Am Dienstag findet in Berlin die zweitägige Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine statt. Insgesamt kommen 2000 Vertreter aus etwa 60 Ländern zusammen. Alles Wichtige dazu findest du hier.
Am Dienstag-Nachmittag tritt Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj vor den Bundestag. Das sind seine wichtigsten Aussagen:
Today, I addressed the Bundestag and emphasized that the German people's humanity has shone through in their unwavering support for Ukraine. We are deeply grateful for your compassion and assistance.
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) June 11, 2024
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sagte dem ukrainischen Präsidenten die Solidarität des Parlaments zu - «in Kriegszeiten und beim Wiederaufbau», wie sie betonte.
«Und ich bin mir sicher: Die russischen Kriegsverbrechen werden geahndet. Das ist Deutschland, das ist Europa, das ist die demokratische Welt den Menschen in der Ukraine schuldig», betonte Bas.
Der Grossteil der rechten AfD-Bundestagsfraktion und das linkspopulistische Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sind demonstrativ der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag ferngeblieben.
Der AfD-Fraktionsvorstand hatte dies zuvor empfohlen. Lediglich 4 der 77 AfD-Abgeordneten zeigten sich im Plenum bei Selenskyjs Rede. Von den zehn BSW-Abgeordneten war keiner anwesend. Vertreter anderer Parteien kritisierten das scharf.
«Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören», teilten die Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla mit. «Die Bundesregierung sollte ihm keine Bühne für Wiederaufbaubettelei geben. Die Bürger zahlen mehr als genug für Militärhilfe, EU-Hilfe und Bürgergeld für Ukrainer.» Die Ukraine brauche einen verhandlungsbereiten Friedenspräsidenten.
Vom BSW hiess es: «Präsident Selenskyj trägt leider aktuell dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern und nimmt dabei das Risiko eines atomaren Konflikts mit verheerenden Konsequenzen für ganz Europa in Kauf (...) Daher sollte er im Deutschen Bundestag nicht mit einer Sonderveranstaltung gewürdigt werden (...)».
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zurückhaltend optimistisch zu den Erfolgschancen der Schweizer Friedenskonferenz für die Ukraine am 15. und 16. Juni geäussert.
«Dort werden wir uns über Grundsätze für einen gerechten, dauerhaften Frieden austauschen», sagte der Regierungschef am Dienstag.
«Das sind noch keine Verhandlungen über ein Ende des Krieges, denn dafür müsste Putin erkennen lassen, dass er bereit ist, seinen brutalen Feldzug zu beenden und Truppen zurückzuziehen», ergänzte Scholz. Er fügte aber hinzu: «Doch vielleicht kann ein Weg aufgezeigt werden, wie ein Einstieg in einen Prozess gelingen könnte, bei dem eines Tages auch Russland mit am Tisch sitzt.» Dies entscheide jedoch alleine die Ukraine. Man stehe weiter fest an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer.
Russland müsse einen Beitrag leisten für eine friedliche Entwicklung, verlangte Scholz - es müsse den Krieg beenden und seine Truppen zurückziehen. «Das zeichnet sich nicht ab, aber darum muss es gehen», sagte Scholz.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht erst nach einem Ende der Kampfhandlungen von einer Rückkehr ukrainischer Flüchtlinge aus.
«Es macht hier keinen Sinn mit irgendwelchen Losungen die Ukrainer zu motivieren», so Selenskyj. Er gehe davon aus, dass es nach Kriegsende eine grosse Motivation für eine Rückkehr gebe, um den Staat wieder aufzubauen.«
Es wird Arbeitsplätze und Sicherheit geben», begründete Selenskyj seine Überzeugung. Dabei gebe es bereits jetzt genügend Bedarf auch an qualifizierten Arbeitskräften. «Fraglos wird es einen globalen Wiederaufbau erst nach dem Krieg geben», räumte Selenskyj ein.
Mehr als 50 internationale Organisationen, Staaten und Unternehmen haben auf der Berliner Ukraine-Konferenz eine Initiative zur Ausbildung von 180'000 Fachkräften für den Wiederaufbau des Landes gestartet.
«Auf diese Weise leisten wir der Ukraine wichtige Unterstützung in Kriegszeiten und beim Wiederaufbau. Egal, wie oft Russland Stromleitungen, Krankenhäuser oder Gebäude zerstört, die Ukrainer werden das Wissen und die Fähigkeiten haben, sie wiederaufzubauen», erklärte die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze dazu am Dienstag.
Die Mitglieder der Fachkräfte-Allianz («Skills Alliance for Ukraine») für den Wiederaufbau werden dafür insgesamt mehr als 700 Millionen Euro bereitstellen. Das Programm soll drei Jahre laufen und richtet sich vor allem an junge Menschen, Binnenvertriebene und Frauen.
Bundesrat und Aussenminister Ignazio Cassis erklärte an der Konferenz, er freue sich über die Fortsetzung der vor zwei Jahren in Lugano aufgenommenen Bemühungen zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes. Gemäss dem vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verbreiteten Redetext Cassis' legt die Schweiz Wert auf den Privatsektor beim Wiederaufbau.
In Zusammenarbeit mit der Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) unterstütze die Schweiz einen neuen Mechanismus zum Investitionsschutz vor Kriegsrisiken, sagte Cassis. Sie werde sich auch an der Berufsausbildungsinitiative der Konferenz beteiligen.
Die letzten beiden Jahre hätten gezeigt, dass die Digitalisierung ein Kernelement für die Widerstandskraft und Erholung der Ukraine sei. Die Schweiz werde ihre Unterstützung auf diesem Gebiet im Hinblick auf Transparenz und demokratische Teilhabe um 60 Millionen Euro (68 Millionen Franken) ausbauen.
Darüber hinaus verwies der Aussenminister auf die Schweizer Langfrist-Hilfe von 5 Milliarden Franken in den nächsten zwölf Jahren. Zur Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock vom 15. und 16. Juni sagte Cassis, einige Monate nach Kriegsbeginn habe die Lugano-Konferenz den Wiederaufbau thematisiert. Nun müsse die Welt den Mut aufbringen, den Frieden zu bauen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von den internationalen Partnern eindringlich mehr Unterstützung mit Luftverteidigungssystemen und für den Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie-Infrastruktur verlangt.
«Wir benötigen mindestens noch sieben weitere Patriot-Systeme, um in nächster Zeit unsere grossen Städte zu schützen», sagte Selenskyj am Dienstag bei der internationalen Wiederaufbaukonferenz für sein Land in Berlin.
Selenskyj, dessen Rede öfters von Applaus unterbrochen wurde, dankte dem deutschen Kanzler Olaf Scholz mehrfach persönlich für die bisherige Unterstützung durch die Lieferung von Flugabwehrsystemen. Deutschland hat bereits zwei Patriot-Systeme geliefert, ein weiteres ist zugesagt, an ihm werden derzeit ukrainische Soldaten ausgebildet.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ab Ende Juni ausgesprochen.
Die Ukraine habe alle vereinbarten Reformschritte erfüllt, sagte von der Leyen am Dienstag in Berlin bei der internationalen Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine.
«Deswegen glauben wir, dass die Europäische Union Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beginnen sollte, und zwar schon Ende des Monats.»
Die Ukraine hat derzeit den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Ein EU-Gipfel im Dezember vergangenen Jahres beschloss, mit ihr Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Bislang gibt es dafür aber noch kein vereinbartes Datum. Ungarn etwa hat noch Zusatzforderungen.
Auch Aussenminister Ignazio Cassis ist in Berlin vor Ort. «Unser Ziel ist es, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, das die unterschiedlichen Perspektiven in diesem Konflikt überwindet», schreibt der Tessiner auf X.
Happy to be in Berlin for the #URC2024. After laying the groundwork for #Ukraine's reconstruction at the #URC in Lugano in 2022, we will now initiate a #peace process at Bürgenstock this weekend.
— Ignazio Cassis (@ignaziocassis) June 11, 2024
The #UAPeaceSummit will focus on crucial themes such as #FoodSecurity, the… pic.twitter.com/uZB0UgswIT
Thank you, #Germany, for hosting the #URC2024 and continuing the spirit of Lugano.
— Ignazio Cassis (@ignaziocassis) June 11, 2024
🇨🇭 has stood with Ukrainians since day one, guided by the following dimensions: Humanitarian Aid, Refugee Support, Humanitarian Demining, and Good Offices.
To pave the way for peace in #Ukraine,… pic.twitter.com/D3qRusUJB1
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf der internationalen Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine eine weitere Stärkung der Luftverteidigung des Landes gegen russische Angriffe gefordert.
Er rief die Verbündeten am Dienstag auf, eine entsprechende deutsche Initiative «mit allem, was möglich ist» zu unterstützen. «Denn: Der beste Wiederaufbau ist der, der gar nicht stattfinden muss.»
Scholz stellte dem von mehr als zwei Jahren Krieg schwer gezeichneten Land weitreichende und langfristige staatliche Zusagen für den Wiederaufbau in Aussicht. Dafür werde er sich auf dem G7-Gipfel der führenden westlichen Wirtschaftsmächte in Italien einsetzen, der am Donnerstag beginnt.
Der deutsche Kanzler verwies darauf, dass die Weltbank in den kommenden zehn Jahren mit einem Bedarf von 500 Milliarden US-Dollar Wiederaufbauhilfe rechne. Er rief auch private Unternehmen auf, sich mit Investitionen daran zu beteiligen. «Angesichts der Dimension, über die wir hier reden, muss privates Kapital hinzukommen.»
Hunderte deutsche Unternehmen seien weiterhin in der Ukraine aktiv, mit 35 000 Beschäftigten allein im Automobilsektor, betonte der Kanzler. Trotz des Kriegs gebe es keinen Abfluss deutscher Investitionen, das Handelsvolumen sei im Vergleich zur Vorkriegszeit deutlich gestiegen. «Das alles zeigt mir: Die Wirtschaft versteht, welches Potenzial die Ukraine hat.»
Vor Beginn der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine in Berlin ist deren Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstag vom deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier empfangen worden.
I arrived in Germany to participate in the Ukraine Recovery Conference and to hold talks with Federal Chancellor Olaf Scholz.
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) June 10, 2024
URC2024 will bring together governments, ten of them at the level of prime ministers, as well as companies and organizations, to help Ukraine. In the…
Steinmeier will anschliessend auch an der Konferenz teilnehmen und die Rede Selenskyjs im Bundestag verfolgen. Über den Inhalt des bilateralen Gesprächs wurde nichts bekannt.
Steinmeier und Selenskyj hatten sich bereits im Mai vergangenen Jahres im Schloss Bellevue getroffen. Das Verhältnis zwischen beiden Präsidenten war nach Beginn des Ukraine-Krieges zunächst angespannt gewesen, nachdem Steinmeier im April 2022 von Kiew für einen Besuch ausgeladen worden war. Er wollte mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten in die ukrainische Hauptstadt reisen.
Steinmeier kam später allein nach Kiew. Inzwischen gilt das Verhältnis beider Präsidenten wieder als entspannt.
(sda/dpa/ome)