochen vor allem dank tragbarer Panzer- und Flugabwehrwaffen möglich, welche der Westen geliefert hat. Bis Anfang März wurden rund 17'000 Panzerabwehrwaffen geliefert, Tausende kamen seither dazu.
Für Bollfrass ist aber klar:
Aber: «Die meisten modernen Luftverteidigungssysteme erfordern eine umfangreiche Ausbildung.» Die ukrainischen Soldaten haben diese jedoch nicht. Ein Waffentraining auf Nato-Territorium würde aber eine neue Qualität der Unterstützung bedeuten, sagt Niklas Masuhr, ebenfalls vom CSS.
Schneller möglich ist der Einsatz sowjetischer Abwehrsysteme. «Die Slowakei, Bulgarien und Griechenland verfügen über S-300-Systeme sowjetischer Bauart, mit denen die Ukrainer vertraut sind», sagt Bollfrass. Denn solche Systeme hat auch die Ukraine im Arsenal. Am Freitag hat nun die slowakische Regierung erklärt, dass sie S-300-Batterien an die Ukraine geliefert hat, wie Masuhr anfügt. Zur Kompensation wurden deutsche und niederländische Patriot-Systeme in die Slowakei verlegt, die den dortigen Luftraum schützen sollen.
Was die für die Ukraine notwendigen Waffensysteme betrifft, gebe es mehrere Kriterien, sagt Masuhr. «Für die Ukraine ist zum einen entscheidend, wie schnell diese Systeme geliefert werden können und nutzbar sind. Deshalb wurden bisher vor allem ‹einfach› bedienbare Waffen geliefert. Waffen wie Javelin, NLAW, Stinger und ihre post-sowjetischen Varianten. Sowie Systeme, die bereits im ukrainischen Inventar vorhanden sind», sagt Masuhr. In Zukunft würden Waffensysteme wichtig, welche die effektive Reichweite der ukrainischen Truppen erhöhe.
«Darüber hinaus werden Luft- und Drohnenabwehrsysteme weiterhin wichtig bleiben. Noch ist unklar, wie effektiv Russlands neue Offensive ausfallen wird, also wie lernfähig die Truppen sind. Aber es ist wohl vernünftig anzunehmen, dass sie sich besser schlagen werden als zuvor», sagt Masuhr. Die Ukraine werde weiterhin Infanterieausrüstung, also Waffen, Munition, Nachtsichtgeräte, Kommunikationsmittel und gepanzerte Fahrzeuge benötigen. Inwieweit die Nato und Europa individuell und kollektiv hier bereit seien, das Niveau anzuheben, sei jedoch eine politische Frage, erklärt der Militärforscher der ETH.
Bereits geliefert hat Grossbritannien die von der Schulter aus abzufeuernde Hochgeschwindigkeitsrakete Starstreak zur Abwehr von Luftzielen. Diese ist lasergesteuert, und Piloten von Bombern und Helikoptern können kaum ausweichen. Die Geschosse können mit einem Laserstrahl gelenkt werden. Das ist effektiver als die herkömmlichen Systeme, die einen Infrarotsuchkopf verwenden, der von den Russen mit Täuschmanövern abgelenkt werden kann. Wahrscheinlich wurden die ukrainischen Soldaten in einem osteuropäischen Nachbarland an diesen Starstreak-Waffen ausgebildet.
Um die eingekesselten Städte wieder zu befreien, fordert Selenskyj aber mehr Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Kampfflugzeuge. Doch Panzer und vor allem Flugzeuge sind schwieriger ins Land zu bringen als Panzerfäuste. Weil Kampfjets in den ukrainischen Luftraum fliegen müssten, könnten die Russen das als Kriegsakt betrachten.
Hoffnung machen die USA, die der Ukraine Schiffabwehrraketen in Aussicht gestellt haben. Diese vom Land abgefeuerten Raketen könnten den russischen Nachschub auf See für den russischen Angriff auf Mariupol attackieren. Gemeint sind damit wahrscheinlich die amerikanischen Modelle Harpoon, die eine Reichweite von 130 Kilometern haben und in Besitz Grossbritanniens, Deutschlands und Polens sind.
Im Artikel steht folgender Satz: ‚ Weil Kampfjets in den ukrainischen Luftraum fliegen müssten, könnten die Russen das als Kriegsakt betrachten.‘
Was hätte das für konkrete Auswirkungen? Dass Russland böse wird?🤔
Oder Angriffe auf die liefernden Länder? Weshalb nur bei Flugzeugen und nicht bei Raketenrohren oder Ähnlichem?
Kann es uns im Moment (!) nicht egal sein, ob das Putin missfällt?
Denke ich zu kurz, wenn ich proklamiere: Putin macht, was Putin will. Lasst uns selbstbewusst machen was wir für richtig halten!
Dss stimmt nicht. Er fordert nicht, sondern bittet inständig um Waffen. Ein kleiner, aber wichtiger Unterschied. Wenn aus einer eindringlichen Bitte in den Medien eine Forderung gemacht wird, dann liegt ganz klar ein Übersetzungsfehler vor.
Russland versteht das Unterlassen dieser Lieferung als Schwäche und nutzt das aus. Wenn es getan würde, bezweifle ich, dass sie wagen würden die Nato anzugreifen. Es würde eher als Signal der Entschlossenheit und der Stärke des Willens in Europas die Demokratie zu schützen wahrgenommen.